Startseite Archiv Pressemitteilung vom 22. September 2008

Landesbischöfin: Verfehlungen offen aussprechen

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Bei der Auftaktveranstaltung zu dem neuen Eltern-Baby-Projekt MALIBU in Springe äußerte sich Landesbischöfin Dr. Margot Käßmann zu den ersten Ergebnissen der Recherche "Gewalt und Unrecht in der Heimerziehung der 50er und 60er Jahre", die vom Diakonischen Werk der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers in Auftrag gegeben worden war.

In ihrem Vortrag über „Kinder und Kirche“ sagte Käßmann: „Ganz offensichtlich gab es in der Vergangenheit Verfehlungen in kirchlichen bzw. diakonischen Einrichtungen. Das gilt es offen auszusprechen. Auch in kirchlichen Heimen wurde mit Gewalt erzogen, stellen wir mit großem Erschrecken fest. Wie in der Gesellschaft insgesamt galt auch in der Kirche die Prügelstrafe als normal, institutionelle Gewalt wurde als Teil des Erziehungssystems gesehen, manches Mal wurden sogar noch die Verletzbarsten verletzt. Wo das geschah, da haben wir auch als Institution Schuld auf uns geladen, es führt kein Weg daran vorbei, das auszusprechen und anzuerkennen. Aus unserer heutigen Sicht ist diese Art Pädagogik der körperlichen Bestrafung und seelischen Demütigung absolut inakzeptabel.“

Zu den Vorwürfen, es habe in den 50er und 60er Jahren in den Erziehungsheimen auch Vergewaltigungen gegeben, sagte die Landesbischöfin: „Zudem gab es, das zeigen, die Untersuchungen, die unser Diakonisches Werk eingeleitet hat, auch Menschenrechtsverletzungen, sexuelle Übergriffe durch Einzelne in unseren Institutionen. Das muss aufgedeckt werden, die Opfer müssen gehört und die Täter ermittelt werden.“

Käßmann begrüßte die Vorlage des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages, der zu folge in einer bundesweiten Konferenz Vertreter von Betroffenen und ehemalige Betreiber der Heime über Hilfen für Geschädigte beraten sollen.

In ihrem Vortrag betonte die Landesbischöfin den grundlegenden Wandel in der Erziehung: „Die Qualitätskontrollen unserer Einrichtungen, die regelmäßigen Mitarbeitergespräche, die erhöhte Aufmerksamkeit schützen Kinder seit Jahren auf die bestmögliche Weise. Wir dürfen nicht zulassen, dass die hervorragende, das Kind stützende und fördernde Arbeit unser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen heute durch die Verfehlungen der Vergangenheit in Frage gestellt wird.“ Im Blick auf gewaltlose Erziehung sagte sie: „Die Integrität und Würde des Kindes muss geschützt und verteidigt werden. Kinderrechte sind nicht niedlich, sie sind elementare Menschenrechte, für die wir als Kirchen einzutreten haben.“

Der komplette Vortragstext ist -> hier veröffentlicht.

Hannover, 22.9.2008
Pressestelle der Landeskirche
Dr. Johannes Neukirch, Pressesprecher