Briefe an Verurteilte im Gefängnis

Ein Gebäude mit Stacheldraht drumherum zwischen Bäumen.
Bild: Mathias Collin

Francien Janse-Balzer ist als engagierte Christin davon überzeugt, dass man glücklich wird, wenn man viel für andere tun kann. Auch deshalb ist sie ehrenamtlich beim Schwarzen Kreuz aktiv.

Eine weiblich gelesene Person mit grauem Haar und Halstuch vor einer Orgel.
Bild: Fritz Baarlink
Francien Janse-Balzer ist gern ehrenamtlich aktiv.

Frau Janse-Balzer, wie sind Sie zu Ihrem Ehrenamt bei dem Verein „Schwarzes Kreuz“ gekommen?

Janse-Balzer: 2005 wurden wir vom „Schwarzen Kreuz“ in Leer gefragt, Musik bei einer Veranstaltung zu machen und lernten darüber den Verein kennen. Wir haben als Berufsmusiker beide einen Job, bei dem man nichts regelmäßig ehrenamtlich machen kann. Und als dort über Briefkontakte berichtet wurde, haben wir beide gedacht, hey, das wäre was für uns, denn das ist ja nicht an Zeiten gebunden. 

Warum engagieren Sie sich für Menschen hinter Gittern?

Janse-Balzer: Meine Triebfeder ist, dass ich in den Niederlanden im reformierten Pastorat geboren bin und in jedem Ort, in dem wir wohnten, war ein Gefängnis. Und da kam es häufiger vor, dass mein Vater beim Mittagessen erzählte, ‚ich war heute im Gefängnis‘. Ich kenne es nicht anders, dass man Besuche macht im Gefängnis, dass man sich um Strafgefangene kümmert. Sinn der Sache ist, dass Gefangene einen Sozialkontakt nach draußen brauchen. Wenn sie dann tatsächlich draußen sind und entscheiden müssen, ‚gehe ich jetzt nach links oder nach rechts‘, landen sie ganz schnell bei ihren alten „Freunden“. Sie müssen sehr gut begleitet werden, und die Briefkontakte helfen dabei.

Das bedeutet, der Glaube war von Beginn eine wichtige Motivation für Ihren Einsatz beim „Schwarzen Kreuz“?

Janse-Balzer: Ja, und hier ist das Entscheidende, was bei Matthäus 25 steht. Die Leute kennen die Sätze ‚Ich war nackt und du hast mich gekleidet, ich war hungrig und du hast mir zu essen gegeben‘. Aber kaum einer weiß, dass dort auch steht: ‚Ich war im Gefängnis und du hast mich besucht‘. Und wenn ich vor Kreisen vom „Schwarzen Kreuz“ erzähle, dann lese ich das natürlich auch vor und dann merkt man bei den Leuten, dass es ihnen ein bisschen ungemütlich wird. 

Hatten Sie nie Angst, dass da auf einmal einer Ihrer Briefkontakte plötzlich vor der Tür steht?

Janse-Balzer: Nein. Das „Schwarze Kreuz“ besteht ja jetzt hundert Jahre und hat meines Wissens nach noch nie die Erfahrung gemacht, dass so ein Briefkontakt irgendwie unangenehm endete. 

Was war Ihr berührendstes Erlebnis im Gefängnis?

Janse-Balzer: Oh, da gibt es mehrere. Mein Mann und ich spielen ab und zu Konzerte mit Kaffeehausmusik in Gefängnissen oder im Maßregelvollzug. Und man kann sehen, dass sie es so richtig genießen. Wir machen das immer gratis. Und das ist auch für die Inhaftierten ein gutes Zeichen der Wertschätzung, darüber wird manchmal noch Monate später gesprochen.

Zum Schluss: Was sollte bei der Aufnahme eines Briefkontakts mit einem Straffälligen Ihrer Erfahrung nach besonders beachtet werden?

Janse-Balzer: Als erstes: Keine Neugier! Es interessiert mich überhaupt nicht, warum jemand inhaftiert ist, es ist in erster Linie ein Mensch. Er darf darüber erzählen, aber es muss nicht sein. Die Schuld, die er auf sich geladen hat, ist eine Sache zwischen ihm und seinem Opfer und zwischen ihm und Gott. Ich erzähle ihm wohl von meinem Glauben, versuche aber nicht, ihn zu bekehren. Wichtig ist auch, die Distanz zu wahren, indem man beim „Sie“ bleibt. Und es gibt immer Beratung beim „Schwarzen Kreuz“, wenn man einmal nicht weiter weiß.

Ehrenämter im Schwarzen Kreuz

Der Verein ist Mitglied der Diakonie und bietet über Spenden, Helfen über Einkaufen, Mitmachen in Arbeitskreisen, als Briefkontakt oder Besucherin oder Besucher vielfältige Möglichkeiten des Engagements.

Sonja Steiner