Glück inklusive: Leben mit Behinderung

Am Tag der Menschen mit Behinderungen erzählen wir eine Geschichte von Mut und Glauben, für das Leben.
Zwei Personen in sehr naher Aufnahme, die Köpfe liegen aneinander, beide lächeln leicht. Darunter steht: Glück inklusive.

Als Susann Körner mit ihrer Tochter schwanger war, rieten Ärzte ihr zu einer Abtreibung. Denn Hanna hatte einen Wasserkopf – und sie hat einen unbekannten Dreifach-Chromosomenfehler. Die meisten Menschen in ihrem Umfeld sagten damals zu Susann: Tu dir das nicht an.

Doch für sie selbst kam das nicht in Frage. Immer wieder setzte sich die werdende Mutter allein in eine Kirche, den Bardowicker Dom im Landkreis Lüneburg. Jedes Mal ging sie mit einem klaren „Nein“ wieder heraus. Nein zur Abtreibung. 

„Eines Tages beschloss ich: Mir redet niemand mehr hinein. Ich lasse es Hanna und Gott entscheiden, ob sie leben wird.“ 

Heute ist Hanna 25 Jahre alt und lebt in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung. 

Eine weiblich gelesene Person in lila T-Shirt mit langen, lockigen Haaren steht an eine Wand gelehnt.
Bild: Carolin George
Susann Körner ist eine der Personen, die in "Glück inklusive" von ihrem Leben erzählt.

„Andere verlieren in so einer Zeit ihren Glauben“, weiß Susann Körner. „Sie fragen sich, wie Gott so etwas zulassen kann. Ich aber denke: Alles, was passiert, hat seinen Sinn. Auch wenn man es erst Jahre später merkt. Ich zum Beispiel bin durch Hanna viel selbstbewusster geworden, habe endlich eigene Entscheidungen getroffen. Für mich ist Hanna ein Segen.“

Im Jahr 2000 kam Hanna auf die Welt, vier Jahre später erkrankte Susann Körner an Leukämie. Sie sagt: „Ohne meinen Glauben hätte ich das alles so nicht annehmen können.“

„Gott begleitet mich schon mein Leben lang“, erzählt die 59-Jährige. Schon als Kind besuchte Susann Körner Pfadfindergruppen und genoss die Gemeinschaft. „Ich habe Kirche als mobbingfrei und nicht neidvoll erlebt, im Gegensatz zur Schule zum Beispiel. Das finde ich total positiv.“ Und das hat sie auch ihrer Tochter Hanna ermöglicht. Schon als Säugling ließ Susann Körner ihre Tochter im Bardowicker Dom taufen, mit 14 Jahren wurde sie in St. Nicolai in Lüneburg konfirmiert. Die Gemeinde suchte Susann Körner aus, weil es dort eine inklusive Konfi-Gruppe gibt.

Drei Personen, zwei weiblich, eine männlich gelesen, umarmen sich eng.
Bild: Carolin George
Das Trio hinter dem Buch: v.l. Autorin Carolin George, Initiatorin Dagmar Pitters und Fotograf Mathias Mensch.

Noch heute nimmt Hanna (25) an Gruppenaktivitäten der Gemeinde teil und fährt gern mit zu Freizeiten, erzählt Susann Körner. „Sie kommt immer glücklich und entspannt nach Hause.“

Susann Körner lebt in Lüneburg und ist eine von fast 40 Personen, die in einem Buch davon erzählen, was es heißt, ein Kind mit einer Behinderung zu bekommen oder selbst mit einer geistigen Behinderung zu leben. 

Das Buch hat 328 Seiten und heißt „Glück inklusive – Unser Leben mit Behinderung“. Herausgeber ist der Verein Lebenshilfe Lüneburg e.V., initiiert hat es die Vereinsvorsitzende Dagmar Pitters. Sie sagt: „Dieses Buch soll Mut machen. Alle Geschichten zeigen, welche Wege die Menschen aus einer Krise gefunden haben. Vor Krisen ist schließlich niemand gefeit. Eine Behinderung ist nur ein Beispiel, das kann auch ein Unfall sein, nach dem alles erstmal anders ist. “

Die Interviews führte die Lüneburger Journalistin Carolin George und schrieb daraus Texte aus der Perspektive der Erzählenden. „Diese Menschen lassen uns hinter die Fassade blicken, das ist ein großes Geschenk.“ Der Lüneburger Fotograf Mathias Mensch zeigt die Gesichter in eindrücklichen Porträts.

Das Buch kostet 29 Euro und wurde von der Aktion Mensch gefördert. Es erscheint im v.Stern Verlag Lüneburg. 

Carolin George