Gott töpfert
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Ein Schatz in irdenen Gefäßen! Diese Vorstellung lässt sofort Bilder in mir sprudeln: Ich denke an die tönernen Kirchentagsbecher, aus denen der Wein im Abschlussgottesdienst zum Abendmahl ausgeteilt wird, welch ein Schatz! Und ich denke an die Tongefäße, in denen die Schriftrollen von Qumran am Toten Meer gefunden wurden, auch ein Schatz!
Und dann denke ich an meine Schätze. Am Heiligen Abend lagen zwei alte Gesangbücher für mich unter unserem Weihnachtsbaum. Als ich sie aufschlug, las ich „1912“ und „1915“ darin, dazu die Namen von Verwandten, die ich nur noch aus Erzählungen kenne. Beide haben einen Goldschnitt, eines sogar aufwendige Metallverzierungen. Nach Weihnachten trug ich sie zu einer Schachtel in meinem Arbeitszimmer. Darin liegen schon ein Taschenmesser und ein Kamm von meinem Großvater und ein paar andere Dinge, die ich geerbt habe. Nun aber ist die Schachtel zu klein und ich suche nach einer größeren Schachtel, in die ich diesen Schatz legen mag.
Während ich noch auf dem Dachboden nach einer Schachtel für meinen kleinen Schatz suche, malen sich mir Szenen in den Kopf von Menschen aus den Region am Toten Meer, wo die Qumranrollen verborgen waren. Die Menschen mischen Wasser und Sand und Erde für irdene Gefäße, bis die Konsistenz stimmt und sie das Material so formen können wie es sein muss, damit es ihre Schätze, die Schriftrollen, bewahrt. Die Sonne trocknet die Gefäße zu hartem Ton.
Anscheinend brauchen Schätze immer auch Gefäße oder Schachteln und Schatztruhen, und die Gefäße erhalten ihren Sinn erst dadurch, dass sie die Schätze aufnehmen und beherbergen.
Da machte Gott der Herr den Menschen aus Erde vom Acker...
(1. Mose 2,7)
Auch Gott töpfert, so erzählt es der ältere Schöpfungsbericht. Denn auch er hat einen Schatz, für den er eine Schatztruhe formt: den Schein, mit dessen Hilfe Jesus als Gottes Sohn, als Gott selbst erkennbar wird! Ein klärendes Licht! In diesem Schein offenbart Gott sich selbst, jedem Menschen auf seine Weise.
Als Gefäße Gottes, als Schatztruhen für Gottes Schatz entstehen wir. Er legt uns dieses klärende Licht ins Herz, den Schlüssel zu sich selbst, den größten Schatz.
Und damit sind wir sogar doppelt zur Gemeinschaft mit Gott berufen: Zum einen, indem wir geschaffen sind, seinen Schatz zu beherbergen, und zum anderen, indem uns der Schatz Gottes zu ihm selbst führt.
Theodor Adam
Bild: Jens Schulze
Theodor Adam