Startseite Archiv Nachricht vom 28. März 2017

Was wichtig im Leben ist - Schüler übertragen Luthers Suche nach Anerkennung auf ihr Leben

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Kattenberge. „Liebe sollte nicht von Leistungen abhängen“ steht auf einem orangenen Zettel. Oder: „Alle Menschen sind gleich viel wert“. Viele bunte Zettel mit handgeschriebenen Botschaften hängen an einer Tür. Es ist die Thesentür, die der Kirchenkreis Hittfeld in diesem Jahr des 500. Reformationsjubiläums durch seine 18 Gemeinden schickt. Der Kirchenkreis möchte damit zur Diskussion über Kirche, Glaube und Werte aufrufen. Die Thesentür steht derzeit im Gymnasium am Kattenberge (GaK). „Im Religionsunterricht der Klasse 9b behandeln wir derzeit Luther und die Reformation, da passte die Thesentür gut in den Unterricht“, sagt Angelika Bartel, Religionslehrerin am GaK. So wie Luther sich fragte, was er tun müsse, um bei Gott gut anzukommen, übertrugen die Schüler die Frage nach Anerkennung auf ihr Leben. „Was verschafft Jugendlichen Anerkennung? Was brauchen Jugendliche, damit es ihnen gut geht, damit sie Teil der Gesellschaft sind? Was ist wichtig in ihrem Leben? Darüber haben wir im Unterricht diskutiert“, sagt Angelika Bartel.
 
Einige der Thesen, die die Schüler im Unterricht erläutern:
- Totale Anpassung bedeutet Identitätsverlust: „Damit ist gemeint, dass diejenigen, die sich zu sehr nach ihren Idolen ausrichten, ihre eigene Identität verlieren“, sagt Julia Rehker.
- Egal, was du tust und wie du es tust, tue es auf deine Art: „Man muss auf sich selbst hören und sich selbst treu bleiben und nicht zu sehr darauf achten, was andere Menschen von einem denken“, sagt Mats Wagner.
- Wahre Freunde sind nur die, die dir aufhelfen, wenn du am Boden liegst: „Gute Freunde kann ich auch nachts anrufen, wenn es mir schlecht geht“, sagt Eva Wasilewski.
- Familie kann nicht durch Arbeit ersetzt werden: „Wer nur für den Beruf lebt und nach der eigenen Karriere strebt, vernachlässigt sein soziales Leben, seine Familie, seine Freunde und weiß nicht, was wichtig im Leben ist“, sagt Hannah de Buhr.
- Gute Schulnoten führen nicht zwangsläufig zu einem guten Leben: „Was man aus seinem Leben macht, hängt nicht nur von Schulnoten ab“, sagt Jannes Petersen.
- Angst schürt jegliche Art von Populismus: „Dass etwa in der Flüchtlingspolitik gewisse politische Richtungen Anschläge, die wir derzeit erleben, für ihre Zwecke instrumentalisieren. Sie schüren die Angst der Bürger und drängen sie so in ihre politische Richtung“, sagt Nils Lange.
 
„Viele der Thesen der Schüler hätten auch zur Zeit Luthers durchaus ihre Berechtigung“, sagt Angelika Bartel, die auch Religions-Obfrau am GaK ist. So auch eine ganz politische These: „Angst schürt jegliche Art des Populismus.“ Sie weiß, dass viele Jugendliche die Zwänge ihrer Zeit schon spüren sowie die Erwartungen, die an sie gerichtet werden. Die meisten Schüler kommen gut damit zurecht, aber es gibt auch Schüler, die unter zu viel Erwartungsdruck gesundheitliche Probleme entwickeln.
 
Zum Schluss der Doppelstunde geht es um die Kirche - was läuft gut in der Kirche, was nicht? „Die Gottesdienste sind zu lang, beginnen sonntags schon um zehn Uhr und sprechen mich oft nicht an. Manche Jugendgottesdienste oder auch der „Zwischenhalt“-Gottesdienst in der Buchholzer Paulus-Kirche, bei der eine Band spielt, sind schon besser“, sagt Eva Wasilewski. Gleichwohl sei es natürlich richtig, dass Gottesdienste jüngere wie ältere Menschen ansprechen sollen. „Mir sagen die biblischen Geschichten im Gottesdienst nicht so viel, ich weiß nicht, was sie mir bringen sollen“, sagt Adrian Jung. „Die Kirche sollte die Hochzeit gleichgeschlechtlicher Paare zulassen und es nicht als Segnung ausrichten, das ist doch nicht zeitgemäß“, sagt Jannes Petersen. Gut gut finden viele Schüler die Jugendarbeit, manche sind als Teamer nach ihrer Konfirmation bei der Kirchengemeinde aktiv. „Weihnachten und Ostern gehört die Kirche für mich dazu, da gehen wir als Familie hin“, sagt Jannes Petersen. „Ich glaube, das Problem der Kirche ist, dass sie nicht wirklich „in“ ist, es ist für viele Jugendliche doch nicht cool, in die Kirche zu gehen. Diejenigen, die durch ihre Eltern der Kirche näher stehen, haben da einen anderen Bezug“, sagt Hannah de Buhr.
 
Die Thesen der Schüler fließen in eine Auswertung des Kirchenkreises Hittfeld ein, wenn die Thesentür alle Stationen durchlaufen hat und alle Ergebnisse vorliegen.

Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis Hittfeld