Startseite Archiv Nachricht vom 27. April 2021

Arbeitshilfe zu Martin Luther King

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Der Kampf von Martin Luther King gegen Rassismus ist noch heute aktuell. Dr. Ute Beyer-Henneberger hat an einer Arbeitshilfe über den Bürgerrechtler und Pastor mitgearbeitet und erzählt im Interview, was sie auf einer Studienreise nach Atlanta auf seinen Spuren beeindruckt hat.

Frau Dr. Beyer-Henneberger, Sie waren 2016 in Atlanta bei einer Studienreise auf den Spuren Martin Luther Kings. Nun haben Sie eine Arbeitshilfe mit-herausgegeben, die sich um sein Leben und Wirken dreht. Hat Sie die Reise in die USA dazu gebracht?

Beyer-Henneberger: „Sicherlich. Die Grenzen zwischen Weiß und Farbig sind dort immer noch stark zu sehen, man weiß meistens ohne weiteres, in welchem Viertel man gerade ist. Die Einfamilienhäuser mit Vorgarten und der Doppelgarage gehören selten farbigen Menschen. Rassismus und Ungleichheit sind noch nicht überwunden. Auch Spannungen in der Gesellschaft und die Konflikte zwischen den Bevölkerungsgruppen sind nicht gelöst. Rassismus und Ungerechtigkeit sind immer noch Thema. In Atlanta gibt es einen Spruch, der es leider immer noch gut trifft: die Menschen in der Stadt seien ,to busy to hate‘ – also: müssten sie nicht so viel arbeiten und wären sie nicht ständig mit anderen Dingen beschäftigt, würde es viel mehr Reibungspunkte geben und mehr Konflikte würden aufflammen.“

Sie hatten vorher wenig Berührungspunkte in Ihrer Arbeit mit Martin Luther King. Was hat Sie dazu bewogen, sich nun dezidiert mit ihm auseinanderzusetzen und die Arbeitshilfe zu entwerfen?
Beyer-Henneberger: „Was mich wirklich beeindruckt hat, war z.B. das Civil Rights Movement-Center. An einer Stelle konnte man sich auf einen Hocker setzen, sich vorstellen, man sei in einer Bar und bekam über einen Kopfhörer das zu hören, was farbige Menschen gehört hätten, hätten sie zur Zeit der Rassentrennung in den 60er Jahren bei einem Sit-in die Bar betreten: sie wurden angepöbelt, zunehmend lauter beschimpft, geschlagen; man hört Schläge und das Geräusch von Bier, das einem über den Kopf gegossen wird. Nach ein, zwei Minuten habe ich es nicht mehr ausgehalten und die Kopfhörer abgenommen. Aber das alles, die Demütigung und die Gewalt, ist Menschen wirklich passiert. Was für einen Mut und eine Stärke hatten sie! Sie blieben trotzdem sitzen und haben gewaltlos für ihre Rechte gekämpft! Gewaltfreier Widerstand, wie ihn King immer gefordert hat, ist eine sehr schwere Aufgabe!“ 

Wie übersteht man so etwas?
Beyer-Henneberger: „Gute Frage – diese Erlebnisse haben mir auf jeden Fall eine gehörige Portion Respekt vor dem Engagement Martin Luther Kings und all seiner Mitstreiter*innen verschafft. Man braucht so viel Mut, solch einen Weg zu gehen. Und: Man kann das nicht allein! King hatte eine wichtige Ressource: die Black Church – seine Gemeinde. Sie alle zusammen haben viel in Kauf genommen, Morddrohungen, Gefängnis – schließlich auch den Tod. Ich denke, das geht nur mit einem unglaublichen Gottvertrauen.“

Was können Schülerinnen und Schüler – abseits vom Thema Rassismus – aus der Beschäftigung mit King lernen?
Beyer-Henneberger: „Sie können versuchen, seinen Kampf auf ihre heutige Lebenswelt zu übertragen und können sich frage: Wo sollten wir womöglich ähnlich unnachgiebig für unsere Ziele kämpfen und wie begegnen wir den Herausforderungen unserer Zeit? Die Klippe dabei ist gewissenmaßen, King nicht zum Heiligen zu verklären, nicht zu sehr zu heroisieren. Zum einen hatte er viel Rückhalt in den Gemeinden der Black Church, das wird oft vergessen. Ohne die kirchlichen Strukturen wäre sein Lebensweg nicht denkbar gewesen. Zum anderen war er auch „nur ein Mensch“ – wenn auch ein bemerkenswerter.“

Sehen Sie jemanden in der heutigen Zeit, der oder die ihm in dieser Hinsicht nahekommt?
Beyer-Henneberger: „Aktuell sehe ich keine Einzelperson, jedenfalls keine Person mit solch einer Ausstrahlung und theologischen Tiefe. Vielleicht war Nelson Mandela so jemand, der dieses Charisma hatte und Menschen dazu ermutigen konnte, sich auf den Weg zu machen und für ihre Rechte einzutreten. Als Bewegung ist das damalige Engagement vielleicht mit  der ,Fridays for future‘ -Bewegung vergleichbar, die auch einer starken Vision folgt, Menschen, die aufstehen und sagen: Wir nehmen den Klimawandel und die Zerstörung der Erde nicht mehr hin. Dies ist unsere Aufgabe heute und die nehmen wir an.“

Martin Luther Kings vielleicht berühmteste Rede ist die „I have a dream…“-Rede. Was wäre Ihr Traum?
Beyer-Henneberger: „Ich wünschen mir, dass wir heute überlegen, wo wir herausgefordert sind, dass wir das in den Blick nehmen, aufbrechen und dabei entdecken, welche Quelle der christliche Glaube dafür sein kann. Dass wir nicht die resignieren und die Welt, so wie sie ist, als alternativlos betrachten. Und im Hinblick auf den auch bei uns vorhandenen Rassismus: dass wir sensibel bleiben und die Zivilcourage haben, die Herabwürdigung und Benachteiligung von Menschen beim Namen zu nennen und dagegen vorzugehen.“

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Die Arbeitshilfe

Vor 60 Jahren formulierte Martin Luther King seinen Traum von einer Welt, in der Menschenwürde und Gerechtigkeit für alle Menschen unabhängig von ihrer Hautfarbe gelten. In seinen Reden, seinem theologischen Denken und seinem Kampf hat er sich für dieses Ziel eingesetzt. Heute ist dies  – leider – nach wir vor hochaktuell.

Die Arbeitshilfe will das Leben und das Engagement Kings würdigen, seiner Vision Gehör verschaffen und sensibilisieren für Rassismus und Benachteiligungen heute. Sie bietet Texte und Materialien für die Auseinandersetzung mit ihm in Schule und Gemeinde für die Sekundarstufe I und II. In Teilen ist sie auch nutzbar für die Erwachsenenbildung.