Startseite Archiv Nachricht vom 05. Juli 2016

Dankbarkeit und Wehmut in der Notunterkunft in Celle

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Celle-Scheuen (mhd) Mit rund 150 Gästen und Mitarbeitern, mit viel Dankbarkeit und noch mehr Wehmut haben die Malteser in der Diözese Hildesheim am Montagnachmittag, 4. Juli, die Schließung ihrer Notunterkunft für Flüchtlinge in Celle-Scheuen gefeiert. Bei der Abschlussandacht und dem anschließenden Fest wurde deutlich, welch große Spuren diese Einrichtung bei den Maltesern, aber auch bei der Stadt Celle, hinterlassen wird.

Die letzten 19 Flüchtlinge haben die Malteser-Notunterkunft bereits am Dienstag, 28. Juni, in Richtung Stadt Celle und Diepholz verlassen. Dort beziehen die meisten von ihnen eine Wohnung. Seit wenigen Tagen bereits werden die insgesamt 325 Wohnhütten der Unterkunft abgebaut und in der ehemaligen Aufenthaltshalle gelagert. Unterstützung erhalten die Malteser von einer externen Firma, die beim Abbau der Hütten und der Küchenhalle hilft und das Gelände in den Grundzustand versetzt. Danach kann es wieder von der Niedersächsischen Akademie für Brand- und Katastrophenschutz (NABK) als Trainingsgelände genutzt werden. Die noch übrig gebliebenen Kleiderspenden bekommen die Caritas oder andere Flüchtlingseinrichtungen.

„Am 6. September werden wir nach genau einem Jahr den Schlüssel zum Gelände wieder an den Hausherrn zurückgeben. Nur wenig wird dann noch an die vergangenen zwölf Monate erinnern, in denen hier so manche Träne geflossen ist, in denen sich viele Wünsche erfüllt haben, andere Hoffnungen aber zerschlagen wurden“, sagte Maximilian Freiherr von Boeselager, Leiter der Malteser in der Diözese Hildesheim, in seinem Grußwort nach der Abschlussandacht, die vom katholischen Dechanten von Celle, Pater Andrej Tenerowicz, gefeiert wurde. Für die Malteser bleibe die Freude, mit ihrer Notunterkunft das Elend der Flüchtlinge etwas erträglicher gemacht zu haben. „Für uns alle aber, ob wir nun an Gott glauben oder nicht, bleibt die Hoffnung, uns als würdige Vertreter der Gattung Mensch gezeigt zu haben“.

Den Mitarbeitern dankte von Boeselager ausdrücklich für deren „Geduld und Verständnis“, mit denen sie die Flüchtlinge umsorgten, den Spendern und Sponsoren für ihre großzügige Unterstützung und allen Verantwortungsträgern in Stadt und Land für die gute Zusammenarbeit. „Bleiben Sie uns auch weiterhin verbunden, denn die Arbeit wird nicht weniger“, bat der Diözesanleiter.

Der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle war verhindert, erinnerte in einem schriftlichen Gruß aber an seinen Besuch in Celle-Scheuen wenige Tage nach Eröffnung der Unterkunft. „Der großartige Einsatz der Malteser und der Menschen in Celle, die sich als Freiwillige zur Verfügung gestellt haben oder Kleidung gespendet haben, haben mich damals tief beeindruckt“, heißt es in dem Text des Bischofs. „Celle und die Malteser haben ein gelungenes Beispiel von Willkommenskultur gelebt.“

Ausdrücklich lobt Bischof Trelle, der auch Vorsitzender der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz ist, dass die Malteser auf dem Gelände schon sehr früh zwei muslimische Gebetszelte eingerichtet haben. „Meine feste Überzeugung ist, dass religiöse Menschen, die eine natürliche Achtung vor dem Heiligen und vor der Frömmigkeit anderer Menschen in sich tragen, einen großen und wertvollen Beitrag zur Integration leisten können“, glaubt der Bischof.

„Was hier geleistet wurde, war großartig“, sagte auch Dirk-Ulrich Mende als Bürgermeister von Celle und bat die Mitarbeiter, ihre „hohe Motivation zu halten“, denn: „Wir wissen nicht, was die Zukunft bringt“. Ähnlich sieht das Mirko Temmler vom Niedersächsischen Innenministerium. In seinen Augen hat die Malteser-Notunterkunft Celle-Scheuen gezeigt, „dass wir gut aufgestellt sind.“ Als Vertreter der Flüchtlinge kam Nazeeh Alsahuyny zu Wort, der sich in den vergangenen Monaten ehrenamtlich für die Malteser engagierte, um ihnen nach eigenen Worten etwas für ihre Freundlichkeit zurückzugeben. Nico Hollander schließlich, der derzeitige Einrichtungsleiter, beschloss den Reigen der Grußworte mit einer emotionalen Rede, in der er sich stolz auf jeden seiner Mitarbeiter zeigte. „Wir haben zusammengehalten, gemeinsam etwas geschafft und sind ein Team geworden“, freute sich Hollander. „Es war mir jeden Morgen eine Freude, hierher kommen zu dürfen.“

Die Malteser-Notunterkunft in Celle-Scheuen besteht seit fast genau zehn Monaten. Am Freitag, 4. September 2015, erteilte das Innenministerium des Landes Niedersachsen den Maltesern in der Diözese Hildesheim den Auftrag, auf dem Gelände der Niedersächsischen Akademie für Brand- und Katastrophenschutz (NABK) in Celle-Scheuen innerhalb von 72 Stunden eine Notunterkunft für bis zu 500 Flüchtlinge aufzubauen. Mit der massiven Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehr von Celle, des THW, DLRG und DRK sowie anderer Malteser-Einheiten ist dies auch gelungen. Am Dienstagabend, 8. September 2015, erreichten die ersten 328 Flüchtlinge die Notunterkunft.

Seitdem ist die Einrichtung in verschiedenen Stufen massiv ausgebaut worden, zunächst auf 1.000, später dann auf 1.300 Plätze. Ab Mitte Oktober 2015 wurden die ursprünglichen Zelte durch beheizbare, mobile Unterkünfte für zwei bis sechs Personen ersetzt. Insgesamt 3104 Männer, Frauen und Kinder haben in den vergangenen zehn Monaten auf dem Gelände gewohnt, der Höchststand wurde Mitte Oktober vergangenen Jahres mit 1100 Bewohnern erreicht. Die Altersspanne der Geflüchteten reichte vom Säuglingsalter bis zu 75 Jahren, meistens waren die Geflohenen jedoch zwischen 15 und 30 Jahren alt.

Etwa zehn Ärztinnen und Ärzte sowie 26 Mitarbeiter des Rettungsdienstes führten in zehn Monaten rund 3800 Behandlungen in der Einrichtung durch. Es kam zu etwa 20 Notfalleinsätzen. Abgesehen von mehreren Fällen einer offenen Tuberkulose und einigen Norovirusinfektionen wurde die Einrichtung von größeren Erkrankungswellen verschont. Fünf Kinder kamen in dieser Zeit auf die Welt. Neben einer Grundversorgung boten die Malteser den Bewohnern ihrer Einrichtung unter anderem Unterricht in Deutsch und andere Freizeitaktivitäten an. Dabei arbeiteten sie mit anderen Hilfsorganisationen, Sportvereinen und Ehrenamtlichen zusammen.

Um die Flüchtlinge kümmerten sich insgesamt 140 Mitarbeiter, darunter Erzieher, Sozialpädagogen, Rettungssanitäter, Rettungsassistenten, Medizinische Fachangestellte, Bürokauffrauen, Dolmetscher, Fahrer, Logistiker, Techniker und Hausmeister. Integrationshelfer arbeiteten unter anderem in Küche und Kleiderausgabe. Hinzu kamen bis zu 130 Ehrenamtliche, zum Beispiel Lehrer, die in der ehemaligen Grundschule von Celle-Scheuen Deutsch unterrichteten. Die vorläufige Statistik zeigt, dass die hauptamtlichen Mitarbeiter in den vergangenen zehn Monaten etwa 110.000 Arbeitsstunden geleistet haben, die ehrenamtlichen Helfer rund 20.000.

Eine Handvoll Mitarbeiter wurde bereits in andere Dienststellen der Malteser versetzt, darüber hinaus laufen Gespräche mit potentiellen Arbeitgebern. „Wir setzen alles daran, so viele Mitarbeiter wie möglich zu vermitteln“, verspricht Einrichtungsleiter Nicolai Hollander, warnt aber vor zu großen Hoffnungen. „Leider werden wir nicht allen Mitarbeitern eine neue Stelle anbieten können.“

Dr. Michael Lukas Pressesprecher Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Diözesan- und Landesgeschäftsstelle des Malteser Hilfsdienst e.V.

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