Kulturelle Vielfalt als „DNA der Kirche“: Synode diskutiert interkulturelle Öffnung

Eine männlich lesbare Person an einem Rednerpult
Bild: Jens Schulze/Landeskirche Hannovers

Auf der Tagung der Landessynode der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers hat am Freitag Oberkirchenrat Dirk Stelter einen Zwischenbericht zur kulturellen Diversität vorgestellt. Dabei ging er besonders auf den deutlichen Nachholbedarf der Kirche im Umgang mit kultureller Vielfalt ein: „Im Blick auf kulturelle Diversität haben wir Aufholbedarf. Die gute Nachricht: Kulturelle Vielfalt gehört zur DNA der Kirche.“

Stelter erinnerte daran, dass die gesellschaftliche Realität in Niedersachsen sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt habe: Fast 40 Prozent der Kinder unter 15 Jahren hätten einen Migrationshintergrund – die Landeskirche dagegen bleibe kulturell homogen. Der Kontrast zwischen dem kulturell vielfältigen Bild in kirchlichen Kindertagesstätten und der gleichförmigen Zusammensetzung vieler Kirchenvorstände sei nicht zu übersehen.

Da bislang keine belastbaren Daten zur kulturellen Diversität im Bereich der EKD vorlägen – weder zur Mitgliedschaft noch zur beruflichen wie ehrenamtlichen Belegschaft oder zur Besetzung kirchenleitender Gremien –, habe das Landeskirchenamt das Sozialwissenschaftliche Institut (SI) der EKD um Zusammenarbeit gebeten. „Das SI hat großes Interesse, diese Pionierforschung exemplarisch an unserer Landeskirche durchzuführen. Die Kosten trägt das SI“, so Stelter. Erste Gespräche zum Forschungsvorhaben sollen noch im Frühjahr stattfinden, belastbare Ergebnisse würden aber erst der nächsten, der 27. Landessynode, vorgelegt werden können.

Hintergrund dieser Initiative ist der bereits im Vorjahr von der Synode geäußerte Auftrag, sich intensiver mit dem Thema Diversität auseinanderzusetzen und deren Sicherstellung in kirchenleitenden Gremien zu prüfen. Auch der Zwischenbericht des Landeskirchenamts unterstreicht: Eine Kirche, die für die Zukunft anschlussfähig bleiben wolle, müsse sich stärker als bisher als „solidarische Lebens- und Glaubensgemeinschaft der Verschiedenen als Gleichwertige" begreifen.

In der anschließenden Aussprache fand der Vorstoß grundsätzlich Unterstützung. Christine Rinne (Sprengel Hannover) dankte für die Initiative und betonte die Relevanz des Themas im Blick auf die Anfänge des Glaubens. Sie verband damit die Frage, wie die Landeskirche konkret plane, interkulturelle Öffnung strategisch anzugehen. Stelter kündigte daraufhin an, dass mit den Ergebnissen der Erhebung eine fundierte Grundlage für weitere Schritte geschaffen werde.

Oberlandeskirchenrätin Dr. Kerstin Gäfgen-Track lenkte den Blick auf die gesellschaftspolitische Dimension: Die zunehmende Ganztagsbetreuung an Grundschulen stelle neue Herausforderungen dar, sei aber auch eine Chance für die Kirche, frühzeitig präsent zu sein und Kinder interkulturell zu begleiten.

Stelter zeigte sich überzeugt, dass interkulturelle Öffnung keine Aufgabe am Rande, sondern ein zentrales Zukunftsthema sei: „Seit Pfingsten hat sich die Kirche transkulturell ausgebreitet. Das ist auch heute möglich.“

Ziel müsse es sein, kulturelle Vielfalt nicht nur zu fördern, sondern strukturell zu verankern – etwa in der Ausbildung, in Gemeinde-Entwicklung und in der Repräsentation auf Leitungsebene. Dass die Landeskirche hier noch am Anfang stehe, wurde auch in der Selbstkritik des Zwischenberichts deutlich: „Die häufig beklagte kirchliche Milieuverengung ist im Blick auf kulturelle Diversität in besonderer Weise festzustellen.“

Mit dem geplanten Forschungsvorhaben und dem perspektivischen Ziel einer „Strategie interkultureller Landeskirche“ will die Landeskirche nun strukturell ansetzen. Die Hoffnung: eine Kirche, die den kulturellen Reichtum der Gesellschaft nicht nur widerspiegelt, sondern aktiv mitgestaltet.

EMA