Startseite Archiv Nachricht vom 19. Oktober 2020

Landwirtschaftspastorin sieht Gefahr für weiteres Höfesterben

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Hannover. Die hannoversche Landwirtschaftspastorin Ricarda Rabe warnt vor einem weiteren Höfesterben, das durch die Corona-Krise noch befeuert werden könnte. Insbesondere Schweinehalter seien massiv unter Druck, sagte die evangelische Pastorin im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Bauern sind Krisenzeiten gewohnt. Aber im Moment sind viele sehr verzweifelt." Viele schweinehaltende Bauern sähen keine Chance mehr, den Betrieb an ihre Kinder zu übergeben.

Nicht erst durch den Schweine-Stau, den die Schließung von Schlachthöfen nach Corona-Ausbrüchen bei den Mitarbeitern verursacht habe, breche der Absatz weg. "Das Problem fing schon an, als die Verpflegung außer Haus weggefallen ist", erläuterte Rabe. "Dazu zählen etwa Bundesliga-Spiele, wo normalerweise an jedem Wochenende in den Stadien Bratwurst verzehrt wird." Durch das Auftreten der Afrikanischen Schweinepest sei zudem der Export von Schweinefleisch etwa nach China und Südkorea weggefallen. Der Schweinepreis liege bei 1,27 bis 1,25 pro Kilo. Rentabel wären 1,60 bis 1,70 Euro.

Die Not der Bauern zeige sich auch in den Anrufen bei drei Sorgentelefonen für Landwirte in Niedersachsen und bei den beiden Familienberatungsstellen, von denen die evangelischen Kirche eine trage, sagte Rabe. "Das Thema häusliche Gewalt nimmt zu." Viele Landwirte hätten nicht gelernt zu reden. Ihr Einkommen breche weg, und sie müssten trotzdem weiterarbeiten. "Sie gehen weiter in den Stall und füttern ihre Schweine, und sie wissen nicht wofür. Sie zahlen drauf. Wenn da die Verzweiflung hochbricht, kann ich das verstehen."

Auch die mangelnde gesellschaftliche Akzeptanz mache den Beruf für Hofnachfolger wenig attraktiv, sagte Rabe. Nur noch 1,5 bis zwei Prozent der Bevölkerung arbeiteten direkt in der Landwirtschaft. "Die Übrigen wissen zum Teil nicht mal, dass eine Kuh ein Kalb gebären muss, um Milch zu geben." Dennoch maßten sich viele Menschen Urteile an, beklagte die Pastorin. "Das ist so, wie es manchmal achtzig Millionen Bundestrainer vor dem Fernseher gibt. Vom Sofa und am gedeckten Tisch lässt sich leicht sagen, wie es anders geht."

Um Verbesserungen etwa beim Tierwohl zu erreichen, seien klare politische Vorgaben nötig, sagte Rabe, die auch der Tierschutzkommission von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) angehört. Diese müssten auch über eine Legislaturperiode hinaus Bestand haben. "Wer einen Stall umbaut, nimmt einen richtig großen Kredit auf. Dann kann es nicht sein, dass nach fünf Jahren das, was zu der Zeit genehmigt worden ist, nicht mehr rechtens ist." 

epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen