Startseite Archiv Nachricht vom 15. Februar 2019

Experten: Rechtspopulismus ist salonfähig geworden

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Hannover. Rechtspopulistische Positionen sind kirchlichen Fachleuten zufolge in den vergangenen Jahren wieder gesellschaftsfähig geworden. "Was früher hinter vorgehaltener Hand gesagt wurde, wird heute offen hinaus posaunt", sagte Pastor Wilfried Manneke am Freitag bei der jährlichen Vollversammlung der "Initiative Kirche für Demokratie - gegen Rechtsextremismus" (IKDR) in Hannover. Inhaltlich neu seien die rechten Positionen nicht, unterstrich der evangelische Theologe aus Unterlüß bei Celle. Die Flüchtlingskrise 2015 habe dabei aber "den Deckel gehoben". Politiker der AfD gingen dieser Entwicklung mit öffentlichen Aussagen voran.

Die Publizistin Liane Bednarz sagte, in den vergangenen Jahren sei es zu einer verstärkten Zusammenarbeit von konservativ-christlichen Akteuren mit rechtsradikalen Gruppierungen gekommen. "Diese Kontaktaufnahme hätte es früher nicht gegeben. Das ist eine Grenzüberschreitung." So gebe es zahlreiche konservative Aktivisten und Autoren, wie den früheren Spiegel-Autor Matthias Matussek, die heute etwa mit der vom Verfassungsschutz beobachteten "Identitären Bewegung" zusammenarbeiteten. Rechtspopulistischen Positionen seien mit Thilo Sarrazin und der AfD salonfähig geworden.

Gefährlich werde Rechtspopulismus wenn er in offene Verachtung etwa gegen Homosexuelle oder Flüchtlinge umschlage. Auch unter Kirchenmitgliedern gebe es solche Tendenzen, sagte Bednarz, die in einem neuen Buch vor der "Unterwanderung" der Kirchen durch rechte Christen warnt. Es handele sich meist um sehr konservative Gläubige, die immer mehr rechtes Gedankengut entwickelten. Das Milieu verenge christliche Positionen auf Aspekte wie Abtreibung, Islam und die Gender-Debatte. Aktuell entzünde sich zudem viel Kritik an der "Ehe für alle". Ein bundesweiter Schwerpunkt rechter Christen sei Baden-Württemberg.

In Niedersachsen seien rechtsextreme Netzwerke vor allem in der Lüneburger Heide und im Harz stark, ergänzte der IKDR-Vorsitzende Manneke. Es handele sich dabei um strukturschwache Regionen mit sinkender Einwohnerzahl und geringer Wirtschaftsleistung. Strategie der rechten Bewegung sei es, die Städte vom Land aus zu "erobern". In seiner Kirchengemeinde begegneten ihm rechtspopulistische Haltungen jedoch nur am Rande - etwa bei Feiern. Wichtig sei, rechte Äußerungen nicht unwidersprochen im Raum stehen zu lassen: "Man muss sich dagegen äußern, um sich selbst zu positionieren und anderen ein Beispiel zu geben."

 

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen