Startseite Archiv Nachricht vom 04. Juni 2018

Leitender Theologe kritisiert unwürdige Debatte um Feiertag

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Hannover. Der hannoversche Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann hat die Kritik am Reformationstag als neuen Feiertag in Niedersachsen zurückgewiesen. Man werde den Eindruck nicht los, dass Vorschläge für andere Tage "nur deshalb aufgeboten werden, um diesen einen Vorschlag zu verhindern - das finde ich unwürdig", sagte der leitende evangelische Theologe am Sonntag in der hannoverschen Marktkirche. Politisch seien sie nicht mehrheitsfähig oder wegen ihres Datums im Kalender ungeeignet gewesen. "Um aber einen seriösen Vorschlag zu zerreden, werden sie missbraucht."

Keine ernstzunehmende Geschichtsschreibung weltweit werde die besondere Bedeutung der Reformation bestreiten, sagte Heinemann in einer Predigt. "Nicht nur für den entstehenden Protestantismus und überfällige Veränderungen der mittelalterlichen Kirche, sondern für ganz Europa." Das gelte natürlich im Wissen um die Vielschichtigkeit historischer Prozesse und auch um die manchmal irritierende Doppelgesichtigkeit ihrer prominentesten Köpfe. Doch dieser historisch älteste Gedenktag mitteleuropäischer Geschichte bedeute mehr als nur die Erinnerung an einen Theologieprofessor aus Wittenberg und seine 95 Thesen.

Dass der offizielle Katholizismus in Niedersachsen sich in diesem Zusammenhang an den Kampfbegriff "Kirchenspaltung" wage, sei enttäuschend. "Als ob es nicht längst gemeinsames Wissen ist, dass die Umbrüche der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts überfällig gewesen sind in der mittelalterlichen Kulturlandschaft Europas. Dass die konfessionelle Spaltung ein von allen Seiten vorangetriebener Prozess war und keineswegs eine einseitige Machtgeschichte der protestantischen Städte und Fürstentümer."

Auch auf die Kritik der Juden in Niedersachsen am Antisemitismus des Reformators Martin Luther (1483-1546) ging Heinemann ein. Die schrecklichen Exzesse der staatlich betriebenen Judenvernichtung im Dritten Reich der Reformation oder dem Reformationstag anzuheften, sei stark verkürzt, wenn nicht gar geschichtsvergessen: "So wird diese Kritik nicht um der sachlichen Wahrheit willen eingesetzt. Das ist schade, und es ist angesichts vieler Begegnungen und freundschaftlicher Kooperationen auch enttäuschend."

Der 31. Oktober als gesetzlicher Feiertag biete die Möglichkeit, ihn als Gedenktag sinnvoll zu füllen, bekräftigte Heinemann und fügte hinzu: "Als Möglichkeit für sehr viele andere Menschen, einfach nur freizuhaben, als Tag einer Freiheit von Pflichten und Zwängen, der einfach nur gut tut." Jedenfalls werde an ihm die Republik ebenso wenig zugrunde gehen "wie an den Fronleichnams-Feiertagen in anderen Bundesländern, oder am 1. Mai oder am 3. Oktober".

Der Landesvorstand der nidersächsischen CDU teilte am Wochenende mit, in der parteiinternen Diskussion zeichne sich eine deutliche Mehrheit für den Reformationstag als zusätzlichen gesetzlichen Feiertag ab. Ziel müsse es sein, den neuen Feiertag im Zeichen der Ökumene gemeinsam zu nutzen. Es gehe eben nicht um Spaltung, sondern um den Ursprung für Aufklärung und Erneuerung im christlichen Glauben insgesamt - auch in der katholischen Kirche. Im kommenden Landtagsplenum Mitte Juni solle über den Feiertag abgestimmt werden. Sämtliche Argumente in dieser Frage seien ausgetauscht.

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen