Startseite Archiv Nachricht vom 22. Juni 2023

„Gelebte Ökumene“ – Konferenz europäischer Kirchen ist zu Ende

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Von Klimaschutzfragen über die Stärkung der Jugend bis zum Ukrainekrieg und die Frage nach Versöhnung: In Tallinn (Estland) fand vom 14. bis 20. Juni die Konferenz europäischer Kirchen (KEK) statt. Es ist der Dachverband von 113 orthodoxen, protestantischen, anglikanischen und altkatholischen Kirchen aus ganz Europa. Die Konferenz war Ökumene durch und durch – und hatte den ein oder anderen Wow-Moment, schildert Sarina Meinicke. Sie war als studentische Beobachterin dabei.

Sarina Meinicke war als als Teil des Kommunikationsteams bei der Konferenz europäischer Kirchen in Tallinn dabei.

Frau Meinicke, was nehmen Sie von der Konferenz mit, was hat Sie beeindruckt?

Meinicke: Es war unglaublich spannend, mit Vertreterinnen und Vertretern aus quasi allen Ländern Europas zusammenzukommen und Konfessionen kennenzulernen, mit denen man sonst wenig Kontakt hat. Ich habe zum Beispiel das Konzept der Heilsarmee besser kennengelernt: sie taufen nicht und feiern kein Abendmahl, bezeichnen sich aber auch als Kirche, die sich durch die Arbeit in Krisengebieten definiert und organisiert ist wie eine Armee. Ständig saß und stand man mit Menschen aus anderen Ländern und anderer Konfessionen zusammen, das war gut.

Eröffnungsdinner der KEK

Welche Themen wurden diskutiert, flogen auch mal die Fetzen?

Meinicke: Das definitiv größte Thema war der Ukrainekrieg. Die orthodoxe Welt ist selbst noch am Sortieren, wie sie sich positioniert. Der zahlenmäßig größte Teil der orthodoxen Kirche gehört zur russisch-orthodoxen Kirche, aber traditionell ist der ökumenische Patriarch, das geistliche Oberhaupt, griechisch orthodox. So stehen russische und griechische Kirche gerade in einer Spannung. Und einige zum Moskauer Patriarchen gehörende Kirchen haben sich von diesem distanziert, etwa eine der beiden ukrainischen Kirchen. Die orthodoxe Welt ist also tief gespalten, zwischen denen, die zum Moskauer Patriarchen Kyrill halten, und denen, die nichts mit ihnen zu tun haben, etwa die armenisch-orthodoxe Kirche oder sich von der russisch-orthodoxen Kirche losgesagt haben.

Es waren auch Ukrainer da, die berichtet haben, wie sich derzeit leben: Ein Priester aus Kiew erzählte, dass seine Familie nun in Spanien lebt und er allein in der Stadt geblieben ist, um seinen Landsleuten beizustehen. Die Gemeinden dort gehören noch nicht zur KEK, es wurde diskutiert, ob sie Mitglied werden wollen. Und es ging um die Frage, ob Versöhnung nach einem Kriegsende möglich ist – da waren sich nach meiner Wahrnehmung alle einig, dass dem so ist, aber sehr viel Zeit und Dialog brauchen wird. Die Hoffnung darauf habe ich absolut gespürt.

Sehr merkwürdig war aber, dass direkt nach der Rede von Bartholomäus dem Ökumenischen Patriarchen ein Film über Tiere gezeigt wurde – es gab keine Diskussion im Plenum mehr. Auch das Thema Waffenlieferungen wurde nicht angesprochen.

Besuch bei armenischen Orthodoxen.

Sie waren auch als Teil einer jungen Generation (unter 30) in Estland. Wie wurden Jugendthemen besprochen?

Meinicke: Einig waren sich alle, dass Jugendliche gestärkt werden sollen und das Steward-Programm ausgebaut werden soll. Wir waren jetzt knapp 40 junge Menschen plus die Jugend-Delegierten, die in verschiedenen Gremien sitzen. Bei denen wird insgesamt sehr darauf geachtet, dass alle möglichst heterogen zusammengesetzt sind. Der neue Vorstand der KEK ist auch ein Stück jünger und weiblicher, als der alte. Jugendthemen waren der Klimawandel, die Stärkung von Minderheiten und die Partizipation von Jugend. 

Was war Ihr persönliches Highlight?

Meinicke: Mein persönlicher Wow-Moment war, als ich mit dem orthodoxen Diakon, dem Helfer des Patriarchen, spontan auf einem Spielplatz geschaukelt habe. Er ist auch Theologe, in meinem Alter, wir haben völlig unterschiedliche Hintergründe, aber in dem Moment zählte nur das Schaukeln. Das war für mich sinnbildlich für die gesamte Konferenz.

Sie werden Pastorin – was nehmen Sie für Ihre eigene künftige Arbeit mit?

Meinicke: Ich habe gemerkt: die Reden und Abstimmungen waren interessant, aber ich mag die Ökumene doch sehr in der Praxis. Was ich mitnehmen möchte, ist diese große Offenheit und Gastfreundschaft. Ich möchte später in meiner Gemeinde weit offene Augen für die anderen Konfessionen in meiner Nachbarschaft haben, vor Ort die Kräfte bündeln – denn oft ist gemeinsam viel mehr möglich, als man zunächst annimmt.

EMA
Gruppenbild bei der KEK