Das Präsidium der 26. Landessynode hat Personen, die im Bereich der Landeskirche Hannovers von sexualisierter Gewalt betroffen sind, eingeladen, während der nächsten Tagung direkt zu den Synodalen zu sprechen. Im Interview erklären Daniel Aldag, Wencke Breyer und Nina Hollung aus der vorbereitenden Arbeitsgruppe, wie dies ablaufen wird und wie das Präsidium zur vorliegenden Entscheidung gekommen ist.
Bei der Tagung der Landessynode im November werden Personen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, direkt vor der Landessynode sprechen. Wie wird das ablaufen?
Auf unserer letzten Tagung im Juni haben wir mit großer Mehrheit beschlossen, dass betroffene Personen ein direktes Rederecht vor der Landessynode bekommen sollen. Wir bieten unterschiedliche Möglichkeiten an, wie betroffene Person zu allen Synodalen sprechen können: Als erstes ganz direkt vom Redepult aus oder von einem der Saalmikrofone. Dann gibt es die Möglichkeit, so wie bei den letzten Tagungen, den Redebeitrag schriftlich an das Präsidium zu schicken und er wird dann vorgelesen. Und als drittes können Statements auch als Video- oder Tonbeitrag vorher aufgezeichnet und dann abgespielt werden. Wichtig ist uns, dass dieser direkte Austausch zwischen einer betroffenen Person und den Mitgliedern der Landessynode in einem geschützten Raum stattfindet. Deshalb haben wir uns auch für eine nichtöffentliche Sitzung entschieden.
Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Es gab vor einigen Wochen ein digitales Treffen zwischen Mitgliedern des Präsidiums und betroffenen Personen, zu dem wir im Vorfeld eingeladen hatten. Das war ein intensives und konstruktives Gespräch. Dabei war sehr deutlich, dass der eine Weg, der für alle betroffenen Personen gleichermaßen passt, nicht existiert. Es gibt betroffene Personen, die schon mehrmals öffentlich über das gesprochen haben, was sie erleiden mussten. Für andere wird es das erste Mal sein. Manche wünschen sich eine große Öffentlichkeit, was wir gut verstehen können. Manchen ist ein geschützter Rahmen sehr wichtig, das können wir auch gut nachvollziehen. Manche möchten selbst sprechen, anderen liegt es eher, ihre Anliegen schriftlich zu formulieren oder mit Ruhe im Vorfeld aufzunehmen. Wir haben das Treffen im Präsidium ausgewertet. Eine kleine Arbeitsgruppe des Präsidiums hat einen ersten Entwurf zum Ablauf gemacht. Diese Synodalen haben geschaut, welche Formate andere Landessynoden oder die Synode der EKD gewählt haben. In unseren eigenen Reihen gibt es auch betroffene Personen. Und wir haben mit Fachleuten gesprochen, die sowohl mit betroffenen Personen arbeiten wie auch Gremien im Umgang mit betroffenen Personen schulen. Dann haben wir uns entschieden, dass wir ein Setting brauchen, das eine geschützte Atmosphäre bietet und einen konzentrierten Austausch möglich macht.
Welche Begleitung und Unterstützung können betroffene Personen bekommen?
Schon im Vorfeld können betroffene Personen Unterstützung bekommen bei den Fragen rund um ihren Redebeitrag. Zum Redebeitrag selbst können sie sich eine Begleitung mitbringen, die zum Beispiel beim Redebeitrag neben ihnen steht. Es wird ein Awareness-Team geben, das allein für die betroffenen Personen da ist. Wir werden einen Rückzugsraum für betroffene Personen haben und einen Raum, in dem auch weitere Gespräche mit Mitgliedern der Landessynode möglich sind.
Wie wird die Landessynode mit dem umgehen, was ihr die betroffenen Personen in ihren Redebeiträgen zur Verfügung stellen?
Die Mitglieder der Landessynode werden auf jedes Votum reagieren. Und im Nachhinein werden wir jeder betroffenen Person auch schreiben, welche direkten Folgerungen wir aus dem Vortrag vor der Landessynode ableiten.
Bisher waren die Tagesordnungspunkte der Landessynode in der Regel öffentlich, beim Thema Sexualisierte Gewalt gab es auch immer einen Live-Stream. Wie wird das dieses Mal sein?
Das Präsidium hat entschieden, dass der Mittwochvormittag in einer nichtöffentlichen Sitzung stattfindet und dass es keinen Live-Stream geben wird. Das bedeutet auch, dass der Sitzungsteil am Mittwochvormittag mit den Redebeiträgen der betroffenen Personen im Sitzungssaal ohne Besucherinnen und Besucher und Medien stattfindet. In dem sich anschließenden Teil am Nachmittag berichtet das Landeskirchenamt über den aktuellen Sachstand. In dieser öffentlichen Sitzung, bei der Besucherinnen und Besucher und Medien wieder willkommen sind, wird die Landessynode über einen Antrag zur Übergabe des Themas an die 27. Landessynode beraten.
Mit der Tagung im November endet die Amtszeit der Landessynode und viele Mitglieder werden der neuen Landessynode nicht mehr angehören. Wie stellen Sie sicher, dass an dem Thema weitergearbeitet wird?
Wir sind absolut sicher, dass der Einsatz gegen Sexualisierte Gewalt in der Kirche für die neue Landessynode ebenso Priorität haben wird, wie für uns in den letzten Jahren. Wann die Thematik wieder auf die Tagesordnung gelangt, wird das neue Präsidium entscheiden, welches im Februar 2026 ebenfalls neu gewählt wird. Wir haben bereits bei der letzten Tagung Beschlüsse zu Themen gefasst, an denen die neue Landessynode weiterarbeiten wird, zum Beispiel bei der Einbeziehung von betroffenen Personen in kirchliche Entscheidungsprozesse. Und wir werden auch im November Beschlüsse fassen, die die neue Synode aufnehmen wird. Da haben wir keinen Zweifel!