In ihrem geplanten neuen Gleichstellungsgesetz will die hannoversche Landeskirche Menschen in all ihrer geschlechtlichen Vielfalt ansprechen. Neben Frauen und Männern benennt es transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Personen.
Hannover. Die hannoversche Landeskirche reformiert ihr Gleichberechtigungsgesetz. Künftig sollen darin neben Frauen und Männern die Geschlechter in all ihrer Vielfalt angesprochen werden, wie die landeskirchliche Gleichstellungsbeauftragte Cornelia Dassler erläuterte. „Wir sind eine Kirche für alle und mit allen. Das legt schon unsere Verfassung fest, und dem soll das Gesetz gerecht werden“, sagte die Pastorin am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Aktuell beraten laut Dassler Synodal-Ausschüsse der evangelischen Kirche über den Gesetzestext. „Die Hoffnung ist, dass er noch in diesem Jahr beschlossen wird.“ In dem Gesetz soll zum Beispiel als Ziel festgeschrieben werden, „die berufliche Gleichberechtigung von Frauen, Männern, transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen zu verwirklichen“.
Dassler zufolge nimmt die größte evangelische Landeskirche in Deutschland damit als erste diese differenzierte Formulierung in das Gleichberechtigungsgesetz auf. Damit variiere sie den Sprachgebrauch der benachbarten Kirchen Oldenburg und der Nordkirche und deren Lösungen. Eine aktuelle Gesetzesnovelle der oldenburgischen Landeskirche verwende in Teilen den Genderstern.
Das Land Niedersachsen, das sein Gesetz derzeit ebenfalls überarbeitet, plant dagegen aktuell keine Änderung der bisherigen Formulierungen, „da das niedersächsische Gleichberechtigungsgesetz ein reines Frauenfördergesetz ist“, wie Ministeriumssprecher Felix Thiel, sagte. „Ob im parlamentarischen Verfahren eine diesbezügliche Änderung seitens der Politik gefordert und die Formulierung erweitert wird, bleibt abzuwarten.“
Das Gesetz der hannoverschen Landeskirche soll unter anderem die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten stärken. Derzeit sind Dassler zufolge die Beauftragten in den Kirchenkreisen in der Regel für vier Wochenstunden für ihre Aufgabe freigestellt. Komme eine der geplanten Gesetzesänderungen durch, verdopple sich die Stundenzahl. Von den 47 Kirchenkreisen der Landeskirche haben nach Angaben der Pastorin aktuell rund ein Drittel diese Position gar nicht besetzt. „Dabei ist das auch nach dem geltenden Gesetz Pflicht.“
Laut dem im Februar veröffentlichten „Atlas zur Gleichstellung“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit Zahlen von 2023 liegt die hannoversche Landeskirche mit einem Frauenanteil von mehr als 40 Prozent in mittleren Leitungspositionen EKD-weit an der Spitze. Doch dies verändere sich bereits wieder, sagte Dassler. Das erneuerte Gesetz solle neben der Diversität weiterhin die Repräsentanz von Frauen in Richtung einer Parität stärken, nachdem über Jahrzehnte Männer in Führungspositionen überrepräsentiert waren.
Es gehe um eine Grundhaltung, die sich gegen jede Form der Diskriminierung wende, betonte Dassler. „Diskriminierung ist Machtmissbrauch. Sie zu bekämpfen, ist damit auch eine Form der Prävention.“ Um überkommene Rollenbilder zu überwinden, gebe es in dem Gesetz weitere sprachliche Änderungen. So ist nicht mehr von einer Vereinbarkeit von „Familie und Beruf“ die Rede, sondern von der von „Care-Arbeit und Beruf“.