Germany – twelve points
Zeitgleich zur Tagung der Landessynode findet gerade eine andere, fast ebenso spannende Zusammenkunft statt. Dort wird ebenfalls gesungen und gerungen. Eingeleitet hat der Moderator sie mit: „Heute, am 13. Mai beginnt die schönste Zeit des Jahres.“
Wovon ich spreche? Ich sage nur: Germany – twelve points, Allemagne douze points, Deutschland 12 Punkte. Genau, es ist der Eurovision Song Contest 2025. Ich hab da mal kurz reingeschaut. Ich muss schon sagen, was da an Show schon im ersten Halbfinale geboten wurde, das war schon gigantisch. Zur Einstimmung ging es los mit Menschen in Schweizer Trachten, die vor Bergkulisse gejodelt haben, begleitet von traditionellen Instrumenten. Sie wurden von modernem Ballett umtanzt und musikalisch eingebettet in feinste Popmusik. Von der Lichtshow ganz zu schweigen.
Der Wettbewerb findet in Basel statt. Das erklärt Berge und Trachten. In der Schweiz, in Lugano, hat vor 69 Jahren der erste Musikwettbewerb dieser Art stattgefunden. Viele Menschen haben irgendwann schon mal beim Eurovision Song Contest vorm Fernseher gesessen und mitgefiebert, wenn es hieß „Germany twelve point“ – oder meistens gab es eher weniger Punkte. Fun Fact: 10mal waren wir auf dem letzten Platz. Vielleicht gibt es aber sogar einige unter uns, die „unsere“ wenigen Erfolge mitgefeiert haben?
1982 hat Nicole mit „Ein bisschen Frieden“ gewonnen. Da saß ich im Schlafanzug auf dem Teppichboden im Wohnzimmer und habe mit meinen Eltern zugeschaut. Es gab belegte Brote, die gab es sonst nur, wenn Wim Thölke oder Hans Rosenthal dran wurde. Sonst haben wir nie beim Fernsehen essen dürfen. 2010 hat Lena mit „Satellite“ das Rennen für sich entschieden. Da saß ich mit meinen Kinder im Wohnzimmer und die haben dazu getanzt. Heute sind sie gerade nicht mehr und noch Teenager und verfolgen den ESC immer noch.
Warum erzähle ich das? Aus drei Gründen: Weil der Eurovision
Song Contest ein gutes Beispiel ist. Dafür, dass es gut und wichtig ist, dass es Kontinuitäten in unserem Leben gibt und manches bleibt. Dass nichts überlebt, wenn es sich nicht mit der Zeit verändert. Von Twelve Point oder Douze Points redet da keiner mehr. Und der Musikstil ist auch längst ein anderer als bei „Ein bisschen Frieden“. Aber seinen Kern darf es dabei nicht verlieren. Und der ganz Contest ist deshalb so cool, weil wir dort was vonLändern aus ganz Europa mitbekommen und Menschen in ganz Europa zeitgleich am Fernseher mitfiebern. Nicht ohne Grund heißt das Motto „United by Music“.
Was hat das mit der Losung für den heutigen Tag zu tun? Zur Erinnerung, sie lautet: „Die Gnade des Herrn währt von Ewigkeit zu Ewigkeit über denen, die ihn fürchten, und seine Gerechtigkeit auf Kindeskind bei denen, die seinen Bund halten.“
Gut, der ESC ist keine Sache für die Ewigkeit. Aber mir hilft bei allem –
notwendigen – Wandel und bei allem Enden das, was bleibt. Mir hilft derzeit bei vielen Todesfällen um mich herum die Zusicherung: Gottes Gnade währt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Sie hat kein Ende. Innerhalb von vier Wochen sind zwei Männer aus unserem Kirchenamt plötzlich aus dem aktiven Dienst heraus gestorben. Menschen meines Alters erkranken schwer. Das verunsichert mich. Der Boden unter den Füßen wankt. Doch es ist eben nicht nur der Erdboden, auf dem ich stehe und mein Lebenshaus baue. Sondern es ist Gottes Güte, die mich
umgibt und geborgen hält. Immer. Sie reicht weiter als mein Leben und so viel weiter, als ich es denken kann.
Nichts kann einfach immer so weitergehen, ohne sich zu verändern. Aber das Profil darf es nicht verlieren. Wenn es uns nur annähernd in unserer Kirche gelingt, im Bild gesprochen: Jodeln und Popmusik, Trachten und moderner Tanz so genial zu kombinieren, dass beides glänzt, dann habe ich keine Sorge. Oder zumindest beiden Stilen einen Raum zu geben. Der Kern, unsere Botschaft von Jesus Christus ist und bleibt großartig, relevant und hilft im Leben wie im Sterben. Davon bin ich überzeugt.
Wie beglückend und stärkend ist das, zusammen mit Christinen und Christen nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt Gott zu loben! Das habe ich gerade durch junge Delegierte aus Südafrika in unserem Kirchenkreis wieder erleben dürfen. Landesbischof Ralf Meister hat sie in seinem Halleluja erwähnt. Und nebenbei haben die Besuche junger BesucherInnen aus Pretoria im vergangenen wie in diesem Jahr zu einer radikalen Verjüngung meines Partnerschaftsausschusses geführt. Das Durchschnittsalter ist von 64 auf 37 gesunken. Ich bin dankbar, dass wir uns einen solchen Austausch leisten. Dass wir weltweit voneinander lernen und miteinander Glauben feiern.
Die BasisBibel übersetzt Psalm 103 so: „Die Güte des Herrn bleibt bestehen von Anfang an bis in alle Zukunft. Sie bleibt bei denen, die zu ihm gehören, und seine Gerechtigkeit bei den Kindern und Enkeln.“ Amen.