Startseite Archiv Nachricht vom 26. Februar 2018

Tierethiker kritisieren "Routine des Fleischkonsums"

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Hannover. Der Fleischkonsum in Deutschland geht Tierethikern zufolge in hohem Maße auf reine Gewohnheit zurück. "Die Nutzung von Tieren ist heute keine Lebensnotwendigkeit mehr, sondern Luxus und Einfallslosigkeit des Alltags", sagte der kirchliche Umweltbeauftragte Rolf Adler am Donnerstagabend in Hannover. Die meisten Menschen dächten viel zu wenig über ihre Ernährung und ihr Einkaufsverhalten nach, kritisierte der evangelische Pastor und Umweltbeauftragte der Landeskirchen Hannover und Braunschweig bei einer Podiumsdiskussion.

Die Menschen müssten "ritualisierte Konsumroutinen" häufiger durchbrechen, sagte Adler. Auch die Fleischindustrie trage eine Mitverantwortung. Mit niedrigen Ladenpreisen verschleiere sie die letztlich hohen ethischen und finanziellen Kosten der industriellen Massentierhaltung für Mensch und Natur, kritisierte der Theologe. "Spottpreise bedeuten eben keine Spottkosten."

Die niedersächsische Landesbeauftragte für den Tierschutz, Michaela Dämmrich, ergänzte, 750 Millionen Tiere würden jedes Jahr in Deutschland geschlachtet. Jeder Deutsche verzehre in seinem Leben durchschnittlich 1.000 Tiere.

Die Heidelberger Philosophin Friederike Schmitz sagte, es gebe keine Rechtfertigung dafür, lebende Geschöpfe zu reinen Konsumgütern zu degradieren, sie zu "verstümmeln" oder sie aus Gründen des kulinarischen Genusses zu töten. Der Umstieg von Verbrauchern auf Bio-Fleisch oder eine vegetarische Lebensweise genüge in der Konsequenz nicht, unterstrich sie. "Auch Bio-Tiere werden nach einem sehr kurzen Leben geschlachtet und auch für die Milch- und Eierproduktion werden Tieren ihre Jungen weggenommen." Jedoch seien nicht die jeweiligen Landwirte Schuld an dieser Praxis, sondern es sei ein systemisches Problem der profitorientierten Massentierhaltung.

Der Tierethiker Peter Kunzmann von der Tierärztlichen Hochschule (TiHo) Hannover sagte, Betriebe die Hühnereier produzierten, seien im gegenwärtigen System geradezu gezwungen, männliche Küken zu töten. "Wer das nicht tut, bleibt nicht am Markt." Inzwischen sei die Zahl der Masthühner in Deutschland unbekannt, weil die Betriebe schon gar nicht mehr nach einzelnen Geschöpfen, sondern nur noch nach Tonnen rechneten, erläuterte Kunzmann. Er sei jedoch nicht grundsätzlich gegen das Halten und Schlachten von Tieren, so der Professor, der an der TiHo zukünftige Tierärzte ausbildet. "Wir dürfen Tiere töten, aber nicht sinnlos. Wir dürfen Tiere halten, aber nicht beliebig."

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen