Startseite Archiv Nachricht vom 01. Juni 2018

Kontroverse Anhörung im Landtag zum Reformationstag/Nord-Regierungschefs weisen Kritik zurück

Die vollständige Darstellung von Archivmeldungen befindet sich noch im Aufbau. Schauen Sie in Kürze noch mal vorbei!

Hannover. Bei der Verbandsanhörung zum geplanten neuen Feiertag in Niedersachsen haben Vertreter der evangelischen Kirche den vorgeschlagenen Reformationstag (31. Oktober) gegen die zum Teil scharfe Kritik verschiedener Verbände und Religionen verteidigt. Rund 2.050 Kirchengemeinden stellten sicher, dass dieser Tag bis in den letzten Winkel des Landes mit Inhalt gefüllt werde, sagte Landesbischof Ralf Meister am Donnerstag in Hannover. "So kann er ein Tag werden, an dem wir weltoffen, interreligiös und ökumenisch über die Zukunft unserer Gesellschaft nachdenken." Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte sich dafür starkgemacht, den Reformationstag zum arbeitsfreien Feiertag zu erklären.

Ungeachtet breiter Kritik haben sich die Regierungschefs der norddeutschen Flächenländer geschlossen hinter das Vorhaben gestellt, den Reformationstag am 31. Oktober übergreifend als dauerhaften Feiertag einzuführen. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Freitag): "Wir haben intensiv mit den jüdischen Gemeinden gesprochen. Es ist auffällig dass anders als in anderen Ländern diese Diskussion in Niedersachsen kontroverser geführt wird - und das geht nicht von der Landesregierung aus."

Weil betonte, es lasse sich nicht bestreiten, dass der Reformator Martin Luther (1483-1546) schlimme antisemitische Äußerungen abgegeben habe. "Darüber spricht auch die evangelische Kirche laut und deutlich", sagte der Ministerpräsident: "Aber die Reformation als kultur- und keineswegs nur kirchengeschichtliches Ereignis, das gerade Norddeutschland enorm geprägt hat, darauf zu reduzieren, halte ich für eine falsche Einordnung." Wenn es nach ihm ginge, werde der Feiertag kommen - entscheiden werde das Parlament.

Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) ließ gegenüber der Zeitung keinen Zweifel an der Einführung des Reformationstages als Feiertag. "Wir haben ihn beschlossen, er wird kommen", sagte er. Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) sagte: "Wir haben ihn ja schon, was ich ganz witzig finde: Der Westen lernt vom Osten." Zwar gebe es im Nordosten weniger Christen als im Westen. "Aber die Reformation hat auch unser Land geprägt, und die Kirchen haben an der friedlichen Revolution und der Wiedervereinigung einen großen Anteil gehabt."

Zu der Anhörungvhatte der Innenausschuss des Landtages in Hannover rund 22 Vertreter verschiedener Organisationen eingeladen. Kritik gab es vor allem von jüdischen Gemeinden, der katholischen Kirche sowie von den Humanisten und Wirtschaftsverbänden.

Prälat Felix Bernard vom Katholischen Büro Niedersachsen sagte, der 31. Oktober erinnere immer noch primär an die Kirchenspaltung. Er sprach sich wie andere Vertreter der katholischen Kirche für den Buß- und Bettag aus.

Aus Sicht von Volker Müller von den Unternehmerverbänden Niedersachsen braucht das Land gar keinen neuen Feiertag. Ein solcher Tag werde der Wirtschaft schaden, sagte Müller. Besser sei es, gerade jetzt, wo die Wirtschaft gut laufe, dafür zu sorgen, dass dies so bleibe.

Landesbischof Meister mahnte: "Achten wir darauf, dass in diesem Streit nicht die in Jahrzehnten gewachsenen Beziehungen beschädigt werden." Die Reformation habe Niedersachsen im Blick auf Recht, Kultur und Bildung sowie Werte und Normen tief geprägt. Der 31. Oktober biete auch Anlass, um über gesellschaftliche Spannungen nachzudenken. "Der tolerante Umgang der Religionen und Weltanschauungsgemeinschaften miteinander wird zur DNA eines neuen Feiertags gehören." Ein Datum, von dem alle gleichermaßen begeistert seien, gebe es allerdings nicht, sagte Meister.

Auf Zustimmung stieß der Vorschlag von Ministerpräsident Weil in unterschiedlichen Graden auch beim Richterbund, den Gewerkschaften und der Alevitischen Gemeinde. Für den Richterbund warnte Bert Karrasch vor einer "Insellösung" in der Feiertagsfrage ohne Gemeinsamkeiten mit anderen Bundesländern. Lars Niggemeyer vom Deutschen Gewerkschaftsbund sagte, ein neuer gesetzlicher Feiertag werde zur Motivation der Arbeitnehmer beitragen. Murat Yasik von der Alevitischen Gemeinde erläuterte, auch seine Gemeinschaft habe sich dem Reformgedanken verschrieben.

Der evangelisch-reformierte Kirchenpräsident Martin Heimbucher betonte, der Reformationstag stehe für die Freiheit des Wortes. Der Landtag wird voraussichtlich im Juni über den neuen Feiertag abstimmen

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen