„CU“ für „See you“ heißt in meinen Handy-Nachrichten: „Wir sehen uns später, meine Liebe, ich freue mich auf Dich.“ Und mit „Sry“ für „Sorry“ spare ich mir oft eine langatmige Entschuldigung für lästige Hosentaschenanrufe, die ständig passieren.
Digital ist es ja alltäglich, dass eine ganze Geschichte oder gar die Tiefe einer Beziehung mit wenigen Buchstaben erzählt werden kann. Da fühlt es sich fast normal an, dass auch die Bibel mit wenigen Worten große Dramen ausbreitet.
„Ich habe keinen Menschen“ – diese vier Worte im Johannesevangelium lösen eine Flut an Gedanken und Bildern in mir aus. Darin steckt eine Tragödie, ein Leben voller Einsamkeit und Leid. Doch kein „leider“ taucht darin auf, kein Klagen, kein Lamentieren. Es klingt sachlich, fast schon kühl, wie eine nüchterne Feststellung.
Jesus hört diese Worte, als er einen Kranken am See Bethesda sieht, der mit anderen Leidenden dort auf Heilung hofft.
Er spricht ihn an, mit nur wenigen Worten und fragt: „Willst du gesund werden?“
Erstaunlich, fast unverschämt, finde ich, dass er das fragt, wo doch klar scheint, was alle dort wollen: Heilung. Aber Jesus nimmt den Mann ernst und will nicht einfach voraussetzen, was er sich wünscht. Jesus sieht ihn als Mensch mit einem freien Willen an, mit einer eigenen Meinung und individuellen Sehnsüchten.
Der Kranke antwortet auch nicht mit einem genervten „Ja“, weil er die Frage sinnlos findet, sondern er antwortet mit der Kurzfassung seines Lebens: „Ich habe keinen Menschen. Keiner ist da, der mich ins heilende Wasser trägt.“
Jesus liest in diesem knappen Satz zwischen den Zeilen und er erkennt Traurigkeit und Einsamkeit, Leid, Hoffnung und Glauben zugleich. Ihm reicht diese Antwort aus und er sagt: „Nimm dein Bett und geh.“
Und da ist sie – die Heilung. Das Ergebnis dieses kurzen, aber so intensiven Dialogs ohne Bitte, ohne Forderung. So wenige Worte sind das, da ist keins zu viel. Das ist fast schon karg und beinahe klischeehaft männlich – oder eben genau passend für die offensichtliche Tragik.
Manchmal müssen es einfach keine langen Gespräche sein, sind keine Sprachnachrichten in Podcast-Länge nötig. Manchmal genügen eine kurze Frage und eine knappe Antwort, genügt ein stummes Gebet und es geschieht etwas Großes. So wie am See Bethesda.
In ganz wenigen Worten kann alles stecken: Vertrauen, Zuwendung, Verständnis – und der berechtigte Glaube an Heilung.
Amen.
Joh 5 1-16
Es war aber dort ein Mensch, der war seit achtunddreißig Jahren krank. Als Jesus ihn liegen sah und vernahm, dass er schon so lange krank war, spricht er zu ihm: Willst du gesund werden? Der Kranke antwortete ihm: Herr, ich habe keinen Menschen, der mich in den Teich bringt, wenn das Wasser sich bewegt; wenn ich aber hinkomme, so steigt ein anderer vor mir hinein. Jesus spricht zu ihm: Steh auf, nimm dein Bett und geh hin! Und sogleich wurde der Mensch gesund und nahm sein Bett und ging hin.
Es war aber Sabbat an diesem Tag. Da sprachen die Juden zu dem, der geheilt worden war: Heute ist Sabbat, es ist dir nicht erlaubt, dein Bett zu tragen. Er aber antwortete ihnen: Der mich gesund gemacht hat, sprach zu mir: Nimm dein Bett und geh hin! Sie fragten ihn: Wer ist der Mensch, der zu dir gesagt hat: Nimm dein Bett und geh hin? Der aber geheilt worden war, wusste nicht, wer es war; denn Jesus war fortgegangen, da so viel Volk an dem Ort war.
Danach fand ihn Jesus im Tempel und sprach zu ihm: Siehe, du bist gesund geworden; sündige nicht mehr, dass dir nicht etwas Schlimmeres widerfahre. Der Mensch ging hin und berichtete den Juden, es sei Jesus, der ihn gesund gemacht habe. Darum verfolgten die Juden Jesus, weil er dies am Sabbat getan hatte.