Da sein und anpacken
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10 Uhr vormittags, es läuft „Radio 21“ aus Hannover, während Swen und Nils Medikamente sortieren. Es ist stickig in der solidarischen Apotheke in Katerini, 80 Kilometer westlich von Thessaloniki; draußen zeigt das Thermometer schon weit über 25 Grad. Swen und Nils sind Teil einer Gruppe von sieben jungen Frauen und Männer der Evangelischen Jugend Hannover, die für zwei Wochen beim Bürgerschaftsprojekt "O topos mou" (auf Deutsch: Mein Ort) in Griechenland mitarbeiten.
Während einer Studienreise hatte Landessozialpfarrer Matthias Jung das Projekt kennengelernt. Im November 2019 stellte Initiator Elias Tsolakidis „O topos mou“ bei der Griechenlandsolidarität Hannover vor und dort wurde die Idee zu einer Jugendbegegnung geboren. „,O topos mou' ist ein Ort, an dem gelernt werden kann, wie Solidarität praktisch geht“, sagt Matthias Jung. „Die solidarische Apotheke ist dafür nur ein Beispiel. Als ich Elias damals zuhörte, dachte ich, wenn junge Menschen hier einige Zeit mit leben könnten, dann wird Solidarität in Europa auf einmal ganz nah und anschaulich, für beide Seiten.“
Steffi Krapf, pädagogische Mitarbeiterin an der Jugendkirche und Stadtjugendpfarrer Torsten Pappert, waren sofort an Bord und konnten junge Mitarbeitende der Evangelischen Jugend für dieses Projekt begeistern. Im Januar traf sich die Gruppe erstmals, danach ging alles ziemlich schnell. Der Termin wurde vereinbart, es gab ein erstes Video-Gespräch mit Elias Tsolakidis. Er und seine Frau leben in Köln.
„In der Krise vor mehr als zehn Jahren haben meine Frau und ich gesagt: Uns geht es hier in Deutschland gut, aber wir wollen auch unsere Landsleute unterstützen. In der Folge haben wir die ersten Schritte gemacht. Heute ist dies ein großes, von zahlreichen Ehrenamtlichen getragenes Projekt, das vielen Menschen in Katerini zu Gute kommt“, erzählt Elias Tsolakidis. „Wir organisieren seit Jahren die Waldbrandwache an den Hängen des Olymp, seitdem hat es keinen Brand mehr gegeben. Wir organisieren einen solidarischen Weihnachtsmarkt, bei dem die Besucherinnen und Besucher nicht mit Geld, sondern mit Lebensmittel oder Kinderbüchern bezahlen. Die Lebensmittel verteilen wir übers Jahr an notleidende Familien, aus den Büchern ist eine Tauschbibliothek geworden, wie man sie in Deutschland aus den Öffentlichen Bücherschränken kennt. Es gibt die solidarische Apotheke und noch etliche weitere Aktivitäten.“
Für die Apotheke kommen Spenden aus Deutschland und anderen Ländern. 13.000 Medikamente und viel medizinisches Material, vom Verband bis zur Windel sind vorhanden. Zweimal in der Woche geben Apotheker gegen die Vorlage eines Rezepts Medikamente aus.
Viele Menschen in Katerini können keine Krankenversicherung bezahlen. Im Krankheitsfall kann ihnen ein Rezept ausgestellt werden, mit dem sie hier die nötigen Arzneien bekommen. „Es erfordert unglaublich viel Zeit, dieses System am Laufen zu halten, eingehende Spendenkisten zu sichten, die Medikamente einzupflegen, aber auch, abgelaufene Medikamente wieder auszusortieren. Deswegen finden wir diese Initiative der Evangelischen Jugend Hannover und von Matthias Jung großartig, denn mit ihrer Hilfe können wir hier in diesen zwei Wochen viele notwendige Arbeiten erledigen“, freut sich Alexandros Trapesanlidis. Er ist in Deutschland aufgewachsen und lebt seit mehreren Jahren in Katerini. Alexandros ist vor Ort Ansprechpartner für die solidarische Apotheke.
Lange war nicht klar, ob die Gruppe in Corona-Zeiten nach Griechenland reisen kann. Bis Mitte Juli war es eine Zitterpartie; Anfang August konnten die Jugendlichen dann in den Flieger nach Thessaloniki steigen, begleitet von Matthias Jung.
„Solidarität heißt für mich praktisch unterstützen, aber dazu gehört für mich der direkte Kontakt, das Zuhören vor Ort, denn da passiert etwas mit mir und den Menschen, denen ich begegne“ sagt Matthias Jung.
Diese Erfahrung machen die Workshopteilnehmer*innen auch schon nach kurzer Zeit. Anne Weirauch sagt: „Ich bin total beeindruckt von dem Ort, da steckt so viel Herz und Arbeit drin. Alle sind so offen und herzlich, ich habe das Gefühl, als wäre ich hier schon viel länger als den einen Tag, ich bin schon richtig angekommen“ Und Elisabeth Krapf erzählt: „Mir die Arbeit heute in der Apotheke großen Spaß, weil ich wusste, das kommt anderen Menschen zugute.“
Matthias Jung/Haus kirchlicher Dienste