Verändern, wie es weitergeht

Andacht zum 4. Advent
Ein Wasserstrahl läuft auf einen Haufen Steine hinunter.
Bild: STUDIOGRANDOUEST / Getty Images
Eine männlich gelesene Person in weißem Shirt lehnt an einem Baum.
Bild: Nicole Gerding
Dr. Maximilian Baden ist als theologischer Begleiter des Influencer:innen Projekts der hannoverschen Landeskirche bei der EMA tätig und theologischer Referent im regionalbischöflichen Büro des Sprengels Hannover.

Es beginnt selten auffällig. Ein Gespräch wird knapper. Eine Antwort fällt schneller. Jemand setzt sich durch, weil es gerade passt. Niemand macht daraus eine Entscheidung. Es passiert im Vorübergehen.

So verändern sich Umgangsformen. Nicht durch Beschlüsse, sondern durch Wiederholung. Ein Ton setzt sich durch. Ein Blick reicht. Rücksicht wirkt plötzlich erklärungsbedürftig.

Johannes der Täufer tritt in eine solche Wirklichkeit. Er stellt sich nicht in die Mitte. Er erklärt nichts. Er schaut genau hin. Auf das, was Menschen tun, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. Auf das, was geschieht, wenn Vorteile greifbar werden.

Die Menschen, die zu ihm kommen, stellen keine Grundsatzfragen. Sie diskutieren nicht. Sie fragen: „Was sollen wir denn tun?“ Johannes antwortet knapp. Er fordert auf zu teilen. Er mahnt, Maß zu halten. Er bremst dort, wo Macht Fahrt aufnimmt. Nicht mehr nehmen, als nötig ist. Nicht stärker auftreten, als es die Situation verlangt.

Das wirkt unspektakulär. Fast ernüchternd. Keine Vision, kein großes Bild. Nur kleine Eingriffe in laufende Abläufe. Genau dort greifen seine Worte. Sie können noch heute greifen: Wenn wir den Tonfall verändern. Wenn wir auf unser Tempo achten. Wenn wir Gespräche weiterführen, obwohl sie kippen könnten. In Momenten, in denen Wegsehen leichter wäre als Bleiben. In Situationen, in denen Fairness Zeit kostet.

Gott kommt näher, wo Menschen anders miteinander umgehen. Nicht spürbar für alle. Nicht messbar. Eher wie eine Richtungsänderung. Wenn jemand langsamer wird. Wenn jemand nicht ausnutzt, was möglich wäre. Wenn jemand teilt, ohne dafür Anerkennung zu erwarten.

Solche Momente lösen nichts auf. Sie schaffen keine neue Ordnung. Aber sie verändern, wie es weitergeht. Sie setzen einen anderen Ton. Sie öffnen Spielraum. Solche Momente sind noch nicht der große Wurf, den wir an Weihnachten erwarten. Solche Momente sind die notwendige Vorbereitung, zu der uns der Advent auffordert. Aber wie so oft: Nur mit einer guten Vorbereitung können wir das Fest richtig feiern. 

Johannes traut genau diesen Momenten etwas zu. Nicht, weil sie alles wenden. Sondern weil sie vorbereiten. Still. Vielleicht unfertig. Aber wirksam genug, um Spuren zu hinterlassen. Manchmal sogar nachhaltiger als ein großes Fest.

Vielleicht liegt genau darin die Provokation. Nicht auf das Große zu warten. Sondern im Naheliegenden anders zu handeln. Wieder und wieder.

Amen.

Maximilian Baden