Startseite Archiv Nachricht vom 25. Juni 2018

„Ponte“ baut Geflüchteten Brücken in den Arbeitsmarkt

Die vollständige Darstellung von Archivmeldungen befindet sich noch im Aufbau. Schauen Sie in Kürze noch mal vorbei!

Hannover. "Ponte macht Spaß" sagte am Mittwoch Ulf-Birger Franz bei einer Präsentation des Ausbildungsprojektes für Geflüchtete im Haus kirchlicher Dienste in Hannover. Der Dezernent für Wirtschaft, Verkehr und Bildung der Region Hannover lobte das kirchliche Projekt, das die Region jetzt im dritten Durchgang wieder mit 71.000 Euro fördern wird. Bei der Abendveranstaltung präsentierten zwei arabische Flüchtlinge ihre Fortschritte und vor den 60 Gästen diskutierten Fachleute und Betroffene kritisch über die Rahmenbedingungen, unter den Geflüchtete in den deutschen Arbeitsmarkt kommen.

"Wir müssen Wege finden, sie relativ schnell in den Beruf zu bekommen und andererseits die Anforderungen des deutschen Arbeitsmarkt erfüllen", so Franz. Er dankte den insgesamt 53 ehrenamtlichen Paten, die die insgesamt 74 Geflüchteten in drei Durchgängen betreut haben. Aktuell werden 18 Flüchtlinge aus Mali und Eritrea, Syrien und Palästina, Irak, Libanon und Afghanistan von 13 Ehrenamtlichen betreut, beraten, bei Bewerbungen unterstützt und als Türöffner sogar in Ausbildung vermittelt. Dies sind unter anderem Lehrer, Ingenieure und Personalleiter. Weitere Paten werden gesucht. Ponte hilft beispielsweise mit Informationen, Austausch und Bewerbungstrainings. Im dritten Durchgang des Projektes namens „PonteAzubis“ kooperieren das Diakonischen Werk, der kirchlichem Dienst in der Arbeitswelt und die Region Hannover.

Ammar Shebli hatte in Syrien vier Semester Mathematik studiert, bevor er im Februar 2016 nach Deutschland kam. Der 23-Jährige hatte viele Bewerbungen ohne Erfolg geschrieben, lernte dann Ponte und den Ingenieur Ghalib Rababah kennen. Nun hat er eine Ausbildungsvertrag als Industriemechaniker unterschrieben. "Ich habe gelernt: Ich muss die Regeln des Unternehmens respektieren und Interesse am Beruf zeigen". Er wünscht sich Anerkennung seiner Arbeit und dass man ihm nicht mit pauschalen Vorurteilen begegnet.

Amjad Qutob verschickte auch vergeblich 15 Bewerbungen. "Dank PonteAzubis habe ich jetzt meine Berufsausbildungsvertrag als Elektroniker für Betriebstechnik unterzeichnet", berichtete der 23-jährige Palästinenser. Er lernte: "Ich muss pünktlich, zuverlässig und kommunikativ sein".

Der syrische Videoblogger Alaa Faham zeigte und kommentierte einige seiner Comedy-You-Tube-Filme, die Alltagssituationen über kulturelle Unterschiede zeigen. So lehnt man in Syrien angebotenes Essen zunächst immer ab. In Deutschland bekommt man dann wirklich nichts und bleibt hungrig.

Projektleiterin Waltraud Kämper, Referentin für den Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt im Haus kirchlicher Dienste, forderte einen Nachteilsausgleich für Nicht-Muttersprachler in der Berufsschule. Sonst könnten Matheprüfungen zu versteckten Deutschprüfungen werden, weil die Textaufgabe nicht verstanden wurde. Personalleiter müssten mehr auf die Potenziale von Geflüchteten schauen als auf die formalen Qualifikationen. Auch sei es irritierend, dass Menschen mit Aufenthaltsgestattung mit ihren Ausbildungsvertrag plötzlich im Einkommen einen großen Nachteil haben und sich kaum über Wasser halten können, und ohne Vertrag mit Harz IV weit besser dastehen.

Im Podiumsgespräch berichtete Shahrzad Saffar, iranische Teilnehmerin des ersten Ponte-Durchganges, dass sie acht Monate lang täglich acht Stunden Deutsch gebüffelt hat, weil für eine Psychologin die Sprache besonders wichtig ist. Jetzt arbeitet sie ihrem Beruf und gilt als Erfolgsbeispiel des Ponte-Projektes. Nadine Strauß, Ausbildungsleiterin bei Kraftverkehr Nagel, sagte, sie wünsche sich ein professionelles interkulturelles Training für die anderen Mitarbeiter, wenn sie Geflüchtete in die Ausbildung nimmt. Der Burgdorfer Berufsschulleiter Reiner Behrend sieht ihre zumeist hohe Motivation als Vorteil der Flüchtlinge. Allerdings seien Schulmängel aus der Kindheit, etwa in Mathe oder bei der Geschicklichkeit mit Händen, nur schwer später ausgleichbar. Reinhard Biederbeck, Leiter des Bereiches Beschäftigungsförderung der Region Hannover meinte, Geflüchtete hätten mit einer Unzahl an Institutionen und Ämtern zu tun. Diese müssten ihre Regelinstrumente in Frage stellen und ihre Spielräume nutzen.

Alle Flüchtlinge, die bei der Veranstaltung vortrugen, sprachen erstaunlich gut Deutsch. Und so meinte eine von ihnen augenzwinkernd: "Wir können noch viel mehr als schlecht Deutsch sprechen".

Öffentlichkeitsarbeit im Haus kirchlicher Dienste