Sabine Preuschoff als Regionalbischöfin in Stade eingeführt

Mehrere Personen, teils in Talaren, stehen im Halbkreis hinter einer weiblich gelesenen Person im Talar.
Bild: Martin Hutcheson

Stade. Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister hat die Theologin Sabine Preuschoff am Sonntag in der Kirche St. Wilhadi als Regionalbischöfin des evangelischen Sprengels Stade eingeführt. Meister betonte, er freue sich auf die mutige neue Stimme im Bischofsrat. Theologen und Pfarrpersonen seien dazu berufen, von der Liebe Gottes zu jedem Menschen und vom Frieden zu reden, sagte der Bischof in seiner Ansprache. „Das gehört zu unserem Dienst, nicht das Wort der Menge zu wiederholen oder den Menschen nach dem Munde zu reden, sondern die Geister kritisch zu prüfen.“ Preuschoff folgt Hans Christian Brandy im Amt, der Ende Juni in den Ruhestand verabschiedet wurde. Sie ist die erste Frau an der Spitze der Kirche im Elbe-Weser-Dreieck.

In ihrer Einführungspredigt rief Preuschoff laut ihrem Manuskript dazu auf, das Gebot der Nächstenliebe ernst zu nehmen. Dies könne anstrengend und unbequem sein: „Aber ich kann mir die Gebote Gottes nicht einfach so zurechtlegen, dass sie noch zumutbar und im Alltag auch machbar sind.“ Nächstenliebe bedeute nicht, die Ansichten und Überzeugungen anderer zu teilen. „Vielmehr geht es um praktische Barmherzigkeit. Ein Mensch, der in Not geraten ist und für den ich da sein kann, der ist mein Nächster in Gottes Augen.“

Preuschoff hatte zuvor als Superintendentin den Kirchenkreis Burgdorf bei Hannover geleitet. Bereits seit dem 1. November steht sie an der Spitze eines sehr viel größeren Kirchenbezirks mit rund 180 Gemeinden und etwa 400.000 Mitgliedern.

Sabine Preuschoff wurde in Bremen geboren und legte im ostfriesischen Leer ihr Abitur ab. Sie studierte Theologie in Bielefeld-Bethel, Berlin und Göttingen und absolvierte ihr Vikariat in Celle. 2002 wurde sie in Großmoor bei Celle zur Pastorin ordiniert.

Bevor sie 2016 ihr Amt als Superintendentin des Kirchenkreises Burgdorf antrat, war sie als Vikariatsleiterin, Kreisjugendpastorin und Diakonie-Beauftragte tätig. Sie hat sich zudem in den Bereichen Coaching, Leitung, Gottesdienst und Geistliches Leben fortgebildet.

Der Sprengel Stade zwischen Elbe und Weser ist einer von sechs Sprengeln in der hannoverschen Landeskirche. Er reicht von Cuxhaven bis nach Verden und von Bremerhaven bis nach Buxtehude.

„Mein Herz schlägt für die Pop-Up-Church“

Trotz sinkender Mitgliederzahl ist Sabine Preuschoff um die Zukunft der Kirche nicht bange. Sie ist überzeugt davon, dass die Menschen eine Sehnsucht nach Orientierung und Sinn im Leben haben, egal ob sie in der Kirche sind oder nicht. „Als Kirche wollen wir für alle Menschen da sein – darum müssen wir auch dort sein, wo die Menschen sind.“ Das könne am besten gemeinsam gelingen, mit den anderen Akteuren vor Ort, etwa mit Vereinen, Schulen, der Freiwilligen Feuerwehr oder politischen Institutionen.

„Die Frage ist doch: Was können wir als Kirche mit unseren Möglichkeiten und unserer Botschaft dazu beitragen, dass Menschen gut und aufgerichtet frei leben können?“ Das seien nicht nur Frömmigkeit und das Feiern von Gottesdiensten, betont die Theologin. „Das bedeutet auch, Räume zu schaffen oder beizubehalten, um geistliche, spirituelle und gemeinschaftliche Erfahrungen zu machen.“ Sogar im wörtlichen Sinne: „Wir haben Kirchen, in denen in der Woche vielleicht zweimal etwas stattfindet. Vielleicht gibt es andere mit Ideen, was man noch mit diesem Raum machen kann?“

Wichtig ist der künftigen Regionalbischöfin auch ein weiteres Thema: „Wir müssen uns gesellschaftspolitisch engagieren. Unsere Stimme ist und bleibt wichtig in der Gesellschaft, wenn es um Fragen des Menschseins, der Ethik, des Miteinanderlebens geht.“ Wenn gesellschaftliche Entwicklungen in eine Richtung laufen, die die Würde von Menschen infrage stellen, „müssen und werden wir uns zu Wort melden“.

Außerdem könne die Kirche sich noch mehr öffnen als bisher, sagt die Theologin. An vielen Orten würden bereits beispielhafte Projekte realisiert: „Mein Herz schlägt für die Pop-Up-Church, also dort als Kirche präsent zu sein, wo sie nicht unbedingt erwartet wird.“ Auch mit Aktionen wie der „Taufe to go“, spontanen kirchlichen Hochzeiten nach der standesamtlichen Trauung, Segnungen von Paaren oder Tauffesten mit vielen Menschen hätten Gemeinden schon gute Erfahrungen gemacht.

Sie selbst habe schon einmal mit einem Kollegen zusammen im Talar im Supermarkt hinter der Kasse Menschen einen Segen zugesprochen, erinnert sich Preuschoff und lacht. „Manche haben irritiert geschaut und gefragt, ob sie dafür etwas zahlen müssen.“ Das seien berührende Begegnungen gewesen. „Es bleibt ja nicht allein beim Segen. Wir sind darüber ins Gespräch gekommen, was Gott geben kann und will.“

Als neue Chefin im Sprengel Stade wolle sie Orientierung geben, unterstützen, und Impulse vermitteln, sagt Preuschoff. Ihr Wirkungskreis umfasst 182 Kirchengemeinden mit rund 400.000 Mitgliedern in der Region zwischen Cuxhaven, Verden, Bremerhaven und Buxtehude. Und sie weiß, dass angesichts schwindender Ressourcen auch schwere Entscheidungen gefällt werden müssen. „Für kleine Kirchengemeinden, die weiterhin versuchen, alle kirchlichen Aufgaben abzudecken, werden die Kräfte nicht mehr reichen, weil wir das Personal nicht mehr haben.“

Die neue Regionalbischöfin beschreibt sich selbst als „spirituellen Menschen“. Besonders wichtig ist ihr dabei das Singen im Chor und in der Gemeinde. „Singen ist für mich Leidenschaft und Lebenselixier.“ Singen habe viel mit dem zu tun, wie man sonst miteinander umgeht. „Ich bringe meine Stimme ein und muss auch auf die anderen hören, damit es zusammen klingt. Erst dann entfaltet sich der Reichtum und die Fülle der Musik.“ Preuschoff hat 18 Jahre lang im Bachchor Hannover gesungen und will sich wieder einen neuen Chor suchen: „Das ist ganz klar, ich muss wieder singen.“

epd Niedersachsen-Bremen