Gebäude: Last oder Zukunftsressource?

Eine weiblich lesbare Person an einem Rednerpult
Bild: Jens Schulze/Landeskirche Hannovers

Mit einem umfangreichen Bericht zur Entwicklung des Gebäudemanagements hat der Umwelt- und Bauausschuss der 26. Landessynode eine kritische Bestandsaufnahme vorgelegt. Im Mittelpunkt: der Umgang mit einem über Jahrzehnte gewachsenen Gebäudebestand, dessen Unterhalt zunehmend zur finanziellen und organisatorischen Herausforderung wird – und zugleich ein noch wenig ausgeschöpftes Potenzial für kirchliche und gesellschaftliche Zukunft.

Die Landeskirche Hannovers steht vor einer doppelten Herausforderung: Die Zahl der Kirchenmitglieder sinkt, gleichzeitig bleibt der Gebäudebestand groß. Viele Immobilien, darunter Kirchen, Gemeinde- und Pfarrhäuser, sind für die Gemeinden wichtige Orte des Glaubens und der Begegnung – aber sie kosten auch viel Geld im Unterhalt. Die Einnahmen aus der Kirchensteuer gehen zurück, während die Ausgaben für Heizung, Instandhaltung und Energie steigen. Immer häufiger stellt sich die Frage: Welche Gebäude braucht die Kirche wirklich – und wie können sie in Zukunft genutzt oder erhalten werden?

Immobilien: Mehr als nur Kostenfaktor

Der Bericht des Umwelt- und Bauausschusses macht deutlich, dass kirchliche Gebäude nicht nur finanzielle Belastungen sind. Sie sind Teil des Vermögens der Kirche und haben oft einen hohen ideellen Wert. Kirchengebäude prägen das Bild von Dörfern und Städten, sind Orte der Erinnerung, der Kultur und des gesellschaftlichen Lebens. Sie sind für viele Menschen – auch für kirchenferne – ein Stück Heimat und Identität. Der Ausschuss betont, dass der Erhalt dieser Gebäude nicht allein Aufgabe der Kirche sein kann, sondern eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung ist.

Das Gebäudemanagement der Landeskirche verfolgt das Ziel, den Bestand an Immobilien an die veränderten Bedingungen anzupassen. Das bedeutet: Die Kirchenkreise müssen regelmäßig prüfen, welche Gebäude sie für ihre Arbeit wirklich brauchen und welche nicht mehr finanzierbar sind. Dabei spielen auch Klimaschutz und Energieeffizienz eine immer größere Rolle. Die Landeskirche unterstützt die Kirchenkreise mit Handlungsempfehlungen, Beratung und – wo möglich – finanziell.

Bewahren, entwickeln, loslassen – aber wie?

Viele Kirchenkreise stehen dabei erst am Anfang. Es fehlt nicht am Willen, sondern an klaren Kriterien, personellen Ressourcen und mitunter auch an der Unterstützung bei Konflikten. Denn die Frage, welches Gebäude bleibt, welches geschlossen, verkauft oder umgewidmet wird, ist oft emotional aufgeladen. Die Empfehlung des Ausschusses: Verantwortung soll bei den Kirchenkreisen verbleiben, begleitet von Handlungsempfehlungen, aber ohne zentral verordnete Reduktionsquoten oder Kategorisierungssysteme.

Eine verbindliche landeskirchliche Vorgabe zur Reduktion des Gebäudebestands, wie sie andernorts diskutiert wird, lehnt der Ausschuss ab. Die Vielfalt der kirchlichen Räume, geografische und strukturelle Unterschiede sowie unterschiedliche Ausgangslagen bei Finanzkraft und Gebäudedichte machten ein einheitliches Ziel nicht nur unpraktikabel, sondern potenziell kontraproduktiv. Stattdessen setzt der Bericht auf differenzierte, lokale Entscheidungen, gestützt durch Beratung, Best-Practice-Austausch und verstärkte Professionalisierung.

Dabei wird auch auf die Chancen der Umnutzung hingewiesen: Kirchen als Kulturorte, Gemeindehäuser als Bildungsräume oder Wohnraum.

Voraussetzung dafür ist allerdings eine leistungsfähige Immobilienbewirtschaftung, die vielerorts erst aufgebaut werden muss. Der Ausschuss regt an, entweder durch die Kirchenkreise selbst oder durch externe Dienstleister professionelle Verwaltungsstrukturen zu schaffen – von der Vermietung bis zur Fördermittelakquise.

Ein bemerkenswerter Akzent liegt auf der gesellschaftlichen Dimension: Der Bericht plädiert für eine neue Verantwortungsgemeinschaft zwischen Kirche, Staat und Zivilgesellschaft beim Erhalt von Kirchengebäuden. In Zeiten, in denen kirchliche Ressourcen schwinden, müsse klar sein: Der Erhalt des kulturellen Erbes sei nicht allein Sache der verfassten Kirche. Wo Kirchen nicht mehr regelmäßig Gottesdiensträume sind, können sie dennoch Orte der Erinnerung, Begegnung und Identität bleiben – wenn neue Partnerschaften entstehen.

Verwaltung als Ermöglichung – nicht als Hemmnis

Kritisch äußert sich der Ausschuss in seinem Bericht zu langen Bearbeitungszeiten und komplizierten Abläufen bei der Genehmigung von Verkäufen und der Nutzung von Fördergeld. Hier seien Anpassungen dringend geboten, um handlungsfähig zu bleiben. Flexibilität, so das Fazit, dürfe nicht an Bürokratie scheitern. Auch die Ämter für Bau- und Kunstpflege könnten eine größere Rolle in der Begleitung der Kirchenkreise spielen.

Der Bericht des Umwelt- und Bauausschusses zeigt deutlich: Gebäudemanagement ist weit mehr als Reduktion. Es geht um einen bewussten Umgang mit Ressourcen, um den Erhalt von Gestaltungsspielräumen für die kirchliche Arbeit – und um die Bereitschaft, sich auf neue Wege einzulassen. Nicht alles kann bleiben, wie es war. Aber vieles kann bewahrt werden, wenn man es gemeinsam gestaltet. Dabei braucht es Mut, Geduld – und den festen Willen, Kirche nicht nur in Gebäuden, sondern mit Gebäuden für die Zukunft zu denken.

Benchmarking oder Vielfalt der Ausgangslagen?

Im Verlauf der Aussprache zum Bericht des Umwelt- und Bauausschusses hat Martin Sundermann (Sprengel Ostfriesland-Ems) die erstmalige Vorlage vergleichender Zahlen zum Gebäudebestand pro Gemeindemitglied ausdrücklich begrüßt. Er regte an, die Daten künftig noch detaillierter aufzubereiten. Sundermann fragte nach, wie die einzelnen Kirchenkreise anhand dieser Kennzahlen eingeordnet werden und wie die Ressourcen optimal eingesetzt werden können. Er bat darum, die zugrundeliegenden Zahlen transparenter zur Verfügung zu stellen, um gezielter analysieren zu können, wo Handlungsbedarf besteht.

Im Schlusswort machte Bettina Siegmund, Vorsitzende des Umwelt- und Bauausschusses, deutlich, dass die präsentierten Zahlen nicht als Maßstab für ein klassisches Benchmarking zu verstehen seien. Vielmehr solle die Übersicht verdeutlichen, wie unterschiedlich die Ausgangslagen in den Kirchenkreisen sind. Sie betonte, dass die Vielfalt der Strukturen und Herausforderungen vor Ort eine differenzierte Betrachtung notwendig mache.

Die Synode hat den Bericht (Aktenstück Nr. 121) mit 56 Ja-Stimmen angenommen. Sie nimmt den Bericht des Umwelt- und Bauausschusses betreffend Entwicklung des Gebäudemanagements in der Landeskirche, Sachstand und Handlungsperspektiven zustimmend zur Kenntnis.

EMA