Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm – oder doch?

Andacht zum Sonntag Rogate
Ein Apfel hängt an einem Baum.
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Der Autor

Simon Laufer
Bild: privat
Simon Laufer

Simon Laufer ist Pastor in der St.-Viti-Gemeinde Heeslingen (Kirchenkreis Bremervörde-Zeven).

„Du bist genau wie dein Vater!“ oder: „Das hast du eindeutig von deiner Mutter geerbt!“ Wer kennt sie nicht, diese Sätze? Mit Augenzwinkern beobachten wir manchmal, wie Macken und Marotten von einer Generation zur nächsten weitergereicht werden. Wir erkennen plötzlich in unseren Kindern, was wir selbst von unseren Eltern übernommen haben. Ob es die Art ist, wie wir sprechen, wie wir lachen, oder wie wir unsere Butter aufs Brot schmieren – vieles davon scheint fest in unserer Herkunft verwurzelt. Das gilt auch für Positives: Mut, Ehrgeiz, Glaube oder Humor sind oft zu einem guten Teil „ererbt“.

Aber was, wenn diese Herkunft sich nicht nur lustig oder harmlos anfühlt? Wenn der „Stamm“, von dem wir kommen, schwer belastet ist – durch schwierige Erfahrungen, Enttäuschungen oder das Gefühl, nicht gut genug zu sein? Was, wenn unsere Familiengeschichte sich anfühlt wie eine Spur, aus der man schwer ausbrechen kann?

Die Bibel erzählt von Menschen, die mit diesen Prägungen ringen. Einer von ihnen ist Salomo, der Sohn Davids. Er hatte einen Vater, der große Spuren hinterließ: König David, Held und Vorbild im Glauben, aber zugleich auch ein Mann mit Fehlern und Schattenseiten. Salomo tritt zunächst mutig und selbstbewusst in diese Fußstapfen und überstrahlt sogar den Vater. Doch am Ende seines Lebens wird sichtbar, wie schwer es ihm fällt, seinen eigenen Weg mit Gott treu zu gehen.

Jesus zeigt uns einen ganz anderen Weg. Er lebte vor, was es bedeutet, Kind Gottes zu sein. Er tat das, was er den Vater tun sah, sprach die Worte des Vaters und lebte aus einer tiefen Verbindung zu ihm. So wurde Jesus zu einem Vorbild für uns, wie wir unser Leben aus der Beziehung zu Gott gestalten können. Jesus lädt uns ein, ihm nachzufolgen und dadurch wahre Freiheit und Identität zu entdecken.

Wir sind zwar geprägt von unseren Familien, von Erfahrungen und Herkunft – aber niemals endgültig festgelegt. Gott eröffnet uns Freiräume. „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“, heißt es in Psalm 31. Dieser weite Raum bedeutet Freiheit. Freiheit von belastenden Mustern, von ererbten Zweifeln oder Schuldgefühlen. Freiheit, anders zu handeln, anders zu leben, eine neue Geschichte zu schreiben – mit Gott zusammen.

Gott hilft uns dabei, nicht einfach Kopien unserer Eltern oder Großeltern zu bleiben. Er lädt uns ein, Kinder Gottes zu werden, seine Liebe und Vergebung zu erleben, und aus dieser neuen Identität heraus zu leben. Es mag sein, dass der Apfel zunächst nicht weit vom Stamm fällt – aber mit Gott können wir neue Wurzeln schlagen und unsere ganz eigene Geschichte entdecken. Wir können das Gute schätzen und dankbar annehmen. Und wir können aus negativen Mustern ausbrechen, die über Generationen vererbt wurden.

Wo wünschst du dir diesen „weiten Raum“ in deinem Leben? Für welches Erbe bist du dankbar? Und was möchtest du bewusst hinter dir lassen? Gott schenkt dir eine große Freiheit. Denn du bist nicht festgelegt auf das Gestern. Bei ihm kannst du heute neu anfangen.

Der Bibeltext zur Andacht,
Psalm 31,2–9
HERR, auf dich traue ich, lass mich nimmermehr zuschanden werden, errette mich durch deine Gerechtigkeit! Neige deine Ohren zu mir, hilf mir eilends! Sei mir ein starker Fels und eine Burg, dass du mir helfest! Denn du bist mein Fels und meine Burg, und um deines Namens willen wollest du mich leiten und führen. Du wollest mich aus dem Netze ziehen, das sie mir heimlich stellten; denn du bist meine Stärke. In deine Hände befehle ich meinen Geist; du hast mich erlöst, HERR, du treuer Gott. Ich hasse, die sich halten an nichtige Götzen; ich aber vertraue auf den HERRN. Ich freue mich und bin fröhlich über deine Güte, dass du mein Elend ansiehst und kennst die Not meiner Seele und übergibst mich nicht in die Hände des Feindes; du stellst meine Füße auf weiten Raum.
Simon Laufer