Startseite Archiv Nachricht vom 04. Mai 2015

Bischof Meister: Kirche hat sich nach Kriegsende 1945 tiefgreifend verändert

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Hannover (epd). Die evangelische Kirche hat sich nach Einschätzung vom Landesbischof Ralf Meister aus Hannover seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges tiefgreifend gewandelt. "Das Umdenken war sehr gründlich", sagte Meister im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Aber wir haben Jahrzehnte dafür gebraucht." Vor allem das Verhältnis zur jüdischen "Schwesterreligion" habe sich grundlegend verändert. Auch spielten nationalkirchliche Bestrebungen heute keine Rolle mehr. Am Freitag (8. Mai) jährt sich der Tag des Kriegsendes zum 70. Mal.

Mit dem 8. Mai 1945 sei in der Kirche nicht sofort alles anders geworden, sagte der Bischof: "Es hat einen langen, zum Teil zu langen Prozess gegeben." Erst Jahre nach ihrer "Stuttgarter Schulderklärung" 1945 habe sich die Kirche explizit zum nationalsozialistischen Terror und zur Vernichtungspolitik gegenüber den Juden geäußert. "Wir haben wie die gesamte deutsche Gesellschaft an der Stelle keinen Rekord aufgestellt."

Anfang der 1960er Jahre seien die ersten Texte gegen christlichen Antijudaismus für ein neues Verhältnis zum Judentum entstanden. "Bis daraus eine Dynamik wurde, vergingen 25 Jahre." Die Debatten hätten jedoch Erfolg gehabt: "Das viele Nachdenken hat das Verhältnis zum Judentum, zu den jüdischen Gemeinden und theologisch auch zu Israel auf eine ganz andere Grundlage gestellt." Um weiterem Antijudaismus vorzubeugen, müssten die Diskussionen fortgeführt werden.

Als grundlegenden Text für eine erneuerte Kirche nannte Meister die Barmer Theologische Erklärung von 1934, mit der sich ein Teil der Kirche - die "Bekennende Kirche" - gegen die Hitler-treuen "Deutschen Christen" wehrte. Die Erklärung habe schon damals Grenzen gegenüber einem allmächtigen Staat und seinen Führergestalten formuliert. "Diese Erkenntnis ist 1945 noch einmal markant wiederholt worden."

Bis heute habe sich der evangelischen Kirche dadurch eine "Grundreserve gegenüber einer politischen Vereinnahmung" eingeprägt. Zwar habe es bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Versuche gegeben, die Kirche für Volk und Nation einzuspannen. Solche Tendenzen stellten heute jedoch keine Gefahr mehr dar: "Das hat sich komplett und vollständig erledigt."

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