
Dr. Siegmund, im Grunde ist doch allen klar, dass wir Klima- und Umweltschutz brauchen, wenn die Menschheit weiter auf dieser Erde leben können soll. Dennoch ist die Kirche lange noch nicht klimaneutral. Warum ist es so schwierig, Klimaschutz wirklich konsequent umsetzen?
Dr. Siegmund: „Es sind vier wesentliche Dinge, mit denen wir zu kämpfen haben: Punkt eins ist die Wahrnehmung des Themas als eines, das zusätzlich zu allen anderen Aufgaben obendrauf kommt. Die Arbeitsbelastung in den Gemeinden ist schon sehr groß – aber wir müssen Klimaschutz anders denken: nicht als eigenständiges, auch zu beackerndes Thema, sondern in anderen Bereichen inkludiert, bei allen anderen Feldern mitgedacht. Zweitens fehlen teilweise verbindliche Strukturen, die regeln, wer für was zuständig ist. Drittens gibt es natürlich eine Finanzfrage. Manche Investition würde sich selbst refinanzieren, etwa eine energiesparende Heizung – aber es fehlt das Startkapital zur Umsetzung. Und viertens brauchen wir rechtskonforme Lösungen, denn noch gibt es so manche Klippe, die abschreckt oder Handeln verhindert. Das sind die vier Felder, die auch eine Problemanalyse offengelegt hat.“
Das sind die Probleme – wie sollen sie gelöst werden?
Dr. Siegmund: „Genau das wird Thema bei der Tagung der Synode sein. Wir brauchen Ermöglichungsstrategien, in Zusammenarbeit mit der juristischen, der Finanz- und IT-Abteilung etc. – und wir brauchen eine breite Beteiligung aus den Gemeinden. Ich setze große Hoffnung darin, dass wir gemeinsam schlanke Lösungen finden, die keinen großen Mehraufwand bedeuten und die Umsetzung vom Klimaschutzmaßnahmen erleichtern.“
Die Präsidentin des Landeskirchenamts, Dr. Stephanie Springer, sprach zuletzt davon, dass womöglich über festere Regularien und Vorgaben nachgedacht werden müsse, höhere Auflagen für Förderungen. Was halten Sie davon?
Dr. Siegmund: „Bisher haben wir über die freiwillige Schiene gearbeitet, mit vielen Informations- und Beratungsangeboten und finanziellen Anreizen durch die Landeskirche. Da ist aus meiner Sicht auch viel Gutes vorhanden – aber wir sind noch nicht so weit gekommen, wie wir gern wären. Bei den Voraussetzungen für Zuschüsse könnte man sicherlich nachsteuern, ja, aber wir müssen auch aufpassen, die Hürden nicht zu groß zu machen. Die Anträge müssen zu bewältigen sein.“
Sie sind schon lange in Gemeinden akiv, seit mehr als 40 Jahren in verschiedenen Aufgaben und seit 2008 Teil der Synode. Wie sehr wurmt es Sie, dass wir – jedenfalls gefühlt – nur in Mini-Schritten vorankommen?
Dr. Siegmund: „Es ist eine gemischte Gefühlslage. Ich habe gelernt, dass bei Kirche die Dinge meistens einen langen Atem brauchen, aber ich bin auch ein bisschen stolz auf manches geleistete. Die klare Positionierung in der Gentechnik zum Beispiel oder das Klimaschutzkonzept: nicht nur, dass wir es haben, sondern es auch konsequent weiterverfolgen und es nicht nur in der Schublade gelandet ist. Besonders stolz bin ich allerdings auf die vielen Ehrenamtlichen, die sich für Umwelt- und Klimaschutz in unseren Gemeinden einsetzen und ich hoffe, es werden noch viel mehr."