Sexualisierte Gewalt: Neue Ordnung für Anerkennungsleistungen

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Die evangelischen Kirchen in Niedersachsen und die Bremische Evangelische Kirche haben eine neue Ordnung für die Anerkennungskommission der evangelischen Kirchen in Niedersachsen und Bremen beschlossen. Sie tritt am 1. Januar 2026 in Kraft und setzt die Anerkennungsrichtlinie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zur Anerkennung sexualisierter Gewalt um, sodass es in Zukunft gemeinsame Standards für Anerkennungsverfahren geben wird.

Die Aufsichtsgremien der diakonischen Werke in Niedersachsen werden zeitnah entsprechende Beschlüsse fassen. Auch der Verwaltungsrat des Diakonischen Werkes in Bremen wird voraussichtlich Anfang 2026 den neuen Regelungen zustimmen. 

Viele Regelungen, die die neue Richtlinie vorsieht, galten für den Bereich Niedersachsen und Bremen auch bisher schon. Das betrifft etwa die Zusammensetzung der Anerkennungskommission, die über die Gewährung und die Höhe von Anerkennungsleistungen für betroffene Personen entscheidet. In der gemeinsamen Kommission für Niedersachsen und Bremen arbeiten Fachleute aus verschiedenen Bereichen mit, von denen mindestens eine Person die Befähigung zum Richteramt haben muss. Kein Mitglied darf im aktiven Dienst bei Kirche und Diakonie beschäftigt sein. Wie bisher gilt, dass für die Gewährung von Anerkennungsleistungen kein Vollbeweis notwendig ist, sondern die Plausibilität des geschilderten Tatgeschehens ausreicht.

Neu ist das Kombinationsmodell für die Gewährung der Anerkennungsleistungen: Neben einer individuellen Leistung, die die Kommission nach einer Plausibilitätsprüfung zuspricht und für die es keine Obergrenze gibt, steht betroffenen Personen künftig zusätzlich eine pauschale Leistung in Höhe von 15.000 Euro zu, wenn die Tat den Tatbestand einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung erfüllt.
Der Ratsvorsitzende der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, Bischof Thomas Adomeit (Oldenburg), sagt: „Es war uns wichtig, dass wir den Beschluss der Anerkennungsrichtlinie durch den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland fristgerecht für Niedersachsen und Bremen umsetzen. Das ist gelungen und damit gibt es zum 1. Januar 2026 ein transparentes und rechtssicheres Verfahren, auf das sich betroffene Personen verlassen können. An einer Reihe von Punkten setzen wir den Weg fort, der für unseren Bereich schon seit Jahren galt und sich bewährt hat. Die Neuerungen sind wichtige Schritte, um unserer Verantwortung gegenüber betroffenen Personen gerecht zu werden.“

Neben dem Kombinationsmodell ist auch neu, dass betroffene Personen sich an eine Koordinierungskommission auf Ebene der EKD wenden können, wenn sie mit der Entscheidung der Anerkennungskommission nicht einverstanden sind. Das Ergebnis der Überprüfung werden die Kirchen und die Diakonie in Niedersachsen und Bremen dann entsprechend umsetzen. Wie bisher gibt es für die Anerkennungskommission die Möglichkeit, in nicht verjährten Fällen auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. Das gilt nur, wenn der betroffenen Person der Weg zu einem Zivilgericht auch zuzumuten ist und es auch keine anderen Hindernisse gibt, die der Durchsetzung des Anspruches entgegenstehen würden. Dieses Vorgehen entspricht im Wesentlichen der aktuellen Gewaltschutzrichtlinie der Evangelischen Kirche in Deutschland und wird als Ergänzung aufgenommen. 

Christian Frehrking, Mitglied des Rates der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen und Präsident des Landeskirchenamts der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe, sagt: „Es war im Sinn der betroffenen Personen dringend notwendig, dass die Anerkennungsrichtlinie zeitnah in geltendes Recht der Kirchen und der Diakonie umgesetzt wird. Wir schaffen damit jetzt einen Rahmen, der an vielen Stellen den Weg fortschreibt, den wir bisher schon für Niedersachsen und Bremen gegangen sind. Wichtig war uns, dass wir insbesondere bei aktuellen Fällen den Zivilrechtsweg nicht unberücksichtigt lassen wollen. Auch wenn der Hinweis auf die staatlichen Gerichte in der Praxis bislang nie zu einer Abweisung eines Antrags auf Anerkennungsleistungen geführt hat, ist er nach unserem Verständnis ein wichtiges Signal: Als evangelische Kirchen und Diakonie stehen wir mit unserem Anerkennungsverfahren nicht außerhalb des staatlichen Rechts.“

EMA