„Die Menschen bringen sich hier ein, weil sie für die Sache brennen“
„Die Schwierigkeit der Zusammenlegung bestand vor allem darin, dass wir eine fusionierte Gemeinde aus einer ehemals ländlichen (Stephanus) und städtischen (Markus) Gemeinde sind“, erzählt Pastorin Jutta Tloka bei einem Ortsbesuch zum zehnjährigen Geburtstag der Nordwestgemeinde in der Markuskirche. „Die Menschen haben sich aber auf dem Weg zueinander gemacht und können heute die Angebote genießen – zum Beispiel ein wunderbares Erntedankfest auf einem Bauernhof, die Kulturarbeit im städtischen Teil und unseren Popchor ChoirFire.“
Das Kernteam der Gemeinde ist angesichts der vielfältigen Angebote und Aktivitäten überschaubar: Neben Pastorin Tloka zählen dazu Pastor Matthias Groeneveld mit einer 25-prozentigen Projektstelle für das Neubaugebiet Landwehrviertel sowie ein Gemeindesekretär und Küster und drei Mitarbeitende auf geringfügiger Basis.
„Unsere Arbeit fragt nicht nach Herkommen, sondern danach, was die Menschen, die zu uns kommen, benötigen, um sich und ihren Glauben auszudrücken. Wir machen es so möglich, dass Menschen Raum haben für ihre Kreativität, sich für andere einsetzen und Gemeinschaft erfahren“, betont Pastorin Jutta Tloka. Dazu trage das performative Raumkonzept in der 1954 erbauten Markuskirche bei, denn das Gemeindebüro befindet sich in der Kirche und ist nur durch eine große Glasscheibe vom restlichen Raum getrennt: „So entsteht Neugier aufeinander: Wir sehen die jeweils anderen im Prozess, die einen sind kreativ, wir hier arbeiten an dem, was bei Kirche nie gesehen wird: Verwaltung, Organisation, Kommunikation. Darüber entsteht Respekt und Interesse.“
Die Nordwestgemeinde habe zudem ein ausgeprägtes diakonisches Profil, berichtet Tloka. „Bei uns sind Menschen besonders in der Altenseelsorge aktiv – neben den regulären Besuchsdiensten haben wir die Lila Engel, die im Küpper-Menke-Stift, einem Altenheim der Diakonie, Menschen besuchen und begleiten, die keinen Besuch bekommen.“ Das Rückgrat der Gemeindearbeit bildeten die ehrenamtlich engagierten Christinnen und Christen im Alter von 14 bis 77 Jahren, macht die Pastorin deutlich: „Ohne sie wäre nichts von alledem möglich.“
Dazu zählt „Lila Engel“ Marilena Bekierz (33), die gleichzeitig den Vorsitz des Kirchenvorstandes inne hat. „Ich besuche seit zwei Jahren alle drei Wochen eine Frau, die einen Schlaganfall hatte. Wir singen viel zusammen und ich gehe aus jeder Begegnung ruhiger raus. In den KV bin ich gekommen, weil ich Spaß daran habe, etwas zu leiten und zu bewegen.“
Auch Sabine Rott (67) engagiert sich in der Gemeinde. Sie ist seit fünf Jahren für den Gemeindebrief zuständig und beschreibt ihre Motivation für ihr Ehrenamt so: „Ich war Jahrzehnte auf der Suche nach meinem Glauben und bin jeden Tag dankbar, dass ich hier meinen Glauben und diese Gemeinde erleben kann.“ Und der erst 14-Jährige Thilo Rothenhagen ergänzt: „Ich kümmere mich um die Konfis, weil es für sie deutlich angenehmer ist, von einem Gleichaltrigen betreut zu werden.“
Auch Sebastian Loske (31), zuständig für Technik-Planung von bis zu 15 Veranstaltungen im Jahr ist von seinem Ehrenamt überzeugt: „Es ist toll, wie sich die Gemeinde auf unsere Musicalaufführungen einlässt: Da erlebe ich Neugier, Freude und Offenheit!“ Jutta Tloka bestätigt: „Die Menschen bringen sich hier ein, weil sie für die Sache brennen, nicht, weil eine bestimmte Pfarrperson sie bindet. Das ist meines Erachtens eine Stärke in der derzeitigen Umbruchsituation von Kirche.“