Startseite Archiv Nachricht vom 16. Oktober 2016

Ministerpräsident: Lebendige Politik ist Aufgabe für alle

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Loccum/Kr. Nienburg (epd). Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat sich für eine lebendige Politik und Demokratie ausgesprochen. "Dafür müssen wir alle gemeinsam, also der Staat, die Kirche sowie Kultur- und Bildungsinstitutionen kämpfen", sagte Weil am Samstagabend bei einer Podiumsdiskussion im Kloster Loccum. Gemeinsam mit dem hannoverschen Landesbischof Ralf Meister und dem Sozialpsychologen Professor Harald Welzer ging er der Frage nach, wie der Dialog zwischen Staat und Kirche gegenwärtig aussieht und wie er aussehen sollte.

Hintergrund war Martin Luthers Anfang 1523 erschienene Schrift "Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei", die eine theologische Auseinandersetzung über das Verhältnis eines Christen zur weltlichen Obrigkeit zum Inhalt hat. Der Ministerpräsident hob hervor, dass bereits Luther den Christen eine aktive Rolle in der Politik zugewiesen habe, indem er sie aufrief, öffentliche Ämter zu übernehmen. "Die Einmischung in und die Kritik an Politik durch die Bürger finde ich gut und fordere sie auch weiter ein."

Im Blick auf die Kirchen sagte Weil, die gute Sicht auf das Gemeinwesen und die ethische Position der Kirche seien nicht nur gewünscht, sondern auch gefordert. Die hannoverschen Landesbischöfe seien schon immer ein wichtiger Ratgeber für die Ministerpräsidenten gewesen: "Politik ist nicht einfach. Auch Politiker machen Fehler."

Landesbischof Ralf Meister sagte, Luther habe die weltliche und die christliche Obrigkeit zwar nicht getrennt, aber unterschieden. Die Kirche dürfe nicht als Wächter der Politik betrachtet werden. "Wir sehen uns da eher als wichtiger Beobachter der Demokratie."

Der Staat dürfe in die Meinungs- und Religionsfreiheit des Einzelnen nicht hineinreden, aber er müsse diese Freiheiten schützen. Die Landeskirche diskutiere zurzeit über eine Überarbeitung ihrer Verfassung. Er sei dafür, das Thema Menschenrechte und Menschenwürde mit aufzunehmen, betonte der Bischof. Das wäre ein wegweisender Schritt in einer Kirchenverfassung.

Auch der Flensburger Zukunftsforscher Welzer sagte, Politik sei eine allgemeine bürgerliche Aufgabe und "nicht nur das, was am Abend bei Anne Will passiert". Volksentscheide seien keine Lösung, "da die Mediengesellschaft auch kurzfristig Stimmungen verändern und Tendenzen in eine bestimmte Richtung forcieren kann". Statt allein auf Bildung zu setzen, müssten Werte praktisch gelebt werden: "Die Bildung eines Menschen wird radikal überbewertet und schützt nicht vor Gegenmenschlichkeit."

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