Startseite Archiv Nachricht vom 30. Oktober 2018

Rabbiner Lengyel fordert mehr politische Predigten gegen Rassismus

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Hannover. Rabbiner Gabor Lengyel aus Hannover hat christliche Pastoren und jüdische Rabbiner aufgefordert, verstärkt politische Predigten gegen Rassismus zu halten. "Nach den Ausschreitungen in Chemnitz, eine Predigt zu halten über die Liebe und den Glauben, ohne auf Chemnitz einzugehen, ist eine Sünde", sagte Lengyel am Dienstagabend in Hannover bei einer Veranstaltung der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers zum Reformationstag (31. Oktober). "Wenn in unserer Gesellschaft Grundsätzliches ins Rutschen gerät, kann ein Pastor oder Rabbiner nicht schweigen."

Gemeinsam mit Landesbischof Ralf Meister sprach Lengyel bei der Veranstaltung "Was gesagt werden muss. Reformation und Judentum", die künftig jedes Jahr am Vorabend des Reformationstages in der evangelischen Marktkirche stattfinden soll. Er mache sich große Sorgen über den wachsenden Rassismus und Nationalismus in Europa, sagte der Rabbiner. "Die Partner im christlich-jüdischen Gespräch müssen diese schmerzenden Themen öffentlich und mit starker Stimme bekämpfen." Gerade heute, wo die liberale Demokratie angefochten sei und ihre Gegner immer lauter würden, müssten Pastoren und Rabbiner Lehren aus ihren gemeinsamen biblischen Quellen schöpfen und dies in politischen Predigten umsetzen.

Unter Applaus betonte Lengyel, der zur Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover gehört: "Ich bin bereit, in christlichen Kirchen mehr zu predigen, damit meine jüdische Stimme andere Kreise der evangelischen Kirchen erreicht." Er selbst habe auch keine Minute gezögert, die Einladung zu der Veranstaltung in der Marktkirche anzunehmen - "auch dann, wenn ich möglicherweise gerade von jüdischer Seite Kritik erfahren werde". In der Diskussion um den neu eingeführten Reformationstag in Niedersachsen hatte es Verstimmungen innerhalb der jüdischen Gemeinden gegeben. Jüdische Vertreter wiesen immer wieder auf judenfeindliche Äußerungen des Reformators Martin Luther (1483-1546) hin.

Landesbischof Meister unterstrich: "Der christliche Glaube schließt jede Form von Judenfeindschaft aus. Das kann man nicht oft genug sagen, weil es auch in der Kirche antijudaistische Vorstellungen gibt." Jesus sei als Jude nicht ohne die Geschichte Gottes mit dem jüdischen Volk zu denken, und Christen und Juden hätten den ersten Teil der Bibel, das Alte Testament, gemeinsam, betonte Meister: "Heute gilt es nicht, das Verschiedene zu pflegen, sondern die Gemeinsamkeit zu stärken." Die evangelische Kirche müsse die zentralen Lehren der Reformation immer wieder neu bedenken, um nicht "in abwertende Stereotype über das Judentum zu verfallen".

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen