Startseite Archiv Nachricht vom 07. Juli 2016

Beten für einen Sieg der Nationalmannschaft?

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Millionen Fans fiebern mit den Nationalmannschaften bei der Fußball-EM mit. Darf man sich für einen Sieg auch an Gott wenden und ein Gebet sprechen? Standpunkte der Theologen Arend de Vries und Manfred Rekowski.

Frankfurt a.M. (epd).

PRO:

Nein, er selbst bete nicht für einen Sieg, sagt Arend de Vries, geistlicher Vizepräsident des Landeskirchenamtes der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Aber für viele Fans sei es sicherlich ein großes Anliegen. «Und es steht mir auch gar nicht zu, anderen vorzuschreiben, was sie beten dürfen. Was wir beten, kommt aus dem Herzen und von Herzen. Und Fußball ist für viele, auch für mich, eine Herzensangelegenheit.»So, wie er sich ein faires Spiel wünsche, so gelte Fairness auch für die Gebete, gibt de Vries zu bedenken. «Ich kann nicht dafür beten, dass sich gegnerische Spieler verletzen oder blamieren, sondern dass in einem guten Spiel zwischen guten Mannschaften meine Mannschaft das bessere Spiel macht. Einen 'Fußballgott' braucht es dafür nicht, weder im Himmel noch auf dem Platz.» Er selbst werde für eine friedliche und faire EM beten.

Aber was bedeutet es, wenn Fans der beiden gegnerischen Teams jeweils für einen Sieg beten? «Hier können wir nur darauf vertrauen, dass Gott mit einander widersprechenden Gebeten richtig umgeht», erläutert der Theologe. «Wir vertrauen darauf, dass er unsere Gebete hört, obwohl wir immer wieder - und spätestens nach der Niederlage der eigenen Mannschaft - die Erfahrung machen, dass er sie nicht alle er-hört.»

Man könne Gott zu nichts überreden, geschweige denn zwingen. «Das Gebet ist vielmehr ein Gespräch mit Gott, das aus dem Herzen kommt», sagt de Vries. «Das Gebet öffnet einen Raum, in dem wir Gemeinschaft mit Gott haben. Und da sind wir wieder beim Thema: Das Beten für den Sieg meiner Mannschaft gibt meinen Emotionen und Herzenswünschen einen Raum - und Emotionen gibt es während einer Europameisterschaft im Überfluss!»

KONTRA:

Er finde das Beten für den Sieg des eigenen Nationalteams befremdlich, sagt hingegen Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. «Ich finde es unangemessen, wenn sich das Gebet auf ein bestimmtes Ergebnis bezieht. Was für ein Verständnis von Gott steckt hinter solchem Beten? Gott ist nicht wie ein Kaffeeautomat, in den ich einige Münzen werfe, und dann kommt unten postwendend die Kaffeevariation heraus, die ich mir wünsche.»

Ein Gebet zu sprechen heiße für ihn in erster Linie, zu danken, erklärt der Theologe. «Zu beten heißt für mich, mich in Beziehung zu Gott zu begeben. Im Vaterunser beten wir: 'Dein Wille geschehe.' Das ist für mich wesentlich, dass ich mich im Gebet dem Willen Gottes öffne.» Im Gebet begegne sein Wollen und Wünschen dem Willen Gottes.

«Indem ich mit Gott spreche, höre ich, was sein Weg ist - mit mir und der Welt. Da passt eine Bitte um einen Sieg von Boateng, Khedira, Schweinsteiger und Co. für mich nicht hin.»

Eine Niederlage der eigenen Mannschaft könne ihm zwar mal den Abend ein bisschen verderben, berichtet Rekowski. Aber wenn das Spiel gut gewesen sei, könne er auch mit einem schlechten Ergebnis leben:

«Deswegen muss ich nicht für einen Sieg beten.»

Dennoch fühle er sich als Beter für die EM gefragt: «Ich kann und muss Gott klagen, dass auch bei der EM in Frankreich wieder mal Hooligans herz- und vor allem hirnlos prügelnd und randalierend unterwegs sind», sagt Rekowski. Gott im Gebet um machtvolles Eingreifen, um Umkehr dieser Fans, die keine Fans sind, zu bitten, scheine ihm viel notwendiger zu sein, als für einen Sieg der eigenen Elf zu beten.

epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen