Endlich Ferien!

Andacht zum 2. Sonntag nach Trinitatis
Fünf Kinder stehen vor einer Tafel mit komplizierten Symbolen und recken die Arme in die Höhe.
Bild: shironosov von Getty Images / canva

Die Autorin

Eine junge Frau mit Brille
Bild: privat
Dorothea Noordveld

Dr. Dorothea Noordveld ist Pastorin der Kirchengemeinde St. Johannis in Lüneburg.
 

Am Mittwoch ist es so weit – endlich Ferien und die meisten Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer und Eltern werden sich auf ein paar freie und hoffentlich unbeschwerte Wochen freuen – mich eingeschlossen.

Am Mittwoch ist es wieder so weit – Zeugnisse.

Für Kinder in der ersten Klasse ist das erste Zeugnis noch ein wenig aufregend, in den höheren Klassen sind die Noten schon längst bekannt. Trotzdem macht der Mittwoch einen Unterschied: schwarz auf weiß die Beurteilung in der Hand zu halten.

Hinter jeder Zensur steht ein Kind oder eine Jugendliche mit ihrer Person und Geschichte – versteckt hinter den Zahlen auf dem Blatt Papier.

„Danke, Gott, dass ich so wunderbar gemacht bin, wunderbar sind deine Werke, das erkennt meine Seele.“

Diesen Satz aus Psalm 139 sagen die wenigstens Mensch frei heraus, denn meistens wissen wir genau, was nicht so wunderbar an uns ist. Wir sind es gewohnt zu urteilen – über uns und andere, sind es gewohnt, beurteilt zu werden.

Wenn ich Kinder oder Erwachsene segne, sage ich oft dazu: „Du bist wunderbar gemacht, geliebtes Kind Gottes.“ Ich merke, wie der Satz verändert, aufrichtet, erleichtert, ein Lächeln auf die Lippen zaubert – meist etwas verlegen. Du bist wunderbar gemacht – ganz ohne Bedingung und ohne Beurteilung. Gott schenkt seinen Segen einfach so. Das bedeutet nicht, das jemand ohne Fehler oder perfekt ist – Gott bewahre, das ist niemand. Aber jeder Mensch ist mehr als nur das Bild und Urteil, das wir uns von uns selbst und anderen machen, ist mehr als die Leistungen, die wir erbringen und die Fehler, die wir machen.

Du bist wunderbar gemacht – an manchen Tagen braucht man eine kleine Erinnerung daran und vielleicht ist Mittwoch so ein Tag für Dich, sogar wenn Du gar keine Zeugnisse mehr bekommst. Deswegen:

Egal ob Du eine 1 oder eine 5 hast, ob Du gut in Sport und Mathe oder schlecht in Geschichte und Deutsch bist – Du bist mehr als Dein Zeugnis ausdrückt: Du bist lustig, still, schnell, sensibel, traurig, laut, bedrückt, kannst gut zuhören, Dich für andere einsetzen, kannst aushalten, träumen, lachen, weinen, trösten, Fußball spielen und Pferde kann man mit Dir auch stehlen. Du bist Tochter, Sohn, Freund und Freundin und noch viel mehr.

Ja, Schule ist wichtig und Zeugnisse auch, keine Frage. Aber die Noten sind nicht das, was Dich ausmacht oder wer Du bist.

Darum vergiss nicht, egal was auf Deinem Zeugnis steht, egal was andere über Dich sagen und sogar, was Du über Dich selbst denkst: Du bist wunderbar gemacht, geliebtes Kind Gottes.

Amen.

BIBLISCHER TEXT,
Psalm 139,5–14
Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir. Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch, ich kann sie nicht begreifen. Wohin soll ich gehen vor deinem Geist, und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht? Führe ich gen Himmel, so bist du da; bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da. Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten. Spräche ich: Finsternis möge mich decken und Nacht statt Licht um mich sein –, so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir, und die Nacht leuchtete wie der Tag. Finsternis ist wie das Licht. Denn du hast meine Nieren bereitet und hast mich gebildet im Mutterleibe. Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.
Dorothea Noordveld