Kirchentags-Liveticker am Freitag

02.05., 21:30 Uhr, Opernplatz
Abendsegen - live vom Opernplatz
02.05., 21:15 Uhr, St. Clemens Basilika - BSH
Een fröhliche Goddesdeenst op platt mit veel Musikn feierten die Besucherinnen und Besucher heute Mittag in der St. Clemens Basilika in Hannover. Und nicht nur das - sie waren auch bei einem "historischen Ereignis dabei", wie Pastor Peter Schuchardt vom Arbeidskrink "Plattdüütsch in de Kark" in der Begrüßung feststellte: Ein katholischer und ein evangelischer Bischof (Heiner Wilmer vom Bistum Hildesheim und Ralf Meister aus der Landeskirche Hannovers), die gemeinsam einen Gottesdienst auf Plattdeutsch bei einem evangelischen Kirchentag in einer katholischen Kirche feiern - das sei schon ziemlich einmalig.
Einmalig und eindrücklich war auch der Gottesdienst insgesamt: In der vollbesetzen Kirche war spürbar, welche Wirkkraft eine verbindende Sprache in den Liedern, den Lesungen, Gebeten und der Predigt entfalten kann. Das kam auch noch bei den vielen Interessierten an, die vor der Basilika die Übertragung verfolgten - in der Kirche war kein Platz mehr frei.
02.05., 20.15 Uhr, Neues Rathaus - CW
Tosender Applaus: Stadt Hannover, Kirchentag, Landeskirche Hannovers und Dutzende weitere Partner haben sich eine Selbstverpflichtung zum Einsatz für Demokratie, Solidarität und Vielfalt auferlegt. "Hannover hat keinen Platz für Rechtsextremismus, der Kirchentag hat keinen Platz dafür", so Oberbürgermeister Belit Onay.
"Heute hat der Verfassungsschutz die AfD als gesichert rechtsextrem eingeordnet - es war höchste Zeit", rief die Präsidentin des Kirchentags, Anja Siegesmund, dem Publikum zu, das ihre letzten Worte in tosendem Applaus untergehen ließ. "Gegen Hass und Hetze muss der Rechtsstaat wehrhaft sein. Die Einschätzung des Verfassungsschutzes war dafür ein deutliches Signal. Kirchentag, die Stadt Hannover, die Landeskirche Hannovers und alle Unterstützenden stehen für Vielfalt, Offenheit und unsere demokratische Gemeinschaft."
"Wir stehen stolz mit der Stadt und dem Kirchentag für Vielfalt und Demokratie", ergänzte Ralph Charbonnier, theologischer Vizepräsident des Landeskirchenamts.
02.05., 19:58 Uhr, Messegelände - MV
Heute Vormittag war Marc Vogelsang in der Dialogbibelarbeit mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil.
Sie hätten „Triggerpoints“ herausgesucht, erläuterte der Journalist Julius Geiler zu Beginn der Dialogbibelarbeit zu Jeremia 29,1-14 mit Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Der startete mit „Haltung“, fordere die nicht auch Jeremia provokativ von den aus ihren Ländern Vertriebenen, den Menschen auf der Suche nach Halt und Geborgenheit? „Suchet der Stadt Bestes.“ Übrigens ein starkes Bibelwort, das zum Lieblingssatz aller Bürgermeister:innen werden sollte, warf der ehemalige Oberbürgermeister der Stadt Hannover kurz mit einem verschmitzten Lächeln ein. Die Zuhörenden in Messehalle 4 waren amüsiert.
„Packt an!“ ermutige Jeremia - das sei die richtige Einstellung zum Leben und ein Appell an die Zivilgesellschaft, der sich nahtlos in die Gegenwart übertragen ließe, fuhr Weil fort. Geiler pflichtete ihm bei und richtete den Blick auf die negative Grundstimmung in Deutschland, vorrangig in den ostdeutschen Bundesländern. Er habe beispielsweise viele Demonstranten nach dem Grund ihrer Unzufriedenheit befragt oder vielmehr, ob es ihnen wirklich so schlecht gehe. Die überraschende Antwort: Nein. Kurz klang ein Hauch von Resignation durch, als Geiler erklärte, man müsse lernen, dass man in der heutigen Welt nicht alles verstehen könne. Motivator Weil erzeugte indes Hoffnung: Gemeinschaft mache stark und dieser Gedanke sollte weit über den Kirchentag hinausgetragen werden.
Journalist Geiler benannte den nächsten „Triggerpoint“, monierte die zunehmende Konfrontation der Gesellschaft mit Fake News und warnte eindringlich vor falschen Propheten. Man müsse unbequeme Wahrheiten mutig ansprechen und Dinge, die der Realität entsprächen, nicht beschönigen, forderte der Journalist. Stephan Weil unterstützte diese Aussage und warnte vor einer Parallelwelt im Netz sowie der gefährlichen Prägung eines falschen Weltbildes durch die sozialen Medien - gerade junge Menschen seien gefährdet. Vor allem aber solle man Personen, die für schwierige Probleme leichte Lösungen anböten, auf keinen Fall trauen! Der Ministerpräsident wurde energisch, appellierte, falsche von richtigen Propheten zu unterscheiden und nahm sich anschließend die Tech-Konzerne vor: Sie stünden in der Verantwortung, ja sogar Pflicht, Regularien einzuführen und Fake News sowie Diskriminierung zu sanktionieren. Tosender Beifall unterstützte sein vehement vorgebrachtes Statement.
Dann richtete Weil seinen Fokus wieder auf die Bibel. Jeremia sei auch ein Wort der Hoffnung - und Zukunft brauche Hoffnung. Dafür müsse jede und jeder Einzelne in unserer Zivilgesellschaft etwas tun. Zudem brauche es Beharrlichkeit, aus dem Blues dieser Gesellschaft herauszukommen, so der niedersächsische Landesvater weiter: „Wunder kommen nicht über Nacht!“ Journalist Geiler stimmte zu: Jeremia rufe zum Durchhalten auf, sagte er. Es gebe Hoffnung - und am Ende eine glückliche Zukunft für alle.
Für Stephan Weil und Julius Geiler war es die erste Auslegung einer Bibelstelle in dieser Form - der Applaus während ihres Gesprächs und am Schluss gab ihnen Recht und bewies einmal mehr: Es ist mutig, unbekannte Dinge „anzupacken“. Es ist stark, für seine Überzeugung einzutreten. Und ein wenig mehr Herzlichkeit hat noch niemandem geschadet! Also: Auch von mir herzlichen Dank an Julius Geiler und Stephan Weil für ein lehrreiches und unterhaltsames, aber viel zu kurzes Gespräch!
02.05, 19:42 Uhr, Neustädter Hof- und Stadtkirche - MN
Die Stimmung in der Neustädter Hof- und Stadtkirche war erwartungsvoll und sehr aufmerksam. Dennoch überschattete die Tatsache, dass einer der eingeladenen Speaker zu Beginn des Jahres durch ein Hassverbrechen getötet wurde, die Veranstaltung „Celebrating pride and diversity“ und führte vor Augen, dass die Hindernisse noch lange nicht überwunden sind. Für Imam Muhsin Hendricks aus Südafrika gab es eine Gedenkminute und in der Runde der Speaker blieb sein Stuhl leer.
Die vier anwesenden Speaker berichteten aus ihrer Vergangenheit und ihren ganz individuellen Erfahrungen. Ich nahm die Eindrücke der Berichte in mir auf, es war eine greifbare Energie in der Luft. Passend dazu setzte draußen das Gewitter ein; nach einem heißen Tag entludt sich die Spannung. Das fühlte ich auch bei dieser Veranstaltung.
Mein persönlicher Eindruck nachdem intensiven Zuhören: Es hätte noch so viel gesagt, geteilt und gefragt werden können. Die Botschaft „Wir müssen einander aktiv zuhören“ und Personen aus unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten einfach fragen: „Was brauchst du?“
Zum Abschluss wurde einmal durch die Runde der Speaker nach den Wünschen der „Kirche der Zukunft“ gefragt. Die perfekte Kirche, da waren sich alle Anwesenden einig, kann es gar nicht geben. Denn nur dadurch, dass die Narben anerkannt und nicht ignoriert werden, kann eine inklusive Kirche mit Offenheit für alle zu einem wirklich sicheren Ort werden.
Eindrücke der zweiten Reporterin - BL
Die Stimmung in der Neustädter Hof- und Stadtkirche war zu Beginn still und intensiv – wir gedachten Muhsin Hendricks, dem ersten offen schwulen Imam, der am 25. Februar ermordet wurde. Sein Leben und Wirken wurden in einer Schweigeminute gewürdigt – ein Moment der Trauer und des Zusammenhalts. Kerstin Söderblom moderierte die englischsprachige Veranstaltung, die queere Identität, Religion und postkoloniale Perspektiven zusammenbrachte. Sarah Kohrt von der Hirschfeld-Eddy-Stiftung sprach über das Recht auf Anderssein und wie wir Allianzen gegen Diskriminierung stärken können. Amadeo Umdampoh aus Indonesien berichtete von queeren Traditionen in seiner Heimat und der schwierigen politischen Lage. Rev. Priscilla Schwendimann plädierte für eine inklusive Theologie und eine Kirche, die Vielfalt zulässt. Oliver Jähnke vom Projekt „Queers of the World“ betonte: „Wir sind längst Teil der Kirche – wir brauchen keine Einladung.“ In der Diskussion wurde deutlich: Zuhören, persönliche Beziehungen und Sensibilität für unterschiedliche Bedürfnisse sind grundlegend für echte Solidarität. Let’s listen and celebrate. In Zeiten der Rückschritte gibt so eine Diskussion Hoffnung.
02.05., 19:30, Messegelände - JK
Der Kirchentag ist eine unglaublich große Veranstaltung. Deren Organisation kostet viele Nerven. Ganz bestimmt. Die Stadt ist gerammelt voll. Ich hatte ein wenig Hoffnung, dass das Publikum sich etwas rücksichtsvoller gegenüber einem Rollstuhlfahrer verhält, aber es ist wie sonst auch. Rollstuhlfahrer sind eben tiefer als normale Fußgänger, und nicht unbedingt in deren Blickfeld. So fordert es immer wieder Lautstärke, um auch bemerkt zu werden.
02.05., 17.50 Uhr, Worldcafé für bunte Demokratie - CW
Völlig frei, ohne Vorgaben oder Grenzen die ideale Welt entwerfen: Schnell entstanden erste Ideen, sich vorher fremde Menschen riefen ihre Visionen über die Tische zu und bauten mit Lego ideale Landschaften. Im Worldcafé entstand temporär und lokal, was sich die Teilnehmenden auch im echten Leben wünschen: ein friedliches, tolerantes Miteinander – mit oder ohne Straßen?
02.05., 16.22 Uhr, Halle 5 - MW
"Was macht eine friedliche und wehrhafte Demokratie aus? Wie begegnen wir Rechtsruck, Populismus, Wissenschaftsfeindlichkeit und Verschwörungserzählungen? Um diese beiden Fragen gehts am gemeinsamen Stand von „Omas Gegen Rechts“ und „Psychologists for Future“. Beide Initiativen beschäftigen sich seit 2019 intensiv mit diesen Fragen. Hier erfährt man nicht nur mehr über die Hintergründe, warum unsere Demokratie und unser Planet unter Druck stehen, sondern auch wie man aktiv Haltung zeigen kann und handelnder Teil im Lösungsprozess wird."
02.05., 15 Uhr, Marktkirche - NEA
Vom Innehalten und Loslassen
Manchmal ist das mit dem Loslassen nicht so einfach. Da hilft der beste Wille, das schönste Wetter nicht. Die Physik ist dagegen.
Wir stehen auf den Eintrittsstufen der Surfer, vor uns sprudelt die Leine - und wir lernen, was eine "Kehrströmung" im wahren Leben bedeutet: Wer hier Papierschiffchen in die Leine setzt, sieht sie in die verkehrte Richtung schippern. Und damit genau nicht in die gewünschte weite Ferne, sondern unter die Bretter der Wellenreitenden.
Ja, manchmal braucht man Hilfe, um etwas loslassen zu können. Das gilt hier und jetzt insbesondere für die Sorgen und Wünsche, mit denen die Schiffchen wahrlich schwer beladen sind. Beschrieben sind sie von Gästen des Gottesdienstes, der soeben in der gut gefüllten Marktkirche zu Ende gegangen ist. "Gott, wo bist Du" haben sich dort insbesondere jene Menschen gefragt, die selbst sexualisierte Gewalt erfahren haben. Ihnen war dieser besondere Gottesdienst gewidmet, der sich vor allen Dingen einer Frage stellte: Was macht Gewalterfahrung mit dem eigenen Glauben?
Eine Antwort gab es darauf nicht - oder eben sehr viele Versuche. Gestaltet wurde der Gottesdienst vom sächsischen Bischof Tobias Bilz und der Theologin Sarah Vecera, Referentin Rassismus und Kirche, Vereinigte Ev. Mission. Ihnen zur Seite stand im Gottesdienst das Vorbereitungsteam mit Nancy Janz und Christiane Lange vom Beteiligungsforum der EKD sowie der Pastorin Damaris Grimmsmann aus Hemmingen (Projektleitung) und der Bremer Landesjugendpastorin Ragna Miller.
Ein wesentlicher Kern des Gottesdienstes, in dem zum Schutz betroffener Personen nur ein einziger beauftragter Fotograf Aufnahmen machen durfte, war ein etwa fünfminütiger Film mit Stellungnahmen betroffener Personen. Vecera und Bilz setzten sich in ihrem Dialog-Impuls danach auch mit eigener Fassungslosigkeit, mit der eigenen Verantwortlichkeit und auch mit der eigenen Scham auseinander: "Ich begreife es nicht", sagte Bilz, "wie sexualisierter Gewalt in Kirche möglich sein kann." Er beschrieb sein Ringen und auch die Kraftanstrengung, die es ihn zu weilen koste, immer und immer wieder die Bedürfnisse der betroffenen Personen ins Zentrum zu rücken. "Und nicht die Kirche. Nicht die Institution." Auch Vecera legte ihren Weg schonungslos offen. "Ich war als schwarze Frau bislang immer in der Rolle der Anklagenden. Jetzt sitze ich im Präsidium des Kirchentages und trage selbst Verantwortung – auch für die Aufarbeitungsstudie des Kirchentages. Da fühle ich auch schon Scham."
Nach knapp 90 Minuten zog ein Gutteil der Gäste mit Nancy Janz und Damaris Grimmsmann an die Leine, um die im Gottesdienst beschriebenen Papierschiffchen zu entlassen. Am Ende gelang es - mit Hilfe von Kim Bahn, einer Surferin, die die Schiffchen kurzerhand auf ihr Brett packte und buchstäblich in Sicherheit brachte: In der Mitte des Flusses, fern aller Kehrströmungen und sonstigem Unbill, setzte sie Sorge für Sorge, Wunsch für Wunsch ins befreiende Wasser. Auf dass ein jedes seinen Weg finde.
02.05., 14.15 Uhr, Kröpcke - MN
Auf den Spuren der Diakonie
Auf meinem Weg zurück zur Innenstadt probiere ich den Actionbound der Diakonie aus. Ähnlich wie bei einer Rallye bzw. einem „City Escape Spiel“ geht es von Station zu Station durch die Stadt (Startpunkt: Kröpke). Ich als Hannoveranerin kenne mich hier natürlich schon aus und bin wohl auch nicht ganz das Zielpublikum der Aktion. Aber mir gefällt der interaktive Aufbau: Die Erzählfiguren stellen einem Rätsel und geben Informationen über diakonische Angebote in Hannover. Schade, dass mein Patenkind nicht dabei ist, der hätte bei dieser Aktion definitiv viel Spaß!
02.05., 14.15 Uhr, Haus der Religionen – MN
Suche den Frieden und schlage ihn frei
Nächster Stop: Das Haus der Religionen. Hier entsteht während des Kirchentags ein Garten der besonderen Art. Durch die Anleitung von einem Steinmetz nehmen die acht Sandsteinblöcke nach und nach die Form einer Friedensstadt an. So wird es auch über den Kirchentag hinaus einen einzigartigen Ort vor dem Haus der Religionen geben, der an diese Zeit erinnert. Dass der Kirchentag in seiner gastgebenden Stadt etwas dauerhaft hinterlässt, ist eine Premiere. Für Hannover als Geburtsstadt des Kirchentag durchaus passend.
Auch im Inneren des Hauses finden Veranstaltungen statt. Die Dauerausstellung der neun Religions-Kuben wird gut besucht und Gäste erhalten detaillierte und vielseitige Informationen über Entstehung und wesentliche Inhalte der verschiedenen Glaubensrichtungen.
Für mich ist es auch durch das enorm heiße Wetter gerade ein schöner, friedlicher Ort für eine kurze Pause.
02.05., 14 Uhr, Platz an der Basilika – MT
Taschenkreuze zum Mitnehmen
Auf dem Kirchentag bin ich heute an einer kleinen Werkbank stehen geblieben. Dort standen ein paar Leute mit einem Korb Holzkreuze in der Hand. „Was siehst du?“, war ihre Einstiegsfrage, während sie mir eines in die Hand drückten. Und je länger ich es ansah, desto mehr habe ich tatsächlich gesehen. Hochkant gehalten erkennt man ein Kreuz aber auch eine menschliche Figur mit ausgestreckten Armen. Ich habe schon einige Holzkreuze in meinem Leben gebastelt, aber besonders schön finde ich an diesem, dass es quer gedreht zum Schlüssel wird – auch das ein Bild für ihn.
Eingekerbt sind die Stellen seiner Wunden – Hände, Füße, Seite. Und besonders berührend: Das Kreuz hat zwei Seiten. Eine glatt, eine rau.
Dies ist kein Fehler des Schreiners, sie stehen für die guten und die schweren Tage – und für das Versprechen, dass Jesus uns an beiden nicht allein lässt.
Und: Das Kreuz bekommt man nicht im fertigen Zustand. Es ist grob ausgesägt, mit splittrigen Kanten. Wer möchte, kann es direkt an der Werkbank selbst abschleifen, wachsen, daraus einen Handschmeichler machen. Einen kleinen Begleiter für die Tasche. Zum Festhalten. Zum Erinnern. Daran, dass da jemand ist. An guten und an schweren Tagen.
02.05., 12.20 Uhr, Gartenkirche - GM
Mit eindringlichen Worten hat der evangelische Militärbischof Dr. Bernhard Felmberg beim Gottesdienst der Militärseelsorge in der Gartenkirche auf dem Kirchentag die persönliche Verantwortung jedes Menschen für Frieden und Gerechtigkeit betont. Kriegstüchtigkeit, Zeitenwende, Aufrüstung, Frieden? In seiner Predigt stellte er nicht die politischen Schlagworte der Gegenwart in den Mittelpunkt, sondern eine grundsätzliche Frage: „Worum kämpfst du in deinem Leben?“
Felmberg betonte, dass es in Zeiten gesellschaftlicher und globaler Unsicherheiten auch für Christinnen und Christen kein einfaches Zurücklehnen geben könne. Die Herausforderungen, vor denen Menschen stehen – in Familie, Beruf, Glauben oder Gesellschaft – seien oft auch innere Kämpfe: „Manchmal ringen wir um Fassung. Manchmal um Gottes Segen. Manchmal darum, das Richtige zu tun.“
02.05., 11.30 Uhr, Theater am Aegi – BL
Tumig - Krast - Zerhebt – Bitte was?
Die TAU-Band, die Schulband der St. Landolin-Schule in Ettenheim, hat für den Kirchentag in Hannover ein neues Programm erarbeitet. In einer Mischung aus Musik-Persiflagen, Wortkabarett und Zauberei befassen sich Bandleader Daniel Gaschik und seine Schüler:innen mit dem Kirchentagsmotto und buchstabieren es neu. Dabei werden alle Gäste sofort einbezogen und singen, klatschen und wippen vom ersten Song an mit, so etwa beim Gewürz-Kyrie: “Schenk uns deine Gnade, oft sind wir zu fade: Curry-e eleison“. Ziemlich erstaunlich, was das Kirchentagsmotto so in sich hat, wie stutzig - arm - bekehrt. Oder, wenn’s arg kommt, sehr kurzatmig: Bett. Und zwischendrin zauberte Magier Leon charmant mit Besucherinnen. Die Standing Ovations waren voll verdient.
02.05. 13.30 Uhr, Markuskirche – MV
Lichtinstallation in der Markuskirche
Noch eine Erinnerung an gestern Abend: Mit einem Augenzwinkern fordern vier Lichtinstallationen des Berliner Konzeptkünstlers Götz Lemberg Kirchentagsbesuchende vor und in der Markuskirche heraus.
Mir haben es vor allem 2 Werke angetan: „KLK#1“ und „LICHT“.
Erstgenanntes Werk - auch „Ganzkörper-Kaleidoskop“ genannt, wie Kuratorin Dr. Anne Kehrbaum erläutert - hält mir wortwörtlich den Spiegel vor: Eine unscheinbar wirkende Holzkiste auf Stelzen offenbart in ihrem Inneren Spiegelflächen auf fünf Seiten. Man wird mit dem eigenen Ich in allen Facetten konfrontiert, Lichtstäbe zerschneiden den Raum und öffnen gleichzeitig viele neue. Die Illusion von Unendlichkeit entsteht - komprimiert in einer Kiste mit 1,40 x 1,40 Meter Kantenlänge! Langsam ändert sich die Farbe, das Spiel der Sinne beginnt von Neuem.
Die zweite Installation heißt „LICHT“ und genau dieses Wort erzeugen Hunderte von LED-Leuchten vor der Markuskirche … eben nicht! Im Gegenteil: Sie lassen den Schatten leuchten während das Licht erst auf den zweiten Blick erkennbar wird. Inversion - Umkehr der Realität oder des Erwarteten? Beeindruckend jedenfalls und vor allem in den Abendstunden sehr zu empfehlen!
13:10 Uhr, Messegelände – MV
Spontantipp: Musikalische „Allmacht“ in Halle 7
Für alle, die eine kurze Pause in einer angenehm klimatisierten Halle mit ausreichend Sitzmöglichkeiten benötigen: Kommen Sie in Halle 7 auf dem Messegelände. Hunderte von Blechbläsern haben die riesige Halle in ihren Probenraum umgewandelt. Das, was ich hier gerade erleben darf, würde ich gern in Worte fassen – es ist mir aber beim besten Willen nicht möglich! Also: Machen sie einen kurzen Abstecher in Halle 7.
13:05 Uhr, Messegelände – LV
Wart ihr schon beim Markt der Möglichkeiten auf dem Messegelände? Unser Fotograf Jens Schulze hat sich dort umgesehen und einen klitzekleinen Ausschnitt des Angebots eingefangen.
13:00 Uhr, Carlas Blick auf den Kirchentag – CARLA
Exklusiv für den Kirchentag haben wir eine Gastkolumnistin in der Redaktion: CARLA. Sie ordnet das Kirchentagsgeschehen aus ihrem ganz eigenen Blickwinkel ein. Heute: ein Geburtstagskind mit Ecken und Kanten.
12:56 Uhr, Kirchentagsstadt Hannover – LV
Der Kirchentag ist in der Stadt angekommen und beschäftigt die Menschen – auch die Punks, die sich jeden Tag in der Nähe des Hauptbahnhofs versammeln. „Bei aller Verarschung“, sagt einer zu seinen Kumpels, „die Bibel kann man ja immer noch als moralischen Kompass sehen.“
12:45 Uhr, Gemeinde am Döhrener Turm – LV
„Wo kaufen Sie Ihre Schuhe?“, fragt Emilia Handke. Was das mit dem Gottesdienstbesuch zu tun hat, wird schnell deutlich. „Im Internet“, sagt einer. „In der Stadt XY“, sagt eine andere. Nachdem sie ausgiebig verglichen haben. So ähnlich ist das mit der Akzeptanz kirchlicher Angebote, erklärt die Direktorin des Predigerseminars der Nordkirche. Die Menschen gehen, wenn überhaupt, nicht mehr mit jedem Anliegen in ihre Ortsgemeinde. Sondern sie vergleichen. Und suchen sich dann die schönste Hochzeits-Location oder die coolste Pfarrerin für die Taufe ihrer Kinder aus. Wenn ihnen jemand komisch kommt, lassen sie ihr Kind eben nicht taufen.
„Im Rhythmus des Lebens feiern und segnen“ ist die Veranstaltung überschrieben, in der sich gestern das Netzwerk der Kasualagenturen und Segensbüros vorgestellt hat. „Pluralität ist toll – aber sie stellt uns vor riesige Herausforderungen“, räumt Emilia Handke ein. Lässt sich wirklich jeder Musikwunsch bei einer Beerdigung theologisch verantworten? Wie ausgefallen darf ein Hochzeitsort sein? Wie einladend soll (oder muss) die Kirche für Ausgetretene sein? Und falls auch Nichtmitglieder alle Dienstleistungen in Anspruch nehmen dürfen, warum soll ich dann noch Kirchensteuer zahlen?
Diese und andere Fragen diskutierten die Besucherinnen und Besucher unter der erfrischenden Moderation von Pastor Max Bode und Entertainerin Annie Heger, für Musik sorgte Jan Keßler. Der Gitarrist gehört zum Team der Hamburger Wohnzimmerkirche und der Agentur St. Moment. Sein Appell: Kirchliche Feiern sollten unbedingt in multiprofessionellen Teams geplant werden. Bei Traugesprächen ist er als Musiker dabei und spielt den Paaren mögliche Lieder vor. Und auch die Küsterinnen und Küster sollten von Anfang an einbezogen werden. „Denn die achten nochmal auf ganz andere Sachen.“
12:10 Uhr, Zentrum junge Menschen, Unter dem Expo-Dach – MT
Gestern hatte ich eine dieser Begegnungen, die einen nicht so schnell loslassen. Die Drag-Queen Veuve Noire (ausgesprochen: „Wöff No-ar“) aus der Olivia-Jones-Familie stand auf der Bühne – geschminkt und selbstbewusst – und sprach über sich, über queeres Leben, über Vorurteile. Und ich saß da, hörte zu und dachte: Genau deswegen bin ich hier.
Diskriminierung findet immer noch statt. „Schwul“ ist immer noch ein Schimpfwort. In manchen Fernsehsendungen oder auf Social Media tun wir so, als wäre unsere Gesellschaft schon viel weiter, als hätten wir das längst hinter uns gelassen. Haben wir aber nicht.
Dabei hat es Homosexualität schon immer gegeben. Veuve Noire erzählte, dass das erste homosexuelle Paar vor 2000 v. Chr. bildnerisch dokumentiert ist: in Ägypten auf einem Wandbild, Nase an Nase dargestellt. Früher trugen Männer Make-up, Perücken, Puder. High Heels? Ursprünglich ein Statussymbol für Männer im Adel, um größer zu wirken. Rosa war mal eine maskuline Farbe, Blau eine feminine. Was als „normal“ gilt, ist offenbar wandelbarer, als wir glauben. Der Begriff Drag ist übrigens ebenfalls historisch: Er steht für „dressed as a girl“ und stammt aus der Theaterwelt, als Frauen noch nicht schauspielern durften und Männer auf der Bühne auch Frauenrollen übernahmen.
Und genau da setzt ihre Botschaft an: Es gibt kein allgemeingültiges „normal“, das irgendwo festgeschrieben wäre. Jeder Mensch hat sein eigenes Normal. Ob jemand in Basic-Klamotten oder in Glitzer, bunt oder ganz in Schwarz rumläuft – völlig egal. Geschmack ist individuell, genau wie Persönlichkeit.
Gleichzeitig fand ich erfrischend ehrlich, wie sie auch Kritik an der eigenen Community übte. Natürlich habe sie Rechte – aber genauso auch Pflichten. Wenn jemand halbnackt über den Christopher Street Day läuft, gehe es nicht mehr um Vielfalt sondern um Sexualisierung. Ihr persönliches Motto ist somit ein Appell an alle Seiten: Alle müssen sich mal wieder mehr entspannen.
In der Fragerunde danach gab sie noch ein paar praktische Tipps für Schulen und Jugendgruppen: Projekttage, bei denen Kindern vermittelt wird: „Mit mir ist alles okay. Ich bin normal.“ Und ganz wichtig: Ansprechpersonen, an die man sich wenden kann, die signalisieren: Du wirst gesehen. Du wirst akzeptiert.
Ihr letzter Appell war klar und deutlich: Wenn Diskriminierung passiert – egal ob auf der Straße, in der Schule oder sonst wo – soll man 110 wählen und die Polizei rufen. Damit die Täter merken, dass ihr Verhalten nicht okay ist. Und damit solche Vorfälle nicht unter den Tisch fallen, sondern in der Statistik auftauchen.
11:51 Uhr, Kirchentagsstadt Hannover – LV
Er hat Generationen von Kirchentagsbesucherinnen und -besucher mit seiner Musik geprägt – nun verabschiedet sich Fritz Baltruweit mit einem Konzert am morgigen Samstag, 19.30 Uhr, in der Marktkirche. Im Video blickt er auf seine Erlebnisse zurück.
10:51 Uhr, Apostelkirche – MN
Wenn dir die Technik durch deine künstlerisch umgesetzten Zukunfts-Prophezeiungen einen Strich durch die Rechnung macht!
Die Künstler Benjamin Heisenberg und Elisophie Eulenberg hatten sich für ihre Bibelarbeit einen sehr technischen Ansatz für ihre Kunst überlegt. Leider bin ich wohl nicht die Einzige, die hierzu – auch aufgrund der technischen Hürden – nicht wirklich einen Zugang findet. Da hilft nicht einmal ein KI-generierter Swing-Song zur heutigen Bibelstelle (auch wenn es hierfür vom Publikum noch den meisten Applaus gibt).
Wir sollen auf einen Zettel aufschreiben, wie unsere Prophezeiung der Zukunft aussieht. Später sollen einige von uns dann selbst zu Verkünderinnen und Verkündern unserer Vision werden und die sehr hohe Kanzel erklimmen.
Die Stimmung bleibt allerdings eher unruhig als ruhig, da ein Großteil weder gut verstehen kann, was gesagt wird, noch mitlesen kann, was Herr Heisenberg und Frau Eulenberg an ihren Laptops für Texte und Bilder zusammen improvisieren. So leiden wir eher wie das Volk Israel im Exil aus der Bibelstelle, als dass uns die Visionen einer schönen, neuen Welt Zuversicht spenden können.
10:15 Uhr, Theater am Aegi – MN
Und noch ein Nachklapp zu gestern: Kettensegenmassaker
Kabarett gehört irgendwie auch mit zum Kirchentag dazu. Genauso wie ein selbstironisches Publikum, das sich in den Texten des „Duo Camillo“ absolut wiederfindet. Das Theater am Aegi ist bis auf den letzten Platz gefüllt (die großartigen Helfenden finden auch für alle einen Platz). Immerhin riechen wir laut Künstler Fabian Vogt heute am Donnerstag – trotz der leidigen Zustände in den Massenunterkünften – noch nicht ganz so schlecht wie das Publikum an den nächsten beiden Tagen! Dermaßen motiviert singen wir tat- und taktkräftig mit oder werfen nach Aufforderung Stichworte (und Kugelschreiber) auf die Bühne. Hieraus entsteht spontan das Lied der Kirche von morgen: Man wünscht sich neben Teebeutelweitwurf ganz besonders den Halbliter-Becher beim Abendmahl, was Künstler Martin Schultheiß gleichermaßen irritiert und erheitert.
Auf dass ein „frischer Wind“ den „Mief aus der Kirche“ hinausweht und wir uns bei der Kirche auch einfach nicht ganz so ernst nehmen.
10:00 Uhr, Turnklub Hannover – MV
Rückblick auf gestern: Mit Legosteinen Bibelszenen bauen
Jesus braucht dringend eine andere Frisur – und die Sonnenbrille muss auch weg! Als ich das Gebäude des Turnklubs Hannover betrete, sitzt die kleine Elisabeth hochkonzentriert inmitten weiterer Kinder auf einem leuchtend grünen Teppich. Entschlossen setzt die Zweijährige der kleinen Figur in ihrer Hand eine andere Frisur auf den gelben Noppenkopf: Passt, Jesus ist vollkommen!
Bereitgestellt werden die bunten Steinchen in allen erdenklichen Farben und Ausprägungen vom Bibel-Projekt der von Cansteinsche Bibelanstalt Berlin e.V.: 32 Gruppen aus Gemeinden und Schulklassen haben sich mit der Josefsgeschichte (Genesis 37-50) auseinandergesetzt, Szenen aus Legosteinen nachgebaut, fotografiert und eigene Texte entwickelt. Entstanden ist ein buntes Buch, das sich sehr gut in den Religionsunterricht oder die Konfirmandenarbeit integrieren lässt.
Elisabeth ist inzwischen bei Marias Garderobe angelangt und ich muss gestehen: ja, die Sonnenbrille steht IHR eindeutig besser! Es lebe die kindliche Kreativität und Unerschrockenheit – von der wir Erwachsenen (hin und wieder) gern ein wenig übernehmen könnten…
9:30 Uhr, Kirchentagsstadt Hannover – BSH
Während die Bibelarbeiten an vielen Orten schon laufen, blicken wir in Bildern nochmal zurück auf gestern: Gebärden-Singen, Demonstration zum 1. Mai und Surfen auf der Leinewelle.
7:15 Uhr, Hannover-City – BSH
Herzlich Willkommen zum dritten Tag des Kirchentags. Auch heute ist die Redaktion der Landeskirche wieder in der Innenstadt und auf dem Messegelände unterwegs. Und für alle, die nicht dabei sein können, haben wir zwei Live-Streams geplant (siehe unten).