Musik als Motor der Gemeinschaft

Der Osnabrücker Popchor „ChoirFire“ ist für alle offen und zieht Menschen unterschiedlichen Alters und verschiedener Konfessionen an.
Etwa zwei Dutzend Menschen in dunklen Hosen und weißen Hemden stehen zusammen und heben die Hände.
Bild: Dennis Brause
Eine altersmäßig bunt gemischte Gruppe vor einer Kirche
Bild: privat
Seht zehn Jahren engagieren sich Menschen in der fusionierten Nordwestgemeinde Osnabrück.

In Osnabrück ist schon Weihnachten. Oder? Ein paar Männer mit roten Mützen springen jedenfalls auf einem kurzen Insta-Video vor die Kamera und schmettern leidenschaftlich „Jingle Bells“. „Wir klingen gut“, heißt es dazu selbstbewusst. „Mit Dir klingen wir besser“. Es ist Oktober, die Weihnachtszeit noch fern - aber der Popchor „ChoirFire“ aus der Nordwestgemeinde Osnabrück sucht ganzjährig Männer, die mitsingen wollen. Und die Social-Media-Videos lassen vermuten: Sie dürfen sich freuen auf hohe musikalische Qualität und ähnlich viel Spaß, wie ihn die mützetragenden Sänger im Video haben.

„Musik ist bei uns ein Schwerpunkt, als Verkündigung und als Einladung an Menschen, sich einzubringen und auszudrücken“, sagt Jutta Tloka, Pastorin der Nordwestgemeinde Osnabrück. „Mit unserem Popchor erreichen wir überkonfessionell junge Menschen, sind aber auch offen für ältere.“ Zu einem jährlichen Konzert kämen Menschen aus Stadt und Land, sagt Tloka - teilweise sogar aus Hannover. 

ChoirFire ist keine Ausnahme - und Chormusik von Pop über Gospel bis Barock für viele Menschen in der Landeskirche ein starkes Argument, sich zu engagieren: In den Gemeinden zwischen Harz und Küste gibt es 1.100 Erwachsenenchöre mit mehr als 20.000 Mitgliedern, dazu 510 Kinder- und Jugendchöre und Instrumentalkreise sowie 250 Gospelchöre.

Dennis Brause ist seit vier Jahren in der Nordwestgemeinde aktiv. „Ich komme ursprünglich aus Bramstedt bei Hamburg und habe mich da in der Jugendarbeit engagiert, auch schon Musik gemacht“, sagt der 33-jährige Chorleiter, der Musik und Geografie in Osnabrück studiert und darüber die Gemeinde gefunden hat. „Ich habe hier in der Nordwestgemeinde Menschen kennengelernt, die ihren Glauben und ihre Werte ähnlich leben wie in meiner Heimat.“ Dazu gehöre, dass alle so sein dürften, wie sie sind. „Es gibt viele, die Kirche eher traditionell erleben möchten, aber auch viele, die eher innovativ sind – alles darf nebeneinander bestehen.“

Dazu gehöre auch, sagt Brause, dass er seine Leidenschaft für Musicals auf die Bühne bringen, eigene Stücke schreiben und aufführen kann. So entstehen eigene Choreografien, die der Chor mit einer Band bei Aufführungen mit viel Spielfreude in der Markuskirche umsetzt. „Wir spielen alles, was Spaß macht. Unser Schwerpunkt liegt auf Pop, wobei der Inhalt zählt, denn es ist uns wichtig, Stellung zu beziehen“, betont Brause. Deshalb findet sich etwa auch Songs wie „Schrei nach Liebe“ von den Ärzten im Repertoire - seit mehr als 30 Jahren eine Art Hymne gegen Rechtsextremismus und mit ihren deftigen Zeilen nicht unbedingt in einer Kirche zu erwarten. 

Dem Chorleiter ist es wichtig, dass sich alle 50 Sängerinnen und Sänger nach ihren Fähigkeiten einbringen und diese ausbauen können. „Wir schaffen eine Atmosphäre, in der Fehler erlaubt und erwünscht sind. Wichtig ist, laut zu singen, nur so kann man lernen! Das ist viel learning by doing“, sagt Brause.

Und dieses Konzept kommt gut bei den Chormitgliedern an: „Wir haben einen wunderbaren Chorleiter“, erklärt Alexander Schulz, während Nicole Unterderweide vor allem die Gemeinschaft im Chor als Highlight benennt. „Toll finde ich auch, dass der Chor für alle Glaubensrichtungen offen ist“, ergänzt sie – bei ChoirFire sei ein Mitglied muslimisch, weitere sind katholisch. Bei soviel positiver Resonanz bleibt kaum ein Wunsch offen – doch, einer: „Ich würde mich freuen, wenn wir auch mal Jazz-Stücke singen würden“, meint Lianne Wazinski. 

Sonja Steiner