Startseite Archiv Nachricht vom 22. Juni 2022

Bischof Meister: Antisemitisches Werk hätte nie gezeigt werden dürfen

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Hannover, Celle. Nach Antisemitismusvorwürfen gegen die „documenta fifteen“ mehrt sich die Kritik an der Leitung der Kunstausstellung. Der evangelische Landesbischof Ralf Meister verwies gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd) darauf, dass bereits seit Monaten über antisemitische Tendenzen bei den Kuratorinnen und Kuratoren der documenta diskutiert werde. „Ich hätte mir früher ein entschiedenes Eingreifen der Verantwortlichen gewünscht, ein solches Bild hätte nie öffentlich ausgestellt werden dürfen“, betonte er mit Blick auf das antisemitische und israelfeindliche Motive zeigende Werk „People's Justice“ des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi.

„Unter dem Deckmantel der Kunstfreiheit auch nur im Ansatz das Existenzrecht Israels in Frage zu stellen und mit Kunstwerken antisemitische Stereotypen zu verbreiten, ist der documenta nicht würdig“, kritisierte Meister. Zugleich zeige sich aber, dass es auch in der Kunstszene antisemitische Strömungen gebe, denen sich die Gesellschaft entschieden entgegenstellen müsse, betonte Meister. Der Aufsichtsrat der documenta hatte nach erheblichen Protesten und einer zwischenzeitlichen Verhüllung des umstrittenen Werks am Dienstagnachmittag angekündigt, das monumentale Banner abbauen zu lassen.

Zuvor hatten auch prominente Persönlichkeiten aus Niedersachsen eine Entfernung des Kunstwerks aus der Ausstellung gefordert. „Die Arbeit des Künstlerkollektivs Taring Padi ist in einigen Partien für mich eindeutig diskriminierend und darüber hinaus auch klar antisemitisch“, sagte Direktor des Sprengel Museums Hannover, Reinhard Spieler, am Dienstag auf epd-Anfrage. Das Kunstwerk bringe das innovative Konzept des documenta-Kuratorenteams in Misskredit.
Für den Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen forderte der Vorsitzende Michael Fürst: „Weg mit dieser Kunst, die keine ist.“ Die documenta-Leitung müsse jetzt Verantwortung übernehmen oder abberufen werden. Selbstverständlich dürfe Kunst auch politisch sein und sich mit den Problemen des Staates Israel kritisch beschäftigen - „aber eben nicht feindlich“, unterstrich Fürst.

Nach Ansicht der Leiterin der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Elke Gryglewski, ist es Aufgabe der Kunst, Bekanntes, Althergebrachtes und Stereotypen zu hinterfragen und zu neuen Perspektiven zu kommen. „Erlaubt sind kreative Formen, die dezidiert neue Impulse geben“, erläuterte Gryglewski, zu deren Stiftung auch die KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen gehört. „Problematisch werden Darstellungen, wenn sie bestehende Narrative widerspiegeln.“ Die Zeichnungen auf der documenta tradierten bestehende antisemitische Bilder wie Gleichsetzungen zwischen israelischen Sicherheitskräften und nationalsozialistischen Organisationen oder antisemitische Gesichtszüge. Deshalb seien sie tabu.

Das zunächst mit einem schwarzen Tuch verhängte Banner mit dem Titel „People's Justice“ zeigt unter anderem einen Mann in Anzug und Krawatte, mit haifischartigen Raffzähnen und einer Zigarre. Eine angedeutete Schläfenlocke hängt herunter, auf dem Hut prangt die SS-Rune. Auf einem anderen Detail wird unter einem Kanonenrohr eine Person in Uniform gezeigt, sie trägt die Nase eines Schweins, das bei gläubigen Juden als unrein gilt. Auf dem roten Halstuch ist der Davidstern zu sehen, auf dem Helm der Name des israelischen Geheimdienstes Mossad. Das für die Arbeit verantwortliche Künstlerkollektiv „Taring Padi“ hatte erklärt, das Werk stehe „in keiner Weise mit Antisemitismus in Verbindung“.

epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen