Startseite Archiv Nachricht vom 30. April 2015

Evangelische Sozialethik stärkt Demokratie

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Auf die Bedeutung von Religionen für die demokratische Gesellschaft angesichts von populistischen Protestbewegungen wie Pegida und sinkendem Vertrauen in Institutionen hat der Berliner Historiker Paul Nolte vor der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Würzburg hingewiesen. Kirchen und Religionen hätten nach dem Zweiten Weltkrieg einen wesentlichen Beitrag zur Demokratie in Deutschland geleistet. „Wichtige Stränge der neuen sozialen Bewegungen sind ohne religiöse Motivation und ohne kirchliche Milieus schwer vorstellbar“, sagte Nolte. Beispiele seien etwa die Dritte-Welt-Bewegung, die Umwelt- und Friedensbewegung oder die Bürgerrechts- und Demokratiebewegung der DDR. Im internationalen Vergleich sei diese religiös-kirchliche, vor allem auch protestantische Prägung der „zweiten Demokratie“ in Deutschland fast einzigartig.

Mit dem Wandel der gesellschaftlichen Grundlagen in den vergangenen Jahren habe sich jedoch auch die Rolle der Kirchen für die Demokratie geändert. „Milieus haben sich aufgelöst, verbandsförmige Organisationen sind geschrumpft.“ Auch die Kulturen der sozialen Bewegungen und des Protests hätten sich verändert. „Die digitalen und sozialen Medien wirken gegen etablierte Hierarchien, insofern demokratisierend und öffnend, unterstützen aber auch einen anti-elitären und populistischen Trend“, sagte der Historiker. Die Institutionenkritik des „neuen Populismus“ fordere die Kirchen zu einer entschiedenen Verteidigung der demokratisch legitimierten Parlamente und Regierungen heraus.

Nolte appellierte an die Kirchen, „sich nicht mit dem Staat, den Regierenden, den Eliten gemein zu machen, aber auch nicht mit weit verbreiteten Formen der Kritik an diesen.“ Den „Vernunftpotentialen von Religion“ komme dabei eine gesellschaftliche Verantwortung zu: „Evangelischer Glaube und evangelische Sozialethik sind mit verschwörungstheoretischen Untergangsszenarien schwer vereinbar“, sagte Nolte vor den Synodalen in Würzburg. „Aus Heilsvertrauen kommt Weltvertrauen und Arbeiten an der Welt.“

Paul Nolte lehrt Neuere Geschichte und Zeitgeschichte an der Freien Universität Berlin. Sein Referat vor der Synode der EKD in Würzburg stand unter der Überschrift „Irritationen der Zivilgesellschaft – Entfremdung, Protest, Gewalt“. Nolte ist seit 2009 Mitglied der Synode.

Die EKD ist die Gemeinschaft von 20 lutherischen, reformierten und unierten Landeskirchen. 23 Millionen evangelische Christinnen und Christen in Deutschland gehören zu einer der 15.000 Kirchengemeinden. Die Leitungsorgane der EKD sind Synode, Rat und Kirchenkonferenz.

Würzburg, 1. Mai 2015

Pressesprecher der EKD
Carsten Splitt