
Wilfried Manneke ist Pastor in Unterlüß in der Südheide. Er engagiert sich seit vielen Jahren gegen Rechtsextremismus. Im Juni wurde er für seinen Einsatz vom Zentralrat der Juden mit dem Paul-Spiegel-Preis ausgezeichnet. Im Interview kritisiert er die massiven Grenzüberschreitungen in Chemnitz in den letzten Tagen und macht deutlich, dass Rechtsextremismus und christlicher Glaube miteinander nicht zu vereinbaren sind
Wie beurteilen Sie die Geschehnisse in Chemnitz?
Wilfried Manneke: Ich bin erschrocken über die Ausschreitungen in Chemnitz. Hetzjagd auf Menschen, nur weil sie ausländisch aussehen. Öffentliches Zeigen des Hitlergrußes. In Chemnitz wurden am Wochenende massiv Grenzen überschritten. Verbale, verletzende Grenzüberschreitungen sind ja in letzter Zeit wiederholt von AFD-Politikern begangen worden. In Chemnitz hat ein rechter Mob nun Taten folgen lassen.
Kann sowas auch hier in Niedersachsen passieren?
Die aktuellen Ereignisse in Chemnitz werden von manchen Beobachtern als Ausdruck einer längeren Entwicklung gesehen. Städte, Dörfer und Kreise wären von der Bundesregierung mit dem Zuzug von Asylbewerbern allein gelassen worden. Das rächt sich nun, wird gesagt. Ich sehe aber ein weiteres Problem: Besonders in Sachsen wurden die Gefahren, die vom Rechtsextremismus ausgehen, bisher zu sehr verharmlost. Das rächt sich jetzt auch.
Was kann man jetzt tun?
"Die Würde des Menschen ist unantastbar." Sie zu achten und zu schützen ist aber nicht allein die Aufgabe des Staates. Sie ist auch unsere Aufgabe. Deshalb dürfen wir weder Ausländerfeindlichkeit tolerieren noch die Meinung, dass nur das Starke gut sei. Wir können uns nicht vornehm heraushalten, wo wir rechtsextreme Meinungen hören. Wir müssen Stellung beziehen. Wenn Menschen angegriffen werden, Ausländer diffamiert oder verfolgt werden, dann müssen wir reagieren. Rechtsextremismus widerspricht fundamental unseren christlichen Grundüberzeugungen und Maßstäben. Als Christ muss ich sogar sagen: Rechtsextremismus und christlicher Glaube sind unvereinbar.
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