Vor den Fenstern meines Büros stehen sie: groß, kräftig, golden – Sonnenblumen. Im März habe ich kleine Samen in Töpfe gelegt. Jetzt, Monate später, sind daraus stattliche Pflanzen geworden.
Was mich jedes Jahr aufs Neue fasziniert: Sie wachsen der Sonne entgegen. Sie richten ihre Blüten und Knospen tagsüber nach dem Lauf der Sonne aus – ein Phänomen, das die Botanik Heliotropismus nennt. Die Sonnenblume lebt in ständiger Bewegung zum Licht hin. Sie orientiert sich dorthin, wo das Leben herkommt. Und sobald die Sonne untergeht, dreht sie sich langsam zurück nach Osten – bereit, sich am nächsten Morgen wieder neu dem Licht entgegenzustrecken.
Ein starkes Bild für unseren Glauben. In Psalm 121 heißt es: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen: Woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.“ „Ich hebe meine Augen auf…“ – das ist mehr als eine bloße Bewegung. Es ist eine innere Entscheidung: den Blick zu wenden, weg vom Dunkel, weg von dem, was uns niederdrückt – hin zu Gott, dem Ursprung allen Lichts, dem „Licht der Welt“ (Johannes 8,12).
Sonnenblumen fliehen die Dunkelheit nicht. Auch sie kennen die Nacht. Aber schon in der Nacht erwarten sie das Licht. Das ist vielleicht die größte geistliche Tugend: Erwartungsvoll ausgerichtet bleiben auf das, was Hoffnung gibt.
Amen.
Ich wünsche Ihnen gesegnete Sommertage.
Joh 8,12