Startseite Archiv Nachricht vom 14. Mai 2017

"Klarheit, Mut und Eindringlichkeit beeindrucken"

Von Ralf Meister, Windhuk (Namibia)

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"Jeder Tag der Vollversammlung beginnt mit einer Morgenandacht in einem großen Zelt mit über 500 Besucherinnen und Besuchern. In vielen Sprachen hören wir die biblischen Texte und singen Lieder aus allen Enden der Welt. Immer wieder überraschend, wenn ich morgens einen  Platz in den langen Stuhlreihen suche und neben jemandem Platz nehme, den ich nicht kenne. Aus Sambia oder Tansania, aus Kanada oder Südkorea. Ein fröhlicher Morgengruss, vor der Stille noch einige Worte gewechselt und dabei das Gefühl: Wie fern wir einander auch sind, in diesem Morgengebet sitzen wir als Geschwister nebeneinander.

Oft wird in der Andacht mit einem Anspiel über den Bibeltext schon in das Tagesthema eingeführt. "Menschen - für Geld nicht zu haben", im englischen noch prägnanter: Human being- not for sale. Eine Theatergruppe führt an Ketten gefesselte Sklaven ins Zelt und wir singen: I'm no longer a slave to fear, I'm a child of God. Die Auslegung der Geschichte von Paulus, der eine Magd, die einen Wahrsagegeist hatte und ihren Besitzern viel Gewinn brachte, von ihrem Dämon befreite, wird anschließend in der Bibelarbeit durch eine indonesische Theologin ausgelegt.

In dem folgenden Vortrag kommt scharfe Kritik über die Ungleichheit der Welt und die Marktwirtschaft zum Ausdruck. Zahlreiche Beiträge von Delegierten vertiefen mit anschaulichen Beispielen aus ihren Ländern, von Papua Neuginea bis Südkorea die erlebten Formen der Menschenausbeutung. Von Zwangsarbeit und Menschenhandel bis zur Korruption und sexuellem Missbrauch reichen die Beispiele. Immer wieder überwältigt mich, mit welcher Klarheit, welchem Mut und welcher Eindringlichkeit Frauen aus allen Erdteilen ihre Stimme erheben.

In den Dorfgruppen, kleinen Versammlungen von 20 Personen (siehe Bericht von Heike Conrads gestern) bleibt dann Gelegenheit, das Thema zu vertiefen. Da sich diese Dorfgruppen wiederholt treffen ist eine vertraute Atmosphäre gewachsen und es werden konkrete und persönliche Ansichten ausgetauscht.

Der gestrige Nachmittag stand unter dem Zeichen der Wahl. Weil nur alle sieben Jahre eine solche Weltkonferenz der lutherischen Kirchen zusammenkommt und dort ein Präsident für die kommende Legislaturperiode gewählt wird, ist diese Wahl ein spannender Moment. Eine Geistliche oder ein Geistlicher der traditionellerweise aus der Region kommt, in der die Weltversammlung stattfindet, leitet als Präsident den LWB und ist damit der oberste Vertreter und zugleich Sprecher des Weltbundes der Lutherischen Kirchen. Während die Präsidenten - leider hat es noch nie eine Präsidentin gegeben - in der internationaler Ökumene sehr bekannt waren, werden sie dennoch vermutlich in den meisten Kirchengemeinden unbekannt sein.

Der Präsident leitet einen Rat, der zwischen den Vollversammlungen so etwas wie die Regierung darstellt und die gemeinsamen Belange der Kirchen organisiert. Die Wahl des nigerianischen Erzbischofs Dr. Musa Panti Filibus erfolgte mit einer überwältigenden Mehrheit. Von 303 gültigen Stimmen erhielt er 274. Es war spürbar, wie die Wahl eines afrikanischen Präsidenten als ein kontinentales Ereignis für alle Afrikanerinnen und Afrikaner in den Delegationen bedeutsam war. Langanhaltender Applaus und Jubelrufe. Der neue Präsident ist sehr vertraut mit dem Lutherischen Weltbund. Er war bereits von 2002 - 2013 in Genf beim LWB tätig. Der Bischofsrat unserer Landeskirche ist ihm bei seinem Besuch 2012 in Genf bereits  begegnet, als er Direktor der Abteilung für Mission und Entwicklung war.

In der Delegation unserer Landeskirche freuten wir uns auch sehr darüber, dass zu den ebenfalls gestern gewählte 48 Mitgliedern des Rates auch Lasse Schmidt-Klie gehört, der in Hannover studiert. Er wird unsere Kirche in den kommenden sechs Jahren im Rat vertreten. Eine herausfordernde Zeit wird für 'unseren' Vertreter nun beginnen. Besondere Glückwünsche gingen auch an die Kandidatin aus unserer sächsischen Partnerkirche Bettina Westfeld und die anderen gewählten neuen Ratsmitglieder aus der Region "Central Western Europe".

Wie immer bildete das Abendgebet den Geistlichen Abschluss des Tages. Und so gab es Zeit für innere Besinnung und Raum zum Dank dafür, wieder einen erfüllten Tag - befreit durch die Gnade Gottes - in der großen Gemeinschaft mit lutherischen Christinnen und Christen aus der ganzen Welt erlebt zu haben.

Ralf Meister, Windhuk (Namibia)

Eindrücke aus Namibia

Ralf Meister ist Mitglied der Delegation aus der Hannoverschen Landeskirche, die an der Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes in Namibia teilnimmt. Im Wechsel mit den anderen Delegierten berichtet er von seinen Eindrücken und Erlebnissen beim Welttreffen der lutherischen Christinnen und Christen.