„Frühlingsmärchen": Erfolgreicher Kirchentag 2025 in Hannover

Eine männlich lesbare Person an einem Rednerpult
Bild: Jens Schulze/Landeskirche Hannovers

Der Kirchentag ist mit mehr als 1.500 Veranstaltungen, über 80.000 Teilnehmenden mit Ticket und rund 150.000 Besucherinnen und Besuchern beim Abend der Begegnung ein großer Erfolg gewesen.

„Wir haben allen Grund zu feiern“, so Andreas Behr, landeskirchlicher Beauftragter für den Kirchentag (Sprengel Hannover). Das gute Gelingen sei nicht nur dem guten Wetter und der Unterstützung durch die Stadt zu verdanken, sondern vor allem dem großen Engagement vieler beruflicher und ehrenamtlicher Mitarbeitender.

Vielfältige Projekte und gelungene Kooperationen

Ein besonderes Augenmerk legte Behr auf die zahlreichen innovativen und inklusiven Projekte. So wurde beim Eröffnungsgedenken am Maschsee eine Performance durchgeführt, bei der Sätze, die einem demokratischen Miteinander im Weg stehen, symbolisch zerschlagen. Die entstandenen Scherben konnten in Beuteln, gefertigt von der Jugendwerkstatt Roter Faden, mitgenommen werden – ein Beispiel für gelungene Zusammenarbeit und nachhaltige Wirkung.

Auch die Diakonie war vielfältig vertreten, etwa mit einem eigenen Areal beim Abend der Begegnung, dem diakonischen Stadtrundgang „Lila Faden“ per Smartphone-App und dem Vesper-Kirchen-Zelt am Bahnhof. Dort kamen Kirchentagsgäste und wohnungslose Menschen zusammen, um gemeinsam zu essen. „So hat der Kirchentag nicht dazu geführt, dass Menschen verdrängt werden, sondern Begegnung auf Augenhöhe ermöglicht“, sagte Behr. Die Aktion soll künftig weitergeführt werden.

Musik, Begegnung und Engagement

Ein weiteres Highlight war das 24-stündige „Rund-um-die-Uhr-Singen“ in der Christuskirche, an dem 15.000 Menschen teilnahmen. Tagsüber bildeten sich lange Schlangen, doch auch nachts herrschte reger Betrieb. Behr zeigte sich erfreut, dass diese Aktion in Hannover ihren Ursprung nahm und nun als Inspiration für kommende Kirchentage dienen kann.

Der landeskirchliche Treffpunkt „Kreuz & Bohne“ am Kröpcke wurde zum Anlaufpunkt für viele Gäste. Über 2.500 Euro an Spenden kamen für das Straßenmagazin „Asphalt“ zusammen. Die Zusammenarbeit mit anderen Landeskirchen, wie der rheinischen Kirche, verlief erfolgreich und soll künftig weiter ausgebaut werden.

Junge Menschen und Vielfalt im Mittelpunkt

Besondere Akzente setzten die landeskirchlichen Projekte „Leben in religiöser und kultureller Vielfalt“ und das „Forum Überlebensfragen junger Menschen“. Letzteres wurde maßgeblich von Jugendlichen konzipiert und präsentierte sich prominent auf dem Platz der Weltausstellung. Internationale Projekte, ein Bollerwagencorso, ein Rave-Gottesdienst und weitere kreative Formate bereicherten das Programm. Auch die Zusammenarbeit mit außerkirchlichen Gruppen wie der Fleischerinnung, dem Schützenverband und den Niedersächsischen Tafeln wurde intensiviert.

Veranstaltungen zu sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch

Ein besonderer Schwerpunkt lag auf dem Thema Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt. Während es beim vorangegangenen Kirchentag in Nürnberg dazu bereits einen Thementag gab, wurde das Angebot in Hannover deutlich ausgebaut. So fanden ein eigens gestalteter Gottesdienst, ein Hauptpodium sowie weitere Podien und Workshops zu diesem Themenfeld statt. Ursprünglich als Thementag geplant, wurden die Veranstaltungen bewusst über das gesamte Kirchentagsprogramm verteilt, um mehr Teilnehmenden die Möglichkeit zur Auseinandersetzung zu geben und das Thema zu entlasten.

Bei allen Veranstaltungen wurde verstärkt auf Schutz und Fürsorge geachtet. Die Ausweitung und Sichtbarkeit dieses Schwerpunkts sind insbesondere dem Engagement der Landeskirche, von Landesbischof Ralf Meister, Vizepräsident Ralph Charbonnier und Andreas Behr zu verdanken, die sich dafür eingesetzt haben, das Thema noch stärker in den Mittelpunkt zu rücken.

Positive Bilanz – auch finanzieller Art

Auch finanziell zog Behr eine positive Bilanz: Vom durch die Synode bereitgestellten Budget werde ein kleiner fünfstelliger Betrag übrig bleiben. Mehr als 85.000 Euro Kollekte beim Eröffnungsgottesdienst kamen Projekten in der Landeskirche zugute. Insgesamt engagierten sich rund 4.500 Helferinnen und Helfer.

Behr betonte abschließend, dass die Begeisterung und das Engagement in den Gemeinden durch den Kirchentag spürbar gestiegen seien. Die Zusammenarbeit mit der Stadt Hannover habe hervorragend funktioniert – Oberbürgermeister Belit Onay bezeichnete den Kirchentag sogar als „Frühlingsmärchen“. Der Auswertungsprozess laufe noch, um aus Rückmeldungen für künftige Großveranstaltungen zu lernen. Behr zeigte sich zuversichtlich, dass viele der angestoßenen Projekte und Kooperationen nachhaltig wirken werden.

Begeisterung und Kritik seitens der Synodalen

Im Anschluss an den Bericht zum 39. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hannover meldeten sich zahlreiche Synodale mit ihren Eindrücken zu Wort. Roger Cericius (Sprengel Hannover) eröffnete die Aussprache mit einem sehr persönlichen Fazit: „Das war echt der Hammer, das war einfach mega!“ Besonders beeindruckt zeigte er sich von der Fröhlichkeit, Herzlichkeit und Zugewandtheit der Kirchentagsteilnehmenden. Cericius betonte, dass von diesem positiven Gefühl alle Akteure der Landeskirche profitieren können.

Ralph Scheferling (Sprengel Hannover) blickte ebenfalls positiv auf das Großereignis zurück: „Ohne jeden Zweifel war der Kirchentag für uns erfolgreich.“ Allerdings verwies er darauf, dass die Teilnehmerzahlen nicht an die Werte der 1980er Jahre oder von 2005 heranreichten. „Der Kirchentag war vor allem für uns“, so Scheferling. Noch immer hätten viele Menschen in Hannover nicht gewusst, was der Kirchentag eigentlich sei. „Da haben wir noch Luft nach oben“, resümierte er.

Im weiteren Verlauf der Aussprache äußerte Knut Laemmerhirt (Sprengel Hildesheim-Göttingen) deutliche Kritik an den hohen Eintrittspreisen des Kirchentags. Er betonte, dass dadurch viele Menschen ausgeschlossen würden, die sich die Teilnahme schlicht nicht leisten könnten. Auch die Preise an den Essensständen seien aus seiner Sicht „unverschämt“ gewesen. Darüber hinaus bemängelte Laemmerhirt, dass viele Podiumsdiskussionen zu akademisch geführt worden seien. „Auch damit schließen wir Menschen aus“, so seine Einschätzung.

Friedrike Einschenk (Sprengel Ostfriesland-Ems) äußerte Kritik an der Präsenz einer atheistischen Vereinigung, der sogenannten „Kirche des fliegenden Spaghettimonsters“, auf dem Markt der Möglichkeiten. Einschenk stellte infrage, ob ein solches Angebot im Rahmen des Kirchentags angemessen sei.

Ann-Marie Reimann (Sprengel Hannover) wies darauf hin, dass das Zentrum Jugend aus ihrer Sicht nicht optimal platziert gewesen sei. Sie hätte es sich im Herzen der Stadt gewünscht, um die Jugend stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Die Entscheidung, das Zentrum Jugend auf dem Messegelände unterzubringen, habe ihrer Meinung nach nicht ausgereicht, um diesem Anspruch gerecht zu werden.

Jugend stark vertreten – aber nicht überall sichtbar

Kea Irmer (Sprengel Ostfriesland-Ems) lobte ausdrücklich den Rave-Gottesdienst im Anschluss an den Abendsegen. „Zwei junge Menschen haben gemeinsam mit dem Landesbischof den Eröffnungsgottesdienst gestaltet – das war ein starkes Zeichen“, so Irmer. Viele junge Engagierte hätten große Verantwortung übernommen und eigene Projekte auf die Beine gestellt. Dennoch äußerte sie Kritik an der Staffelübergabe, bei der die Personen der Landesjugendkammern nachrangig behandelt worden seien.

Daniel Aldag (Sprengel Ostfriesland-Ems) lobte: „Die Flamme des Kirchentags ist übergesprungen – der Funke hat die nächste Generation erreicht.“ Besonders freute er sich darüber, dass Mitglieder der Landessynode sichtbar an zentralen Gottesdiensten teilnahmen.

Mehr Mut zu Begegnung und Nachtleben

Torben Salm (Sprengel Hildesheim-Göttingen) sieht weiteres Potenzial in der Zielgruppenansprache. Besonders Studierende und kirchenferne Menschen hätte man noch besser erreichen können. Unklar blieb für ihn auch, ob der Maifeiertag bewusst vom Kirchentag getrennt wurde – eine stärkere Verbindung hätte mehr Sichtbarkeit schaffen können. Positiv und selbstironisch hob er hervor: „Wir haben niemanden genervt – vielen ist gar nicht aufgefallen, dass der Kirchentag so viele Menschen angezogen hat.“ Besonders wichtig sei, dass der Kirchentag auch in der Nacht stattfinde – kreative Formate seien gefragt.

Ute Szameitat (Sprengel Lüneburg) betonte, dass es nie gelingen werde, alle zu erreichen – wie bei jeder Großveranstaltung. Kritik über mangelnde Information gehöre dazu, obwohl viel Öffentlichkeitsarbeit geleistet wurde. „Wir können uns doch einfach darüber freuen, wie viele Menschen da waren.“

Dank, Nachbesserung und Ausblick

Im Schlusswort äußerte Andreas Behr Bedauern über den Ablauf der Staffelübergabe: Die Jugend sei dort nicht angemessen eingebunden gewesen. Gleichzeitig betonte er, dass beim Markt der Möglichkeiten auch Gruppen vertreten sein dürfen, die provozieren, solange sie nicht gegen geltende Statuten verstoßen. Die Preisgestaltung sei immer ein Balanceakt, aber das Ziel bleibe: möglichst vielen den Zugang zu ermöglichen. Behr lobte das große Engagement der vielen Helfenden, ohne die der Kirchentag nicht möglich gewesen wäre. Feedback sei willkommen – unter feedback@kirchentag.de sowie über die Umfrage in der Kirchentags-App.