Landesbischof plädiert für soziale Pflichtzeit

Meister mahnt Prüfung von Härtefall-Dossiers bei Kirchenasylen an
Eine Person redet und wurde durch Reihen von anderen Personen fotografiert
Bild: Jens Schulze

Landesbischof Ralf Meister hat sich in seinem Bericht vor der Synode für eine soziale Pflichtzeit ausgesprochen und mahnte Einsatz gegen Antisemitismus an. Das Thema Missbrauch wird am Freitag im Dialog mit Betroffenen breiten Raum einnehmen.

Loccum. Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister hat in seinem Bericht vor der Landessynode für eine Kultur der Verantwortung geworben. „Ich plädiere sehr für eine soziale Pflichtzeit, wie sie Bundespräsident Steinmeier eingebracht hat, um eine solche Kultur der Verantwortung in unserem Land wieder verstärkt einzuüben“, sagte der evangelische Theologe bei der Tagung des hannoverschen Kirchenparlamentes am Donnerstag in Loccum bei Nienburg.

Meister erinnerte an die vor 90 Jahren verabschiedete „Barmer Theologische Erklärung“, in der sich die Kirchen gegen eine Gleichschaltung durch das nationalsozialistische Regime wehrten. Heute lasse sich noch deutlicher formulieren, warum der christliche Glaube mit manchen AfD-Positionen und anderen extremistischen Haltungen nicht vereinbar sei.

Kurz ging der Bischof auf den Umgang mit sexualisierter Gewalt in der Kirche ein, für den er aktuell in der Kritik steht. Meister sagte, „die Anklage der Betroffenen“ sei „eine Autorität in sich selbst“. Die Ignoranz und Gleichgültigkeit in Umgang mit den Taten entsetzten ihn, betonte er in seinem turnusmäßigen Bericht vor der Synode. Er kündigte an, sich wie geplant am Freitag, in Anwesenheit von Betroffenen, ausführlicher zu dem Thema äußern zu wollen. Am Freitagvormittag will sich die Synode in einer mehrstündigen Debatte mit dem Missbrauch auseinandersetzen.

Vor dem Beginn der Synodentagung am Mittwoch hatten Missbrauchsbetroffene einen Brief veröffentlicht, in dem sie einen Rücktritt des Bischofs fordern. Bereits zuvor hatten mehr als 200 evangelische Pastorinnen, Diakone und kirchliche Mitarbeitende die Leitung der hannoverschen Landeskirche für deren Umgang mit Missbrauchsfällen kritisiert.

Meister ging in seinem Bericht zudem kritisch auf das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und dessen Vorgehen in den sogenannten „Dossier-Verfahren“ ein. Für jedes Kirchenasyl begründeten die Kirchen die besondere Härte im Einzelfall und reichten entsprechende Dossiers zur erneuten Prüfung beim BAMF ein. Derzeit würden rund 99 Prozent der Anträge abgelehnt.

Die Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche beobachtet eine Zunahme von Räumungen und Räumungsversuchen von Kirchenasylen in Deutschland, wie sie kürzlich vermeldete. Die Polizei und das Land Niedersachsen hatten erst kürzlich ein Kirchenasyl in Bienenbüttel bei Uelzen gebrochen und eine russische Familie wurde nach Spanien abgeschoben. Daraufhin hatte es Gespräche zwischen Kirche, BAMF und Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) gegeben. Die Ministerin habe dabei zugesagt, dass es Situationen wie in Bienenbüttel nicht mehr geben soll, sagte Meister. Zugleich betonte er, Kirchenasyl begründe keinen rechtsfreien Raum. „Kirchenasyl ist kein politisches Instrument, sondern ein humanitärer Notdienst.“

Meister sprach sich überdies erneut für ein Gütesiegel „Gemeinden gegen Antisemitismus“ aus. „Wir müssen dringend zeigen, dass wir die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in unserem Land öffentlich im Blick haben und ihnen unsere Räume, unsere Solidarität und unsere Begleitung anbieten und wir uns strikt gegen jede Form von Antisemitismus aussprechen“, sagte er vor dem Kirchenparlament, das noch bis Sonnabend tagt.

Infolge des Krieges in Israel und Gaza explodiere in Deutschland und international ein furchtbarer Antisemitismus. Man dürfe jedoch Israelkritik und Antisemitismus nicht in eins setzen, warnte der Landesbischof. Es sei nötig, das Vorgehen Israels in Gaza zu kritisieren. Der Krieg müsse so schnell wie möglich beendet werden.

epd Niedersachsen-Bremen