
Die Bundestagspräsidentin kommt zum Kirchentag und ruft zu Zuversicht und Eintreten für die Demokratie auf. Politik solle Vertrauen schaffen und Ängste der Menschen nicht missbrauchen, sagt Julia Klöckner. Ihre Kirchenkritik nennt sie „relativ harmlos“.
Hannover. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hat beim evangelischen Kirchentag in Hannover ihre Kritik an den Kirchen verteidigt. Die Äußerung, Kirche müsse mehr sein als eine Nichtregierungsorganisation, sei relativ harmlos gewesen, sagte die CDU-Politikerin am Samstag auf dem „Roten Sofa“ der evangelischen Publizistik. Kirche müsse ein Tick mehr sein: „Und das Tick mehr sein ist der Glaube.“
Die CDU-Politikerin hatte zu Ostern mit Kritik an politischen Stellungnahmen eine Debatte über die Rolle der Kirchen ausgelöst. Die katholische Theologin Klöckner hatte sich in der „Bild am Sonntag“ von den Kirchen mehr Sinnstiftung und weniger Stellungnahmen zu tagesaktuellen Themen im Stile einer Nichtregierungsorganisation gewünscht. Diese Äußerungen stießen auf teils scharfen Widerspruch.
Klöckner betonte erneut, die Kirche müsse sich zu Sinnfragen äußern: „Sie darf keine Partei sein.“ Sie wünsche sich lautere Töne, wenn es um Fragen wie den Schutz des ungeborenen Lebens oder die Sterbebegleitung gehe. Ihre Äußerungen hätten sich allerdings nicht auf den Brandbrief bezogen, in dem Kirchenvertreter das Abstimmungsverhalten der Unionsparteien in der Asyldebatte kritisiert hatten.
Die Synodenpräses der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, sagte in der Diskussion mit Klöckner: „Wir dürfen nicht anfangen, geistiges Leben und christliche Positionierungen gegeneinander aufzurechnen.“ Menschen träten keineswegs aus der Kirche aus, weil sich diese positioniere: „Die Menschen erwarten es, dass wir uns einsetzen, für diejenigen, die sonst keine Stimme haben.“
In ihrer Bibelarbeit am Vormittag hatte Klöckner davor gewarnt, dass Politiker und Politikerinnen mit der Angst von Menschen spielen. „Angst befreit nicht, Angst verkleinert und schnürt ein.“ Ängste sollten nicht zum Erreichen eigener politischer Ziele missbraucht werden. „Ein ganzes Volk permanent in Angst zu versetzen, das ist nicht nur unglaubwürdig, das ist auch unchristlich“, erklärte Klöckner.
Die katholische Theologin und CDU-Politikerin gestaltete eine Bibelarbeit, bei der sie die Ostergeschichte von der Auferstehung Jesu aus dem Matthäus-Evangelium auslegte. In der Aufforderung aus der Bibel an die Menschen „Fürchtet Euch nicht“ sehe sie einen Appell an die Politik, Vertrauen zu schaffen, sagte Klöckner.
Zugleich rief sie zum Einsatz für die Demokratie auf. „Demokratie gibt es nicht im Schlafwagen, die bleibt nicht einfach, nur weil sie da ist“, sagte die Parlamentspräsidentin. Sie müsse immer wieder erarbeitet werden. Klöckner warb für einen offenen und ehrlichen Dialog in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. „Wir müssen einander aushalten, auch unterschiedliche Sichtweisen“, sagte sie.