Startseite Archiv Tagesthema vom 19. Mai 2022

Erfolge und Baustellen beim Klimaschutz in Gemeinden

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Die Landeskirche Hannovers hat sich das Ziel gesetzt, klimaneutral zu werden und viele Gemeinden sind auf dem Weg zu mehr Umweltschutz, ob mit Photovoltaik auf Gemeindehäusern, Blühwiesen oder elektrischen Fahrzeugen. Doch so richtig in Schwung kommt die Umsetzung noch nicht. Dr. Bettina Siegmund, Vorsitzende des Bau- und Umweltausschusses der Landessynode erklärt, woran es (noch) hakt und was sie hoffnungsvoll stimmt; außerdem stellen wir einige Klimaschutzprojekte vor.

Dr. Siegmund, im Grunde ist doch allen klar, dass wir Klima- und Umweltschutz brauchen, wenn die Menschheit weiter auf dieser Erde leben können soll. Dennoch ist die Kirche lange noch nicht klimaneutral. Warum ist es so schwierig, Klimaschutz wirklich konsequent umsetzen?
Dr. Siegmund: „Es sind vier wesentliche Dinge, mit denen wir zu kämpfen haben: Punkt eins ist die Wahrnehmung des Themas als eines, das zusätzlich zu allen anderen Aufgaben obendrauf kommt. Die Arbeitsbelastung in den Gemeinden ist schon sehr groß – aber wir müssen Klimaschutz anders denken: nicht als eigenständiges, auch zu beackerndes Thema, sondern in anderen Bereichen inkludiert, bei allen anderen Feldern mitgedacht. Zweitens fehlen teilweise verbindliche Strukturen, die regeln, wer für was zuständig ist. Drittens gibt es natürlich eine Finanzfrage. Manche Investition würde sich selbst refinanzieren, etwa eine energiesparende Heizung – aber es fehlt das Startkapital zur Umsetzung. Und viertens brauchen wir rechtskonforme Lösungen, denn noch gibt es so manche Klippe, die abschreckt oder Handeln verhindert. Das sind die vier Felder, die auch eine Problemanalyse offengelegt hat.“

Das sind die Probleme – wie sollen sie gelöst werden?
Dr. Siegmund: „Genau das wird Thema bei der Tagung der Synode sein. Wir brauchen Ermöglichungsstrategien, in Zusammenarbeit mit der juristischen, der Finanz- und IT-Abteilung etc. – und wir brauchen eine breite Beteiligung aus den Gemeinden. Ich setze große Hoffnung darin, dass wir gemeinsam schlanke Lösungen finden, die keinen großen Mehraufwand bedeuten und die Umsetzung vom Klimaschutzmaßnahmen erleichtern.“

Die Präsidentin des Landeskirchenamts, Dr. Stephanie Springer, sprach zuletzt davon, dass womöglich über festere Regularien und Vorgaben nachgedacht werden müsse, höhere Auflagen für Förderungen. Was halten Sie davon?
Dr. Siegmund: „Bisher haben wir über die freiwillige Schiene gearbeitet, mit vielen Informations- und Beratungsangeboten und finanziellen Anreizen durch die Landeskirche. Da ist aus meiner Sicht auch viel Gutes vorhanden – aber wir sind noch nicht so weit gekommen, wie wir gern wären. Bei den Voraussetzungen für Zuschüsse könnte man sicherlich nachsteuern, ja, aber wir müssen auch aufpassen, die Hürden nicht zu groß zu machen. Die Anträge müssen zu bewältigen sein.“

Sie sind schon lange in Gemeinden akiv, seit mehr als 40 Jahren in verschiedenen Aufgaben und seit 2008 Teil der Synode. Wie sehr wurmt es Sie, dass wir – jedenfalls gefühlt – nur in Mini-Schritten vorankommen?
Dr. Siegmund: „Es ist eine gemischte Gefühlslage. Ich habe gelernt, dass bei Kirche die Dinge meistens einen langen Atem brauchen, aber ich bin auch ein bisschen stolz auf manches geleistete. Die klare Positionierung in der Gentechnik zum Beispiel oder das Klimaschutzkonzept: nicht nur, dass wir es haben, sondern es auch konsequent weiterverfolgen und es nicht nur in der Schublade gelandet ist. Besonders stolz bin ich allerdings auf die vielen Ehrenamtlichen, die sich für Umwelt- und Klimaschutz in unseren Gemeinden einsetzen und ich hoffe, es werden noch viel mehr."

Im Südharz gibt es bereits lange Photovoltaik auf dem Dach und im Keller des Gemeindehauses ein Blockheizkraftwerk. In Osterhagen gibt es eine Winterkirche, einen abgetrennten Bereich in der Kirche, der separat beheizt werden kann und im Winter für Gottesdienste, aber auch von Vereinen und dem Ortsrat für Sitzungen genutzt wird. Die Gemeinden haben das Thema Nachhaltigkeit in vorbildlicher Weise alle weit oben auf ihrer Prioritätenliste – doch sie brauchen noch mehr Fachkompetenz und Unterstützung für weitere Maßnahmen und vor allem für Förderanträge, erzählten Kirchenvorstände, Pastoren und engagierte Kirchenmitglieder dem Landesbischof Ralf Meister auf seiner ersten Klimaschutztour (zum Bericht).

Eine zweite Einladung bekam Ralf Meister aus Nienhagen im Kirchenkreis Celle. Die St. Laurentius-Gemeinde hat bereits vor 20 Jahren ein Windrad aufgestellt – das bräuchte mittlerweile ein „repowering“. Ungenutzte Flächen in Nienhorst werden zu Blühwiesen und einem Feuchtgebiet umgestaltet, um der Biodiversität mehr Räume zu geben. Eine E-Rikscha steht für Fahrten durch den Ort bereit und die Gemeinde Nienhagen hat die „Klimainitiative“ gestartet, in der sich auch der Kirche weniger verbundene Menschen engagieren. Diese und weitere Projekte ließ sich Ralf Meister zeigen (zum Bericht)

Ganz individuell im eigenen Haushalt achten auch Mitglieder in der Johannes- und Matthäusgemeinde in Hannover-List: regional und plastikfrei einkaufen, energiesparend kochen und weitere Ideen schmieden, wie der CO2-Fußabdruck im eigenen Stadtteil verringert werden kann. In Hitzacker ist der Pastor mit einem bezuschussten E-Bike unterwegs, im Wendland gibt es E-Autos für die Wege übers Land. Wer sich über Fördermöglichkeiten und gute Ideen informieren möchte, wird auf der Seite des Hauses kirchlicher Dienste fündig.

Interview und Zusammenfassung: Christine Warnecke/EMA

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