Die Konfirmation im Wandel der Zeit

Vom Auswendiglernen, schwarzen Schleiern bis hin zu Styling-Tipps auf YouTube
Ein Gruppe Jugendlicher in Kleidern und Anzügen
Bild: Jens Schulze

1542 feierten Jugendliche auf dem Gebiet der heutigen Landeskirche Hannovers, in Calenberg-Göttingen, erstmals ihre Konfirmation. Die Konfirmation ist ein wichtiger Wendepunkt im Leben junger Menschen. Der Weg dorthin hat sich gewandelt.

Damals und in den Jahrhunderten danach befragte der Pfarrer sie in einem Festgottesdienst zu zentralen Glaubenstexten, sie bekannten sich zu Christus und der Gemeinde, dann folgte ihr erstes Abendmahl. Die Welt hat sich gehörig weitergedreht, und doch stellt die Konfirmation mit meist etwa 14 Jahren immer noch eine biographische Zäsur dar. Der Lyriker Rainer Maria Rilke beschrieb das 1903 so: „Sie haben ihre Kindheit überstanden, und was jetzt kommt, wird anders sein.“

Das Auswendiglernen von Bibelversen, geistlichen Liedern und Luther-Texten bildete jahrhundertelang den Kern dessen, was Konfirmandinnen und Konfirmanden mitnehmen sollten. Vor dem großen Festtag kamen die Jungen und Mädchen mehrere Monate sonntags eine Stunde und werktags eine halbe Stunde zum Unterricht.

Beschulung verlor über die Jahrhunderte merklich an Stellenwert – der Anspruch aber nicht immer: Noch aus den 1960er Jahren finden sich Aufzeichnungen von Pfarrern, die feinsäuberlich neben den Namen ihrer Konfirmandinnen und Konfirmanden aufgelistet haben, welche der 42 Texte und Lieder diese schon auswendig beherrschen.

Ein Pastor und drei Jungen
Bild: Jens Schulze
Falk Wook, Gemeindepastor der Kirchengemeinde Zum Guten Hirten-Godshorn in Langenhagen bei Hannover, begrüßt die Konfirmanden vor dem Gottesdienst.
Ein Mann in einem Hemd.
Bild: privat
Karsten Damm-Wagenitz, Dozent für Konfirmandenarbeit im Religionspädagogischen Institut Loccum

Solche Strenge ist längst Geschichte. Vieles rund um die Konfirmationszeit wird längst weniger eng gesehen, ein gutes Miteinander und der persönliche Blick auf Glaube und Leben stehen heute im Vordergrund. Heute entscheiden sich vor allem Jugendliche aus kirchlich geprägten Familien für die Konfi-Zeit. Karsten Damm-Wagenitz, Dozent für Konfirmandenarbeit im Religionspädagogischen Institut Loccum (RPI), sagt: „Diejenigen, die sich dafür entscheiden, gehen diesen Weg sehr bewusst und wollen ‚Ja‘ zu ihrem Glauben sagen.“


„Es geht uns darum, die Jugendlichen bei ihren Glaubenserfahrungen aktiv zu unterstützen“, sagt Theologe Damm-Wagenitz. „Sie wollen sich kritisch mit ihrem Glauben auseinandersetzen und nicht einfach Dinge auswendig lernen.“ Die Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden hat sich entsprechend verändert: Statt stundenlangem Ausfüllen von Arbeitsblättern liegt der Fokus heute auf aktivem Austausch und konkreten Erfahrungen.

Die Themen in der Konfi-Arbeit beziehen sich verstärkt auf die Lebenswelt der Jugendlichen: Freundschaft, Familie, Sinn des Lebens und Glück stehen im Mittelpunkt. Zwar bleibt der Glaube ein zentraler Bestandteil, doch wird er zunehmend in den Kontext persönlicher Lebensfragen eingebunden. Politische Themen wie der Klimawandel werden dann aufgenommen, wenn Jugendliche sich davon besonders betroffen fühlen.

„Für viele Jugendliche ist der Konfirmationssegen ein ganz besonderer Moment, weil es dabei nur um sie und ihren Glauben geht.“
Karsten Damm-Wagenitz, Dozent für Konfirmandenarbeit im RPI

Aber natürlich überdauern manche Konfirmationsbräuche die Jahre. Anfang des 20. Jahrhunderts kam die Mode auf, Post- und Glückwunschkarten zur Konfirmation zu versenden. Häufig im Bild: Jungen im schwarzen Anzug mit Gesangbuch und Hut, Mädchen mit Kleid, Schleier und ernster Miene. Farben, Accessoires und Schnitte haben sich gründlich gewandelt, der Ernst der Lage ist geblieben: Heute finden sich eben auf YouTube ellenlange Videos von Konfirmations-Influencern mit Tipps zu Styling und Kleidung rund um die Konfirmation.

Trotz dieser Veränderungen bleibt der Höhepunkt der Konfirmandenzeit der Segen, den die Jugendlichen während des Festgottesdienstes empfangen. „Für viele Jugendliche ist dieser Segen ein ganz besonderer Moment, weil es dabei nur um sie und ihren Glauben geht“, sagt Karsten Damm-Wagenitz. Und das sei etwas, das sie mit vielen Generationen vor ihnen verbinde.

Julia Littmann und Alexander Nortrup