Segen braucht keine große Vorbereitung

Im Sand liegen weiße Muschlen und bilden die Worte "Marry me" und ein Herz.
Bild: Jaka Erpič von Getty Images

Kirchlich heiraten - das muss nicht lang im Voraus geplant und eine kostspielige Angelegenheit sein. Wenn es nach Anja Bremer geht, muss es noch nicht einmal zwingend in einem Kirchgebäude stattfinden: „Mir ist wichtig, dass kirchliche Trauungen an beinahe jedem Ort stattfinden können“, sagt die Pastorin, die sich seit vielen Jahren um neue, frische Angebote für kirchliche Kasualien wie Taufe, Beerdigung und Hochzeit bemüht. „Das wissen die Menschen manchmal nicht und schätzen Kirche da falsch ein.“ Bremer und andere Pastorinnen und Pastoren gingen aber ganz bewusst mit den Menschen an deren Orte, sagt sie: „Dafür brauchen sie keine freie Rednerin und keinen freien Redner. Wir gehen als Kirche mit!“

Eine weiblich gelesene Person mit kurzen, dunklen Haaren und Brille in einer hellen Jacke vor einer Steinwand.
Anja Bremer ist Theologische Referentin im Arbeitsbereich Gottesdienst und Kirchenmusik im Michaeliskloster Hildesheim und sucht nach neuen Formen für Kasualien.

Neben der flexibleren Ortswahl sei vielfach auch der Planungshorizont durchaus kleiner als angenommen, sagt Pastor Valentin Winnen aus Burgdorf in der Region Hannover: „Wir bieten bei Tauffesten immer die Möglichkeit der „Drop in“-Taufe an - also Zeitfenster für Menschen, die spontan vorbeikommen.“ Zuletzt sei das bei etwa einem Drittel der Täuflinge der Fall gewesen, sagt Winnen: „Natürlich ist dann vorher schon eine innere Überlegung abgelaufen und nur die Entscheidung dann spontan gefallen. Aber dass man alles lange vorher plant, scheint mir zumindest teilweise gesellschaftlich auf dem Rückzug.“

Eine spontane Trauung sieht Winnen dabei ausdrücklich nicht als Gegenmodell zur klassischen, individuellen Hochzeitsfeier mit anderthalb Jahren Vorlauf: „Die traditionellen Formen haben ganz klar ihr Zielpublikum. Wer die eine Variante wählt, würde gar nicht über die andere nachdenken. Es hängt auch ein Stück davon ab, wo man zu Hause ist. Denn natürlich spielen etwa auch lokale Traditionen immer eine Rolle.“

Eine weiblich gelesenen Person im Blazer steckt einer männlich gelesenen Person im Anzug einen Ring an den Finger. Im Vordergrund unscharf eine Person im Talar.
Bild: Nancy Heusel
Viele Paare hatten schon lange den Wunsch, kirchlich zu heiraten und fanden mit bei der Candle Light Trauung einen passenden Rahmen.

Zum Kirchentag Anfang Mai bieten Winnen und seine Kollegin Louisa Pandera in Burgdorf ein ganz besonderes Arrangement an: ein Hochzeitsfestival in der lokalen Disco „Black Horse“. Catering, Fotograf, Location - alles ist schon vorbereitet und kann spontan in Anspruch genommen werden. Mit einer Fundraising-Aktion ist Geld zusammengekommen, das die Miete für Disco, Nebelmaschine, lustige Sprühfontänen und vieles mehr abdeckt. Die Traupaare sind sogar zu einem Getränk und einer Pizza eingeladen. Was ihre Gäste darüber hinaus essen und trinken, zahlen die Traupaare dann selbst.

Bei Tauffesten böten durchaus viele Gemeinden Essen und Trinken an, auch flexible Tauforte seien immer häufiger. Die Idee, auch Hochzeiten nach einem Baukastenprinzip anzubieten, habe damit zu tun, dass Menschen ihr Leben zwar individuell gestalten, dennoch aber gern eine überschaubare Auswahl hätten, sagt Winnen: „Wir möchten unbedingt, dass alle Trauwilligen sich unter Gottes Segen stellen. Und dass auch Leute kommen können, die sich im Leben keine Hochzeit für einen fünfstelligen Betrag hätten leisten könnten.“

Trauungen in ungewöhnlichen Rahmen

Wie sehr tanzt das Disco-Angebot tatsächlich aus der kirchlichen Reihe? Fakt ist: Die Nordkirche etwa bietet schon seit geraumer Zeit auch Hochzeiten in Kneipen an. Und von Trauungen an anderen Orten weiß Valentin Winnen auch aus ganz anderen Zusammenhängen: „Ich habe als junger Pastor in Ostfriesland gearbeitet. Da haben mir Menschen erzählt, dass der Pastor sie früher noch zu Hause auf dem Sofa getraut hat.“

Hochzeitsfestivals gibt es ebenfalls schon länger. 2022 hat etwa die Burgdorfer Pankratius-Kirchengemeinde eine spontane Trauung am Schnapszahl-Datum 20.02.2022 angeboten - es kamen neun Paare. Die Marktkirche in Hannover hat ebenfalls schon mehrfach gute Erfahrungen mit Spontan-Traupaaren und Segenswilligen an besonderen Daten gesammelt.

Und auch der Kirchenkreis Grafschaft Diepholz bietet im Mai zum zweiten ein spontanes Hochzeitsfestival an. Pastorin Juliane Worbs fasst ihre Motivation knackig zusammen: „Gottes Segen braucht keine große Vorbereitung und wirkt trotzdem!“

Alexander Nortrup