Unsere Landeskirche - Begegnungen auf Hochdeutsch und Plattdeutsch
Sprengel in neuem Zuschnitt, Kirchenkreise im Aufbruch, Einrichtungen mit innovativen Projekten, Kirchengemeinden und Frömmigkeiten unterschiedlichster Couleur. Sie zeichnen ein Bild unserer Landeskirche. Auf der Reise durch Kirchenkreise und Einrichtungen waren die persönlich bewegenden Momente die Begegnungen mit Menschen. Von hunderten, ja tausenden müsste ich erzählen! Von all der Leidenschaft, der Profession, den bewegten Erzählungen aus neuer, jung erlebter oder jahrzehntelanger Kirchenmitgliedschaft. Und von denen, die in keinem Organigramm stehen.
Besuch im Kirchenkreis Bleckede. Mai-Sonne über den Feldern, wir halten an einer Kirche. Es empfängt uns ein Küster. Im Ruhestand, ehrenamtlich aktiv. Seit Jahrzehnten hat er seinen Dienst hauptamtlich geführt, nun wacht und sorgt er über den Gottesacker und den Kirchenraum mit der Treue des verantwortlichen Kirchengliedes. Er und seine Frau fühlen sich verantwortlich solange sie leben und können, dass diese Kirche geöffnet und gepflegt ist, dass Menschen gerne anhalten und hineingehen. Und er lebt in besonderer Weise auch seine persönliche Nähe zu diesem Raum. Das zeigt ein kleines Zeugnis an der Empore unter dem großen Emblemen des britischen Empires. Halbe Postkartengröße. Ein Foto von Kate und William, ausgeschnitten aus einer Zeitschrift und unter dieses schildgroße Emblem geheftet. „Eine spontane Überlegung“ erzählt er, „als wir die königliche Trauung im Fernsehen gesehen haben“. Und da hängen sie nur und lächeln hochzeitlich auf die Gemeinde: Kate und William. Ein Bild für eine besondere Liebe eines Küsters zu seiner Kirche.
Kirchenkreis Holzminden-Bodenwerder. Wir sind mit dem Fahrrad unterwegs an der Weser. Ein geplanter Besuch, wir wollen den kleinen Kirchenraum in Grave sehen und den schönen neuen Altar, der 2006 eingeweiht worden ist, mit einem faszinierend-tiefsinnigen Bild des Malers Martin Triegel. Eine Frau erzählt und beschreibt uns das Kunstwerk. Radwanderer und Touristen kommen, um dieses Bild zu sehen. Seit Jahren ist sie Gastgeberin für all die Vorüberreisenden. Ihre Mutter nimmt die Anrufe entgegen und koordiniert ihren Einsatz. Sie ist stolz auf das was sie tut. Und sie teilt diesen Stolz mit dem Kirchenvorstand, der Kirchengemeinde, dem Dorf. Ein Schatz in einer Kirche.
Kirchengemeinde Ayenwolde-Hatshausen. 1953 ist sie in der Kirchengemeinde Hatshausen konfirmiert. Sie steht in „ihrer“ Kirche und erzählt. Manchmal fällt sie ins Plattdeutsche zurück. Über Jahrhunderte skizziert sie die Kirche in Hatshausen im Bild der Pastorenschaft. Weit reicht sie zurück und kommt dann zu den persönlichen Begegnungen. Wie ihr die aufgeschlagene Tafel der Zehn Gebote, oberhalb der Empore an der Wand, durch einen Pastor im Kindergottesdienst erläutert wurde. So legt sie Geschichte an Geschichte. Zum Schluss endet sie mit einem plattdeutschen Gedicht. In diesem Gedicht findet sich die Liebe zur Kirche, die Treue über Generationen hinweg und eine Zuversicht, dass es bleibt: das Wort Gottes in dieser Welt, in unserer Landeskirche:
Wo vööl Joahren sünd vergoahn!
Wo vööl Minschken hett dat geben, wovööl hemm se docht und doan!
Du, Herr, büst de sülvig bleeben, de vull Leev’d un Goedigkeit mit uns geiht.
Blief bi uns in toekom’n Tied.
Geev uns Doerp un Kark dien Segen.
Moak uns Minschkenharten wiet – wovööl Hülp henn wi al kregen –
Kom du in uns Hart un Sinn deep herin.
Und für alle, die in Plattdeutsch nicht so bewandert sind:
Wie viele Jahre sind vergangen,
wie viele Menschen hat es gegeben, wie viel haben sie gedacht und getan!
Du, Herr, bist derselbe geblieben, der voller Liebe und Güte mit uns geht.
Bleib bei uns auch in der Zukunft,
gib unserem Dorf und unserer Kirche deinen Segen.
Mache uns Menschenherzen weit – wie viel Hilfe haben wir schon bekommen
komm du tief in unser Herz und unseren Sinn hinein.
Landesbischof Ralf Meister