Wir brauchen ein neues Pfingstwunder

Andacht zum Pfingstsonntag
Pfingstsonntag
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Der Autor

Landesbischof Ralf Meister Kloster Loccum
Bild: Insa Hagemann
Landesbischof Ralf Meister

Das Pfingstwunder, von dem die Apostelgeschichte berichtet, scheint heute keins mehr zu sein. Dass Menschen unterschiedlicher Sprachen sich sofort verstehen können, ist dank verbreiteter Übersetzungsapps nichts Besonderes. Und doch brauchen wir gerade nichts mehr als ein neues Pfingstwunder: eines, das nicht nur zum bloßen Verstehen, sondern zu echter Verständigung führt. Wir brauchen es in den Gesprächen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine. Wir brauchen es in den Verhandlungen über die Rückführung der israelischen Geiseln, die Rettung der Bevölkerung in Gaza und einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten. Wir brauchen es in den transatlantischen Gesprächen über den Erhalt der westlichen Wirtschafts- und Wertegemeinschaft.

Das erste Pfingsten erinnert uns daran, dass es eine vermittelnde Kraft gibt, die mächtiger ist als die Barrieren, die Menschen trennen. Sie zeigte sich damals in einem Moment, als die Welt von Gott verlassen schien. Ähnlich könnte es uns heute vorkommen. Wir halten mutig den Pfingstgeist dagegen, der uns hoffen lässt auf Verständigung und Frieden.

Biblischer Text,
Apostelgeschichte 2,1–21
Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle beieinander an einem Ort. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Sturm und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt und wie von Feuer, und setzten sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen zu reden eingab. Es wohnten aber in Jerusalem Juden, die waren gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde verstört, denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, Galiläer? Wie hören wir sie denn ein jeder in seiner Muttersprache? Parther und Meder und Elamiter und die da wohnen in Mesopotamien, Judäa und Kappadozien, Pontus und der Provinz Asia, Phrygien und Pamphylien, Ägypten und der Gegend von Kyrene in Libyen und Römer, die bei uns wohnen, Juden und Proselyten, Kreter und Araber: Wir hören sie in unsern Sprachen die großen Taten Gottes verkünden. Sie entsetzten sich aber alle und waren ratlos und sprachen einer zu dem andern: Was will das werden? Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: Sie sind voll süßen Weins.
Da trat Petrus auf mit den Elf, erhob seine Stimme und redete zu ihnen: Ihr Juden, und alle, die ihr in Jerusalem wohnt, das sei euch kundgetan, vernehmt meine Worte! Denn diese sind nicht betrunken, wie ihr meint, ist es doch erst die dritte Stunde des Tages; sondern das ist’s, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist: »Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten sollen Träume haben; und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie sollen weissagen. Und ich will Wunder tun oben am Himmel und Zeichen unten auf Erden, Blut und Feuer und Rauchdampf; die Sonne soll in Finsternis verwandelt werden und der Mond in Blut, ehe der große und herrliche Tag des Herrn kommt. Und es soll geschehen: Wer den Namen des Herrn anrufen wird, der soll gerettet werden.«
Landesbischof Ralf Meister