Startseite Archiv Nachricht vom 16. Oktober 2018

Mit Mut Zukunft gestalten: Kirchenkreisempfang in Duderstadt zum Thema „Region 2030 – lebenswert und digital?!“

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Duderstadt. Was die Zukunft bringen wird, kann niemand wissen. Manche Herausforderungen – demografischer Wandel, Mobilität, Digitalisierung – sind jedoch bekannt und werfen die Frage auf, wie man sich ihnen stellt und wer sich ihnen stellt. Für die Kirche gehört all das nicht zu den wichtigsten Themen, möchte man meinen, doch beim Empfang des Kirchenkreises Harzer Land im historischen Rathaus in Duderstadt wurde deutlich, dass gerade sie daran interessiert ist, bei gesellschaftlichen Weichenstellungen gestalterisch mitzuwirken.

Gleich bei der Begrüßung machten Bürgermeister Wolfgang Nolte und Superintendent Volkmar Keil deutlich, wie wichtig ein gutes Miteinander von Kirchengemeinden und Kommunen ist, auch und gerade im ländlichen Raum. Immerhin geht es um die Lebensqualität der Menschen und die wird nun einmal von beiden entscheidend mitbestimmt. Daher, so Keils Wunsch, soll sich der Kirchenkreisempfang als Möglichkeit der Begegnung etablieren und dieses Miteinander beider christlicher Kirchen und der Kommunen im Harzer Land noch intensivieren.

Als Referent für den Abend konnte Detlef Raphael, Beigeordneter des Deutschen Städtetages, gewonnen werden, der zum Thema „Region 2030 – lebenswert und digital?!“ einige interessante Punkte ansprach. In der Politik, so begann er, gebe es viele Arbeitsgruppen zu diesem Thema und  im Deutschen Städtetag habe man insbesondere ein Auge auf die ländlichen Regionen und überlege, wie es zu schaffen ist, dass im Zuge stetig schneller werdenden Fortschritts niemand abgehängt wird.

„Es müssen nicht überall gleiche Verhältnisse geschaffen werden“, so Raphael, „wohl aber gleiche Teilhabemöglichkeiten.“ Der ländliche Raum habe wie auch die Städte spezifische Vorteile. Das wiederum führe aber auch zu unterschiedlichen Bedürfnissen und Interessenlagen. Dadurch wird eine Gestaltung der Zukunft zusätzlich kompliziert. Hinzu komme, dass eben dieses Gestalten nicht den Aufbau von etwas Statischen bedeute, sondern einen dauerhaften Veränderungsprozess unterliegt. „Ich habe keine fertigen Antworten“, stellte der Referent daher fest.

Geborgenheit und Heimat seien vielen Menschen wichtig, insbesondere im ländlichen Raum. Dennoch haben wir es mit Globalisierung und Digitalisierung zu tun. „Sind das Unvereinbarkeiten?“, fragte Raphael provokant. Grundsätzlich habe jeder individuelle Ansprüche an seine Art zu leben, ganz spezifische Bedürfnisse. Im ländlichen Raum stellen sich die Mobilität und der Fachkräftemangel als große Probleme, auch für die nächsten Jahre dar.

Zudem müsse man hinterfragen, ob unser Bildungssystem noch zeitgemäß ist, wenn es Dinge lehrt, die schon beim Berufseintritt der heutigen Schüler überholt sind. Daher müsse man die Frage stellen, wie wir flexibel werden, unter anderem auch vor dem Hintergrund von Immobilien und Leerstand in den kleineren Innenstädten. All das gelte es für die Zukunft unter einen Hut zu bringen und Modelle anzubieten, die jedem Einzelnen gerecht werden.

Seine Vision, so führte Raphael aus, sei, dass er in ein paar Jahren nicht mehr nur klassisch eine Wohnung miete, sondern ein gesamtes Paket, sozusagen als Flatrate. Das müsse dann von Strom und Wasser alles beinhalten bis hin zur Mobilität vor Ort und selbstverständlich auch vernetzte und aufs Individuum zugeschnittene Dienstleistungen. Ihm schwebe das als grobes Modell eine Karte vor, die jeder für seine Region bekomme und die sämtliche Anträge für benötigte Leistungen beinhaltet.

„Über solche Modelle müssen die Kommunen nachdenken, denn wenn sie es nicht machen, werden es früher oder später die großen Unternehmen tun“, so seine Warnung. Es gehe hier in erster Linie die Datenhoheit, die ja aktuell ein wichtiges Diskussionsthema ist. „Darüber hinaus muss aber auch eine Debatte darüber geführt werden, wie wir selber mit unseren Daten umgehen“, führte der Referent weiter aus.

Gerade im ländlichen Raum spiele die digitale Infrastruktur eine immer bedeutendere Rolle und werde zu dem Thema der kommenden Jahre. Die Gesundheitsversorgung hänge daran und vieles mehr. Daher müssten die Kommunen dringend den Mut aufbringen, sich diesen Veränderungen zu stellen, um nicht irgendwann von anderen überrollt zu werden.

Detlef Raphaels Vortrag ließ die Zuhörer, auch die Vertreter aus der Politik, nachdenklich und mit vielen Fragen zurück. Einige konnten sie dem Referenten im weiteren Verlauf des Abends noch stellen, andere werden vermutlich irgendwann demnächst erst relevant. Und wieder andere erübrigen sich vielleicht auch, weil manchmal eben doch alles anders kommt als es planbar gewesen wäre. Dennoch geht es für eine Gesellschaft immer darum, „mit Mut Zukunft zu gestalten“, mahnte Raphael. Und Superintendent Volkmar Keil stellte fest: „Früher brauchten wir fünfzig Generationen, um so viele Veränderungen zu erleben, wie wir jetzt in einem einzigen Leben meistern müssen.“

Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis Harzer Land