Ich will Euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet

Andacht zum 2. Sonntag nach Epiphanias
Eine Mutter tröstet ihre Tochter
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Der Autor

Jakob Kampermann
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Jakob Kampermann ist Pastor und Mitglied der Evangelischen Medienarbeit (EMA) der Landeskirche Hannovers.

Trost brauchen nicht nur Kinder. Wohl dem, der Trost findet, wenn er traurig ist.

Um das Jahr 550 vor Christus steckte das Volk der Juden in einer tiefen Depression. Sie hatten den Krieg gegen die Babylonier verloren. Jerusalem und der Tempel waren zerstört. Ein Großteil der jüdischen Bevölkerung war nach Babylon verschleppt worden.

In dieser Depression muss die Hoffnung stark gewesen sein in Babylon. Alles wäre gut, wenn sie wieder zurück wären in den schützenden Mauern Jerusalems, an den Steinen des Tempels, an den Mutterbrüsten Zions.

Aber sie machen die Erfahrung nach der Rückkehr, dass eben nicht alles gut ist. Das gelobte Land ist ein Land voller Konflikte. Die Zurückgebliebenen haben sich weiterentwickelt und nicht auf die Rückkehrer gewartet. Der Schmerz bleibt, die Verzweiflung auch.

Gezeichnet sind Mutter und Kind. Aber auch von der Erfahrung, das Überzeugungen sich ändern können, Bilder sich wandeln: Gott ist da, auch wenn der Tempel nicht mehr da ist. Gott ist da inmitten der Kämpfe um den Wiederaufbau der Stadt und der Traditionen. Gott ist da, auch wenn er sich für uns verändert hat. Gott ist da, auch wenn unsere Wunden vernarben.

Ich will Euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.

Der Trost einer Mutter ist nicht begründet in Solidarität und gleicher Erfahrung, die die Tröstende mit dem zu Tröstenden teilen kann. Der Trost einer Mutter ist begründet in ihrer Liebe und ihrem Ich-bin-da. Ich war schon da, als Du in meinem Bauch geworden bist. Ich war Tag und Nacht da, als sich Dein Tag-Nacht-Rhythmus erst entwickeln musste. Ich war Dein erstes Wort.

Dieser Trost braucht wenig Worte. Drei sind genug. Ich bin da. Einatmen. Der vertraute Geruch der Mutter. Ausatmen. Und der Sturm wird still.

Ich will Euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.

Einatmen. Ausatmen. Aufatmen.

Biblischer Text,
Jesaja 66,13
Ich will Euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.
Jakob Kampermann