Startseite Archiv Nachricht vom 30. Dezember 2016

Sozialexperte Wegner fordert Solidarität statt Populismus

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Hannover. Der evangelische Sozialexperte Gerhard Wegner hält eine breite gesellschaftliche Solidarität für nötig. Er vermisse eine politische Strategie, um Menschen wieder einzubeziehen, die sich abgehängt fühlten, sagte der Leiter des Sozialwissenschaftlichen Institutes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Populisten versuchten, Gruppen am Rande der Gesellschaft gegeneinander auszuspielen, sagte Wegner. "Nötig ist eine Willkommenskultur nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für Hartz-IV-Empfänger."

Er selbst habe eine heftige Diskussion miterlebt, als eine Stadt beschloss, dass Flüchtlinge den öffentlichen Nahverkehr kostenlos nutzen durften, berichtete Wegner. Erst ein halbes Jahr vorher hatte die Stadt diese Vergünstigung für Hartz-IV-Empfänger abgeschafft. "Das wurde dann schnell rückgängig gemacht."

Der Theologieprofessor warb dafür, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen, wenn Menschen etwa Angst vor Flüchtlingen äußerten. "Bleibt dran, widersprecht, wo es hasserfüllt und giftig wird, aber bleibt mit den Menschen im Gespräch." Die Pastorinnen und Pastoren in den Kirchengemeinden haben Wegner zufolge oft die nötige Nähe, um mit den Menschen auch über ihre Ängste sprechen zu können.

Auch AfD-Mitglieder und -Sympathisanten können nach Ansicht Wegners in den Kirchenvorständen der evangelischen Kirche vertreten sein. "Wir dürfen keine Gesinnungsschnüffelei einziehen lassen." AfD-Mitglieder sollten ebenso wenig von vornherein von Kirchenvorstandsämtern ausgeschlossen werden wie etwa Anhänger der Linken. "Wir müssen allerdings sehr deutlich machen, welche Parolen nicht gehen", sagte Wegner. Parolen aus der Nazi-Ecke, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Hass-Parolen hätten in den Kirchen keinen Platz.

Angesichts des aufstrebenden nationalen Populismus in den USA und einigen europäischen Ländern befürchtet Wegner eine ähnliche Tendenz auch in Deutschland. Selbst wenn die rechtspopulistische AfD bei den Bundestagswahlen im September keine zweistelligen Ergebnisse erziele, seien doch Auswirkungen auf den Wahlkampf und das Parteiengefüge abzusehen.

Dies deute sich bereits in einer veränderten Diskussionslage um manche Themen an, sagte der Theologieprofessor. "Jetzt wird gefordert, dass Menschen abgeschoben werden - auch nach Afghanistan." Damit signalisierten Bundespolitiker: "Wir gehen einen harten Kurs." Dabei gehe es auch darum, der AfD Wählerpotential wegzunehmen. Problematisch werde es dann, wenn sich andere Parteien im Buhlen um die Wählergunst mit den Rechtspopulisten gleichmachten. "Der einzige Weg ist es, seinen eigenen Kurs beizubehalten und dafür auch zu kämpfen."

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen